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Augenblicklich ewig

Augenblicklich ewig

Titel: Augenblicklich ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Neuberger
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ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten, trug ihre dunklen Haare jedoch kürzer und ein nicht ganz so eindrucksvolles Alltagskleid. Sam wunderte sich im Stillen darüber, warum sie kein Abendkleid für das Foto gewählt hatte, wie es die meisten taten, aber im Grunde gingen ihn die Kleidervorlieben seiner Motive nichts an.
    Anfangs war sein Modell mehr als verlegen und traute sich kaum, zu seinem Fotoapparat aufzublicken. Nach ein paar freundlichen Anweisungen entspannte sie sich zu Sams Erleichterung jedoch.
    Als er der Hausherrin mit einem Nicken bedeutete, dass er fertig war, glaubte er Missbilligung auf ihrem Gesicht zu erkennen.
    »Das soll alles gewesen sein?«, fragte sie prompt.
    »Vertrauen Sie mir, Madame«, erwiderte er. »Sie werden zufrieden sein. Ihre bezaubernde Tochter wird auf dem Foto genauso gut aussehen wie jetzt, wenn nicht noch schöner.« Schmeicheleien lagen Sam nicht, aber er hoffte, seine Versicherung gepaart mit einem strahlenden Lächeln würden ausreichen, um die Frau des Fabrikanten zu überzeugen. Er hatte Glück. Sie nickte, verabschiedete sich förmlich, aber kühl und verließ mit ihrer Tochter, die zu seiner Überraschung im Hinausgehen einen kleinen Knicks machte, den Raum.
    Obwohl er seine Arbeit gewohnt schnell erledigt hatte, hatte ihn der Weg raus aufs Land und zurück einiges an Zeit gekostet. Es war bereits früher Abend, als Sam die Stadt wieder erreichte, und die Angestellten verließen die Büros und Geschäfte. Er beschloss, den Fahrer mit der Ausrüstung allein nach Hause zu schicken und selbst einen Abstecher in das Romanische Café zu machen, bevor er die Bilder entwickelte.
    Er liebte die Atmosphäre, die im Romanischen Café herrschte. Die vielen Künstler, die sich täglich trafen und gelegentlich sogar dort arbeiteten, verliehen dem Café eine ganz besondere Energie. Seine Augen brauchten einen Moment, um sich an das trübe Licht zu gewöhnen. Als er wieder klar sehen konnte, ließ er den Raum mit den Tischen der großen Literaten, von denen er keinen persönlich kannte, links liegen und betrat den größeren Raum des Cafés. Die meisten Stühle waren bereits besetzt und Sam hielt Ausschau nach einem bekannten Gesicht.
    Ihm stockte der Atem. Beinahe in der Mitte des Gastraumes entdeckte er Polly, allein an einem kleinen Tisch mit zwei Stühlen. Sie war vertieft in eine Zeitung. Dabei stocherte sie gedankenverloren in einem Stück Kuchen, das auf einem kleinen Teller vor ihr lag. Sie schien die Welt um sich herum überhaupt nicht wahrzunehmen. Sam hatte noch nie etwas Faszinierenderes gesehen als Polly, völlig in sich gekehrt inmitten von Menschen, Trubel und lauten Gesprächen. Sie trug ein schlichteres Kleid als am Abend zuvor. Ihre Lippen waren nicht geschminkt, aber ihr Haar war ebenso in akkuraten Wellen frisiert, wie er es in Erinnerung hatte. Hatte sie nicht gesagt, sie schrieb für eine Zeitung? Vielleicht veröffentlichte sie Gedichte.
    Rasch schlängelte er sich zwischen den anderen Gästen zu ihrem Tisch durch. Sie bemerkte ihn nicht.
    »Guten Abend, Polly.«
    Ihr Kopf schoss nach oben. Als sie ihn erblickte, lächelte sie strahlend. »Sam, schön, dass du da bist.«
    Sam blinzelte. Sie waren nicht verabredet gewesen. »Ich freue mich, Sie zu sehen. Darf ich mich setzen?« Er zeigte auf den freien Stuhl.«
    »Ich freue mich, dich zu sehen«, korrigierte sie und lachte. »Aber natürlich darfst du dich setzen. Was solltest du sonst tun?« Damit verwirrte sie ihn einmal mehr mit einem Satz, der mehr zu bedeuten schien, als er verstand. Er musterte sie, konnte aber nicht erkennen, ob sie eine Antwort erwartete. Ihre Augen funkelten und hatten wieder diesen verträumten Ausdruck, als er sich setzte. Auf ihren schönen Lippen lag immer noch ein leichtes Lächeln. Er winkte einen Kellner heran und bestellte sich ein Glas Wein. Polly nickte, und er bestellte ein weiteres Glas.
    »Isst du den Kuchen noch oder folterst du ihn nur?« Er hatte seit dem Frühstück nichts mehr gegessen und war hungrig.
    Polly schaute einen Moment auf den zerbröselten Kuchen, dann zu ihm. »Huch, nein. Magst du ihn haben?« Sie schob ihm den Teller hin und zog die Hand sofort zurück, als er danach griff.
    »Ist es dir unangenehm, wenn ich deinen Kuchen esse?«, fragte er, weil er das Gefühl hatte, sich wieder einmal zu weit vorgewagt zu haben.
    »Nein, natürlich nicht. Mir tut nur leid, wie ich den Kuchen zugerichtet habe.« Sie lachte und schüttelte den Kopf. Eine Locke

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