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Augenzeugen

Augenzeugen

Titel: Augenzeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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finden, und nach ein paar Wochen schien Ulli wieder ganz die Alte zu sein und hatte ihre Arbeit als Leiterin einer Vorschule wieder aufgenommen. Aber dann kam es plötzlich zu Rückfällen: Sie konnte kleine Räume nicht mehr betreten, schlief keine Nacht mehr durch und bekam bei bestimmten Gerüchen Atemnot.
    Van Appeldorn holte tief Luft. «Es geht auf und ab. Albträume hat sie immer noch, wenn auch nicht mehr jede Nacht. Und inzwischen kann sie fast jeden Tag zur Arbeit gehen. Sie sagt, die Kinder tun ihr gut. Es ist nur …» Er startete den Wagen. «Sie will kein Mitleid. Es macht sie wütend.»
    «Dann ist es nicht gerade leicht für dich», meinte Astrid vorsichtig.
    Van Appeldorn redete ungern über Gefühle und gab nur selten etwas von sich preis. Frauen gegenüber war er besonders verschlossen, und sein Verhältnis zu Astrid war von Anfang an sehr gespannt gewesen. Erst in den letzten ein, zwei Jahren verstanden sie sich besser und gingen ein bisschen milder miteinander um.
    «Nein», antwortete er nur knapp, ohne sie anzuschauen.

Vier
    Eine hagere Frau von Anfang sechzig in einer schneeweißen, gestärkten Kittelschürze öffnete ihnen die Haustür. Sie beäugte sie zunächst misstrauisch, schlug dann aber schnell einen besonders forschen Ton an, der ihnen zeigen sollte, dass sie nichts zu verbergen hatte.
    «Wer ich bin? Die Putzfrau bin ich. Was haben Sie denn gedacht? Die Königinmutter? Nee, ich bin die Putzfrau und dat schon seit fuffzehn Jahren. Immerhin! Normalerweise komm ich bloß dienstags und freitags, aber wie ich dat gehört hab, da konnt ich die arme Frau doch nicht im Stich lassen. Ist doch schrecklich. Ich mein, mit ihm hatte ich ja nicht viel zu tun, aber um sie tut es mir furchtbar Leid. Der Mann war ja quasi der ihr Ein und Alles.»
    «Gibt es denn keine Verwandten oder Freunde, die sich um Frau Geldek kümmern?», fragte Astrid.
    «Solang ich im Haus komm, hab ich noch keine Verwandten gesehen! Und wegen Freunde, da müssen Sie die Frau schon selber fragen. Ich kann bloß sagen, dat Telefon hat heut noch nicht gebimmelt. So weit kann es also mit Freundschaft wohl nicht her sein. Aber die beiden waren ja auch immer so … zurückgezogen.» Sie stolperte über das ungewohnte Wort.
    «Gibt es außer Ihnen noch mehr Angestellte?», wollte Astrid wissen.
    «Nee! Die Frau Hanraths von der Briener Straße macht die Wäsche, aber dat macht die bei sich. Und für den Garten kommt alle paar Wochen eine Firma. Die Frau Geldek macht dat meiste im Haushalt lieber selber. Kann man ja verstehen, würd mir auch nicht anders gehen. Wenn Sie mit ihr sprechen wollen, die liegt im Wohnzimmer auf der Couch. Und wenn Sie Glück haben, ist sie jetzt auch wach. Vorhin war die nämlich noch ganz beduselt von dem Beruhigungszeug, dat ihr der Arzt gegeben hat. Ich kann ja mal ebkes gucken gehen.»
    Martina Geldek war nur eine blasse Kopie der Frau, die van Appeldorn gestern kennen gelernt hatte. Ihr ungeschminktes Gesicht war fahl, in den Mundwinkeln zeigten sich tiefe Falten. Sie zog die kamelfarbene Decke ein bisschen höher und bot ihnen mit einer flüchtigen Handbewegung Platz auf dem zweiten Sofa an.
    «Ich würde mich gern aufsetzen, aber ich glaube, das schaffe ich noch nicht», sagte sie matt.
    «Ist schon gut», antwortete van Appeldorn. «Frau Geldek …» Er spürte, wie ihm ein Kälteschauer über den Rücken lief. «Ihr Mann ist nicht an den Folgen des Autounfalls gestorben. Er ist ermordet worden.»
    Sie schloss einen Moment schmerzlich die Augen. «Bitte sagen Sie mir alles», meinte sie dann mit verblüffend fester Stimme.
    Van Appeldorn berichtete, so schonend wie möglich, was sie bisher zusammengetragen hatten. Ihr Gesicht blieb ausdruckslos.
    «Sie scheinen gar nicht überrascht zu sein», stellte Astrid fest.
    Martina Geldek zuckte kaum merklich die Achseln.
    «Wir alle wissen, dass Ihr Mann nicht nur Freunde hatte», beharrte Astrid. «Haben Sie einen Verdacht, wer Ihren Mann getötet haben könnte?»
    «Nein. Nein, natürlich nicht! Ich kenne keine Mörder!», kam es gereizt zurück.
    Van Appeldorn hob beschwichtigend die Hand. «Bitte erzählen Sie uns, was Ihr Mann gestern gemacht hat. Wohin wollte er? Wann ist er abgefahren? Ist Ihnen etwas an ihm aufgefallen? Hat er vielleicht einen Anruf gekriegt?»
    Eugen Geldek war am Multicasa-Projekt in Duisburg beteiligt und er war am Vormittag tatsächlich angerufen worden, weil es neue Schwierigkeiten im Planungsverfahren gab. Daraufhin

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