Augenzeugen
fragte van Appeldorn irritiert.
«Ich meine, mit dem Hof und allem.» Ihr Blick flackerte. «Ich bin nicht oft zu Hause, mein ich.»
«Wo waren Sie letzte Woche Mittwoch, nachmittags?»
«Ich?»
Van Appeldorn nickte und ließ sie nicht aus den Augen.
Cordula überlegte. «Ach, ich weiß wieder. Ich warm hier zu Hause, weil mein Vater sich mein Auto geliehen hatte.»
«Aha, und von wann bis wann?»
«Ich war nur eben beim Baumarkt», warf Eberhard hastig ein.
«Ich habe Ihre Tochter gefragt. Also, von wann bis wann?»
Das Mädchen schaute verwirrt von einem zum anderen. «Wieso? Was war denn letzten Mittwoch? Ich versteh das nicht.»
Van Appeldorn tippte mit der Kulispitze auf den Block. «Ich warte.»
«Wann er gefahren ist, weiß ich nicht so genau. Ich glaub, so um drei. Und zurück war er um zehn nach fünf. Daran erinnere ich mich, weil ich selber mit dem Wagen weg wollte und gewartet hab.»
«Bei welchem Baumarkt waren Sie, Herr Eberhard?»
«Bei dem unten auf der Kalkarer Straße.»
«Und da haben Sie zwei Stunden gebraucht? Das ist ungewöhnlich lange.»
Eberhard sah ihn unbehaglich an. «Ja, Gott, ich musste Bretter zuschneiden lassen, und ich hatte auch noch viele Kleinteile nötig. Das dauert.»
«Haben Sie die Rechnung noch?»
«Nein, ich glaub nicht …»
Frau Eberhard grunzte missbilligend.
«Aber Sie können mir die Bretter und die Kleinteile, die Sie gekauft haben, doch bestimmt zeigen, oder?»
«Ja, sicher!» Eberhard stand gleich auf. «Kommen Sie mit.» Er wirkte erleichtert.
Van Appeldorn folgte ihm in einen kleinen Verschlag neben dem Hühnerstall, der offenbar als Werkstatt diente.
Eberhard fasste ihn am Arm. «Herr Kommissar, ich war nicht so lange im Baumarkt. Ich war noch am Bahnhof und hab mir so ein Heft gekauft, Sie wissen schon …»
Er wand sich, aber van Appeldorn hatte keine Lust, es ihm leicht zu machen. «Sie müssen schon Klartext reden.»
«Na, so ein Pornoheft eben … Hier!» Er grabbelte in einer Kiste mit Hobelspänen herum und zog ein Magazin hervor: Willige Hausfrauen . «Und dann bin ich drüben in den Wald gefahren, damit ich mir … Sie wissen schon, damit ich mir … das in Ruhe angucken konnte.»
Susanne Joosten stand unter starken Beruhigungsmitteln, und es fiel ihr schwer zu sprechen, aber sie bemühte sich. Ihr Vater saß neben ihr, hielt ihre Hand und gab ihr Wasser zu trinken, wenn der Mund zu trocken wurde.
Sie kannte Knut Eberhard nicht persönlich, wusste aber, dass er der Nachbar ihrer Schwiegereltern war. Was ihr Mann auf dem Bauernhof gewollt hatte, konnte sie nicht sagen, aber es musste wohl was Berufliches gewesen sein. In den letzten Jahren hatten sie so gut wie nie über seine Arbeit gesprochen. Wann denn auch? Die fünf Kinder hielten sie Tag und Nacht auf Trab. Wenn Joosten abends nach Hause gekommen war, war sie meist so erschlagen gewesen, dass sie die Augen kaum noch hatte offen halten können. Sie hatten sich auf die Zeit gefreut, wenn die Kleinen aus dem Gröbsten raus waren und die Abende und Nächte wieder ihnen beiden gehörten.
Als sie das erzählte, musste sie weinen, und Astrid schluckte.
Natürlich wusste Susanne Joosten, dass ihr Mann kürzlich Geschäftsführer der Opferstiftung geworden war. Das zusätzliche Gehalt konnten sie gut gebrauchen, aber sie war trotzdem skeptisch gewesen. Erst als er ihr versichert hatte, dass er den größten Teil seiner Arbeit für die Opferhilfe von zu Hause aus erledigen konnte, hatte sie zugestimmt. Sie hätte es nicht ausgehalten, wenn er noch öfter weg gewesen wäre als ohnehin schon.
Wieder weinte sie, und diesmal beruhigte sie sich nicht. Der Vater sah Astrid bittend an, sie nickte und ging.
Als Toppe in die Prosektur kam, fand er Bonhoeffer über den bereits geöffneten Brust- und Bauchraum des Leichnams gebeugt. «Komm her und schau’s dir an!»
«Ich kann mich bremsen.» Toppe blieb mit verschränkten Armen neben dem stählernen Ausguss stehen. «Ist er erschlagen worden?»
«So kann man es kaum nennen.» Bonhoeffer fitschte die Handschuhe aus und lehnte sich mit dem Rücken zur Leiche gegen den Obduktionstisch. «Ich glaube, dieser Bursche hier hat einfach nur Pech gehabt. Gestorben ist er an einer Aortenruptur, sein Mediastinum ist voller Blut. Anscheinend litt er an einer Erweiterung der Aorta ascendens mit einer Aorteninsuffiziens.»
Toppe stöhnte auf. «Musst du eigentlich jedes Mal dieses Spielchen mit mir abziehen? Red doch einfach
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