Aura – Verliebt in einen Geist: Band 1 (German Edition)
es nun mal keine Funkantennen«, sagte Megan.
»Dann ruf doch Tante Jean an«, schlug Siobhan mit vom Weinen schon ganz rauer Stimme vor. »Oder Tante Rosemary. Die wissen bestimmt, was zu tun ist.«
»Auf gar keinen Fall.« Dylan drückte sich das Telefon an die Brust. »Ich finde, dass Mom und Dad es als Erste erfahren sollten. Die Polizei wird sonst niemanden verständigen, weil du und Mickey schon achtzehn seid und ihr damit die Verantwortung für uns übernehmen könnt …« Er zuckte zusammen. »Für mich … meine ich.«
Siobhan vergrub ihr Gesicht an Connors Brust. Dylan rutschte tiefer in seinen Sessel und zog sich eine Decke mit Halloween-Motiven über den Kopf. Die schwarzen und orangefarbenen Fransen erzitterten, als er laut aufstöhnte.
»Kann ich irgendjemandem was zu trinken besorgen?«, fragte Brian leise. Als ihn alle völlig entgeistert anstarrten, schob er verlegen die Hände in die Hosentaschen. »Nichts Alkoholisches … Cola oder so.«
»Warte, ich helfe dir.« Megan drückte meine Hand und stand dann auf, um Brian in die Küche zu folgen.
Als ich mich ins Sofa zurücksinken ließ, ertastete ich unter mir einen feuchten Fleck auf dem Polster. Vermutlich hatte hier jemand sein Guinness verschüttet. Mir wurde übel, als ich daran dachte, wie viel Logan getrunken hatte.
Eine Entschuldigung murmelnd, flüchtete ich ins Gästeklo und schloss die Tür hinter mir ab, ohne das Licht einzuschalten. Ich wollte ihn sehen, wenn er kam. Aber ich wartete vergeblich. Erst nach ein paar Minuten fiel mir ein, dass das Badezimmer natürlich mit Obsidian versiegelt war.
Ich knipste das Licht an und spritzte mir kaltes Wasser ins Gesicht, bis meine Augen brannten. Als ich mich abtrocknete, vermied ich es, in den Spiegel zu schauen, weil ich wusste, dass ich sonst sofort wieder zu heulen anfangen würde.
Ich ging wieder nach draußen in die Eingangshalle und hörte ein ratschendes Geräusch über mir. Unwillkürlich blickte ich nach oben und bereute es augenblicklich.
Die Sanitäter hatten Logans toten Körper auf eine Bahre gelegt. Einer von ihnen kniete daneben und zog gerade den Reißverschluss des graugrünen Leichensacks zu.
Ich stieß einen erstickten Schrei aus, als ich mir vorstellte, wie er einen letzten Blick auf Logans blond gefärbte Haare warf, bevor er den Sack ganz schloss.
Aber so kriegt er doch gar keine Luft mehr!
»Aura!« Meine Tante beugte sich über die Brüstung und hob abwehrend die Hände. »Geh ins Wohnzimmer zurück und warte dort. Bitte, Schatz.«
Am liebsten wäre ich die Treppe hinaufgestürmt, hätte den Sack aufgerissen und mich an dem Logan festgeklammert, den ich noch berühren konnte. Stattdessen flüchtete ich in die Bibliothek und knallte die Tür hinter mir zu.
Das silbrige Licht der Straßenlaternen sickerte durch die dünnen Gardinen und beleuchtete den Schreibtisch, die Bücherregale und den Globus, den Mr Keeley vor Kurzem bestellt hatte, obwohl die darauf eingezeichneten Ländergrenzen schon bei der Lieferung nicht mehr aktuell gewesen waren. Die Blaulichter der Streifen- und Krankenwagen vor dem Haus warfen rotierende Muster an die Wände.
Trotzdem war es in dem Raum dunkel genug, um einen Geist zu sehen. »Logan«, flüsterte ich. »Bitte lass den Toten dort oben nicht meine letzte Erinnerung an dich sein. Ich will dich so sehen, wie du jetzt bist. Bitte komm zurück.«
Aber ich hörte nichts als das Pochen des Bluts in meinen Schläfen und sah nichts als die Umrisse der Möbel im Zimmer.
Ich war allein.
Fünftes Kapitel
In meinem Traum war Logan rot.
So tiefrot, dass ich ihn selbst im strahlenden Sonnenschein deutlich sehen konnte. Wir lagen, die Gesichter einander zugewandt, im Sand. Zu unseren Füßen schäumte das Meer an den Strand.
»Du bist nicht weiß wie Schnee und auch nicht schwarz wie Ebenholz, aber rot wie Blut«, neckte ich ihn.
Er lachte. Sein Mund war eine klaffende dunkle Höhle. »Das liegt daran, dass ich aus Blut bestehe.«
Er strich mir zärtlich übers Gesicht. Seine Fingerspitzen fühlten sich warm und merkwürdig weich an. Nicht fest wie bei einem Menschen aus Fleisch und Blut und nicht luftig wie bei einem Geist, sondern flüssig, und als er mich streichelte, begann mir die Flüssigkeit von Wangen und Kinn zu tropfen.
»Tu das nicht«, sagte ich zu ihm.
»Wovor hast du Angst?« Logan schob einen Finger unter den Träger meines Bikinioberteils und streifte ihn mir von der Schulter. Die Berührung hinterließ eine rot
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