Aureol: Nefilim KI 5 (German Edition)
gefährlich.
Nackt, wie ich war, hatte ich keinen Aspirator mehr.
Die dünne Luft war kaum ausreichend für meinen Sauerstoffbedarf und ich versuchte, keine Panik aufkommen zu lassen. Es gelang mir erstaunlich gut, die Fakten zu ignorieren und mir Hoffnung bezüglich meiner Überlebenschancen zu machen.
Der Mut der Verzweiflung.
Ich sah mich nach Fußspuren um, erkannte aber nur meine eigenen. Ich schätzte Sonnenstand und Tageszeit ab und legte daraufhin in Abhängigkeit von der Lage des Turms eine Marschrichtung fest, die mich auf dem kürzesten Weg zurück zur Skylla bringen musste. Wenn ich vorsichtig marschierte, meine Atmung flach hielt und unnötige Bewegungen vermied, mochte ich eine Weile trotz der dünnen Luft durchhalten. Sobald die anderen mich fanden, konnten sie mich zur Skylla bringen und ich war gerettet.
»Keine Panik! Keine Panik ...«
Ich ließ meine Arme hängen, versuchte mit geringem Kraftaufwand zu gehen und meine Sinne zusammenzuhalten. Nach kurzer Zeit brach ich in Schweiß aus und erkannte schnell mein zweites großes Problem.
Wasser.
Ich hatte meinen Vorrat im Rucksack gehabt und dieser war verschwunden. Die Luft war knapp, ich würde in Windeseile dehydrieren und ich hatte keine Ahnung, wie lange ich weg gewesen war oder wo exakt ich mich befand.
»Wäre ich mit meinem unruhigen Hintern lieber sitzen geblieben. Warum mache ich so etwas bloß? Wenn wir hier fertig sind, fliege ich sofort zurück nach Guinaa und bleibe dort einfach in meinem Liegestuhl, bis ich alt und grau bin.«
Ich fluchte noch eine Weile vor mich hin, bis ich anhalten musste, um wieder zu Atem zu kommen. Danach hielt ich die Klappe und beschränkte mich auf das Denken von Flüchen. Das ist jedoch nicht halb so befriedigend. Mein Blick schweifte immer wieder über den Horizont und nach oben an der Fassade des Turms entlang, weil ich hoffte, dort irgendwo Zurvans Silhouette zu entdecken. Die Hitze des Sonnenlichts brannte und juckte in meinem Nacken.
Ich musste mich bald darauf konzentrieren, einen Fuß vor den anderen zu setzen und fiel zweimal hintereinander auf die Knie, bis ich schließlich mit brennender Lunge vornüber stürzte. Ich wollte einen Moment liegen bleiben, nur etwas Luft bekommen und dann wieder aufstehen. Meine Finger berührten eine harte, glatte Oberfläche. Ich öffnete mühevoll die Augen und las meinen Namen in tief gravierten Buchstaben eines schlichten, aber perfekt gearbeiteten Steins. Worte der Liebe und der Freundschaft, die andernfalls mein Herz erwärmten, ließen es in diesem Augenblick zu einem eisigen Klumpen gefrieren.
Mein Grabstein.
Hätte nie gedacht, dass ich ihn jemals zu sehen bekommen würde. Ich hoffte darauf, dass mich die Ohnmacht ereilte, aber diese Gnade wurde mir nicht zuteil. Ich kochte weiterhin in der Sonne vor mich hin, bis der Schatten des Turms über mich fiel. Ich konnte einfach nicht begreifen, warum sie mich zurückgelassen hatten. Wieso suchten sie nicht mehr nach mir? Ich war doch hier. Hier bei diesem verfluchten Turm. Es war ein bitteres und kaltes Gefühl, das nach meinem Herzen griff und ich wunderte mich kaum, als ich erneut die Kraft fand, mich zu erheben, meine metallene Hand auf meinem Grabstein. Es dauerte lächerlich lange und rief Übelkeit hervor, brachte mich beinahe dazu, meinen kostbaren Mageninhalt auf den Wüstensand auszuschütten. Aber ich wusste, dass ich mir keinen Flüssigkeitsverlust erlauben durfte, und würgte alles wieder herunter. Ein brennendes Gefühl in meinem Hals und Rachen blieb übrig und gesellte sich zu den Schmerzen in meiner Lunge, die einfach nicht aufhören wollten. Ich tat einen stolpernden Schritt voran und dann noch einen und hielt auf den Landeplatz zu, der leer und verlassen vor mir lag. Nicht eine Spur im Sand. Es wurde allmählich dunkler und nach einer halben Ewigkeit, die eine Hölle aus Schmerz und Angst und Bitterkeit war, erreichte ich den Ort, an dem wir gelandet sein mussten. Ich torkelte halb im Delirium über den Boden und hoffte darauf, dass man etwas zurückgelassen hatte. Wasser, Proviant, ein Funkgerät. Verdammt irgendetwas!
Nichts.
Ich stürzte erneut und war bewusstlos, bevor meine Stirn den Boden erreichte. Irgendwann erwachte ich in einer kalten, mondlosen Nacht. Ich zog schlotternd die Beine an mich, versuchte meine verbrannte Haut und die feuchten Stellen darauf zu ignorieren, fiel wieder in Ohnmacht. Ich erwachte noch einmal, sah ich eine dunkle Silhouette in einiger Entfernung. Ein
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