Auracle - Ein Mädchen, zwei Seelen, eine Liebe (German Edition)
muss ich trotzdem mit ihr in Kontakt bleiben, um sie beobachten zu können.« Er öffnet die Augen und sieht zu mir hinüber, wie ich auf dem Beifahrersitz kauere.
Dann seufzt er und seine Stimme wird sanft. »Es tut mir leid. Ich bin einfach frustriert.«
Ich nicke und forme mit den Lippen die Worte:
Das ist okay.
»Na ja«, sagt er hoffnungsvoll, »wenigstens sind meine Kopfschmerzen jetzt weg.« Er dreht den Zündschlüssel um und wendet sich mit einem kurzen, ironischen Lachen zu mir.
»Ich muss dich wahrscheinlich nicht daran erinnern, deinen Sicherheitsgurt anzulegen.« Da hat er wohl recht, das ist nicht wirklich nötig.
19
Reis Handy klingelt, als er in die Einfahrt einbiegt.
»Hallo.« Als er sein Auto parkt, hellt sich seine Miene auf. »Seth! Wo … «, und plötzlich verfinstert sich sein Ausdruck wieder. Während er zuhört, klopft er mit dem Zeigefinder gegen das Lenkrad. Dann lässt er sich gegen die Lehne sinken und schließt seine Augen. »Okay. Finde einen sicheren Platz und warte dort. Ich bin in zwei Stunden da. Ruf noch mal an und sag mir ganz genau, wo du bist.« Er hört Seth zu und reibt wieder den Punkt auf seiner Stirn. »Halt einfach durch, okay. Tschüs.« Er klappt sein Handy so heftig zu, dass ich für einen Moment befürchte, es könnte bersten.
»Als er bei seinem Bruder angekommen ist, hat die Polizei gerade Matts Zimmer durchsucht. Also ist er weggerannt«, erzählt er mir. »Er ist ihnen entwischt, aber sie haben mein Fahrrad beschlagnahmt. Er glaubt, dass sie Matt mit aufs Revier genommen haben, um ihn zu befragen. Jetzt muss ich überlegen, was ich meiner Mum sage.«
Ich zeige auf sein Schlafzimmerfenster und tue so, als würde ich tippen. Er versteht, dass ich mit ihm reden will, und nickt. Dann zieht er den Schlüssel aus dem Zündschloss und öffnet die Fahrertür mit dem Enthusiasmus eines Verurteilten auf dem Weg zum elektrischen Stuhl.
Yumi und Robert sitzen mit verschiedenen Teilen der Zeitung auf dem Sofa.
»Rei?«, ruft Yumi hinter der ersten Seite hervor. »Warum hast du mir nicht erzählt, dass Seth etwas mit dem toten Mädchen zu tun hatte?«
Reis rote Aura wird noch röter. »Wo steht, dass er etwas mit ihr zu tun hatte? Was liest du da?« Rei hat jeden Morgen die Zeitung gelesen und nie wurde Seths Name erwähnt.
Yumi faltet die Zeitung und sieht ihn über ihre Lesebrille hinweg an. »Ich habe es nicht gelesen. Ich habe Leute im Geschäft darüber reden hören, und Seths Vater hat heute Abend angerufen und gefragt, ob wir wissen, wo er steckt.«
»Du solltest nicht alles glauben, was die Leute im Geschäft so reden«, erwidert Rei kurz angebunden und rennt die Treppe hinauf.
»Warte, ich bin noch nicht fertig.« Yumi legt die Zeitung auf den Tisch und steht auf. »Komm her und setz dich hin.« Sie rückt auf dem Weg in die Küche einen Stuhl vom Tisch weg. Rei atmet tief ein und dreht sich langsam um. Sein Pokerface sitzt wieder perfekt. Als er endlich in die Küche kommt, füllt Yumi schon den Teekessel. »Hast du mit ihm geredet? Weißt du, wo er ist?« Sie nimmt drei Tassen aus dem Schrank und stellt sie auf den Tisch. Dann greift sie nach dem Glaskanister mit den Teebeuteln. Rei nimmt eine der Tassen und stellt sie in den Schrank zurück.
»Er hat mich gerade angerufen. Er ist zu Matts Uni gefahren, und die Polizei war dort, also ist er geflüchtet. Ich will ihn zusammen mit Matt überreden, sich zu stellen.« Er sieht Yumi direkt in die Augen. »Kann ich das Auto haben?«
Yumis Augenbrauen ziehen sich gute zwei Zentimeter nach oben. »Auf keinen Fall!«, entgegnet sie. »Was denkst du nur?«
»Ich denke, dass mein bester Freund in Schwierigkeiten steckt. Ich denke, dass Matt und ich ihn finden können und ihn zur Vernunft bringen können. Und ich denke, dass es wirklich nett wäre, wenn du das Ganze nicht noch schwieriger für mich machen würdest, als es sowieso schon ist.«
Und ich dachte, ich sei sein bester Freund!
Yumi ist mehr als 25 Zentimeter kleiner als Rei. Doch normalerweise reicht ein Blick, und Rei und Saya geben klein bei. Heute Nacht bleibt Rei stark. »Du warst richtig gut zu Seth, seit seine Mutter weggelaufen ist. Bitte lass ihn jetzt nicht im Stich. Bitte, Mum«, bettelt er. »Er kann nichts dafür, dass er Ärger hat. Dieses Mädchen hat sein Handy gestohlen und wollte es ihm nur zurückgeben, wenn sie sich treffen, und dann ist sie versehentlich von dem Vorsprung beim Wasserfall gestürzt. Was haben die Leute im Laden
Weitere Kostenlose Bücher