Augenzeugen
den Blick frei auf den Ansatz ihrer Push-up-Brüste. «Und das hier natürlich.»
In diesem Augenblick kam ein zitronengelber Porsche auf den Hof gebraust.
Astrid blinzelte. «Dein Date heißt nicht zufällig Jörg Hellinghaus?»
Aber Mareike lachte zirpend. «Nein, zufällig nicht. Ich fische nicht gern in fremden Gewässern. Ihr seid ja ganz schön aufeinander abgefahren am Samstag.»
Astrid merkte, dass sie rot wurde. «Ach, Blödsinn! Ich hatte einfach nur zu viel getrunken.»
«Assi, Schätzchen, das ist es doch gerade. Du weißt doch, Kinder und Betrunkene sagen die Wahrheit. Du warst ganz schön heiß, und dass Jörg auf dich steht, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes, konnte ja wohl keiner übersehen, der Augen im Kopf hatte.»
Jörg Hellinghaus beugte sich ins Auto und holte seine Reitstiefel heraus. Mareike stupste Astrid in die Seite. «Jetzt guck dir doch mal diesen Hintern an, allererste Sahne! Sei doch nicht so prüde, Mensch! So was Knackiges muss doch eine nette Abwechslung für dich sein. Naschen ist erlaubt, hör auf Tante Mareike.»
Hellinghaus kam herangeschlendert. «Wenn ich kein Glückspilz bin! Die beiden schönsten Frauen des Kreises!» Er hauchte Mareike zwei Küsschen auf die Wangen, dann schlang er seinen Arm um Astrids Taille, zog sie an sich und bedachte ihre Lippen mit einem sinnlichen Blick, bevor er sie küsste. «Ich merke, du hast mich vermisst.»
Astrid stieß ihn hastig von sich. «Lass den Quatsch, ja! Ich bin kein Freiwild.»
Hellinghaus kicherte. «Du kannst ja richtig giftig gucken. Wie niedlich! Komm, sei brav, ja? Du bist und bleibst eben meine große Liebe, und es ist eine Schande, dass du nicht auf mich warten konntest.»
«Hör doch auf, Jörg. Wir haben nie etwas miteinander gehabt!»
«An mir hat das bestimmt nicht gelegen», antwortete Hellinghaus und lehnte sich gegen Mareikes Cabrio, streifte die Schuhe ab und schlüpfte in die Stiefel. «Aber was nicht ist, kann ja noch werden.»
«Wo hast du eigentlich die ganzen Jahre gesteckt?», mischte sich Mareike ein.
Jörg Hellinghaus nahm ihr das Sektglas aus der Hand und leerte es in einem Zug. «Auf Fotosafari, mal hier, mal da. Musste mir ein bisschen die Hörner abstoßen, bevor ich sesshaft werde. Aber jetzt reicht es meinen Eltern. Sie wollen sich einen schönen Lebensabend machen und haben mir den Laden überschrieben.»
Mareike zwinkerte Astrid zu. «Toll, Jörg, dann bist du ja eine richtig gute Partie!»
Clemens Böhmer beobachtete die Szene vom Fenster aus. Was für ein Fatzke! Grabschte sie schon wieder an, aber heute schien sie nicht so begeistert. Fotograf war der Kerl und hatte sich bei seinen Alten ins gemachte Nest gesetzt. Der Teufel schiss immer auf den größten Haufen. Ihm war nie was geschenkt worden. Hatte er etwa nicht immer geschuftet wie ein Verrückter? Hatte es sogar in die Selbständigkeit geschafft, zweimal, aus eigener Kraft. Aber sie hatten ihn lang gemacht, alle wie sie da waren. Viel zu jung war er gewesen, als er seinen ersten Laden aufgemacht hatte, viel zu unerfahren. Sonst hätte er sich damit bestimmt über Wasser halten können. Dann hätte er auch keine Hypothek aufnehmen müssen, und sie hätten das Häuschen von Sibylles Oma behalten können, als sein Kurierdienst auch Pleite gegangen war. Konnte er ahnen, dass die Kunden ausblieben, dass die Leute ihn mieden wie die Pest? Er roch eben nach Armut. Was wusste dieser Casanova da draußen schon? Und die Steendijk hatte anscheinend auch keine Ahnung, was wirklich wichtig war im Leben. Sonst würde sie ja wohl ihr Engelchen nicht alleine lassen, bloß um sich hier zu vergnügen. Wenn er wieder auf die Füße kam, konnte Sibylle ihm gestohlen bleiben. Er würde schon eine Frau finden, er war noch nicht zu alt. Und dann würde er auch ein Kind haben, ein kleines Mädchen mit braunen Augen und dunklen Locken. Böhmer spuckte auf den Boden und wischte sich über den Mund. Dieses Arschloch Jörg hatte Dreck am Stecken, so viel war sicher. Man munkelte, dass er wegen irgendwas abgetaucht war. Er würd’s schon noch rausfinden …
Toppe wartete. Er hatte ein Windlicht auf den Terrassentisch gestellt, eine Flasche Rotwein getrunken, eine zweite aufgemacht. Zum Lesen war es zu dunkel, aber er war sowieso zu erschöpft, zu müde auch zum Nachdenken. Dicker Tau setzte sich auf dem Tisch ab, es wurde Herbst.
Um zwanzig nach elf endlich hörte er Astrids Schlüssel im Haustürschloss. Sie hatte anscheinend das
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