Aurora Komplott (Thriller) (German Edition)
wegführt“.
Dann fuhren die Freunde getrennt in zwei
verschiedenen Fahrzeugen zurück zur Dienststelle, ohne sich nicht vorher noch
zu einer ersten Besprechung mit der gesamten Mordkommission um 17.00 Uhr im
MOKO-Raum zu verabreden.
Die Kollegen, die Hanson zum Tatort gebracht
hatten, chauffierten ihn auch wieder zurück. Langsam, ganz allmählich spürte er
seine Zahnschmerzen zurückkehren. Die Bundesstraße war noch nicht geräumt. Auf
beiden Fahrspuren waren tiefe, eisglatte Spurrillen in den fußhohen Schnee
gefahren worden, in denen der Streifenwagen glitt, wie in einer Loipe.
Die Rückfahrt würde noch länger dauern als die
Hinfahrt, dachte er, so dass genügend Zeit blieb, sich mental auf die erste
Besprechung dieser Mordsache vorzubereiten.
Welche Maßnahmen waren von höchster Priorität,
welche waren weniger wichtig? Welcher seiner Mitarbeiter war für welche Aufgabe
am qualifiziertesten?
Unvermittelt sah er sich wieder im Zimmer seines
Gönners, als ihm von Frau Köhler das versiegelte Kuvert mit den geheimen
Aufzeichnungen über seine Mitarbeiter übergeben wurde. Im Geiste ging er nochmals
die handschriftlichen Randnotierungen seines Mentors durch, die ihm anvertraut
wurden.
Dem Peters stünde als ehemaligem Archivar beim
Deutschen Museum die Aktenführung am besten zu Gesicht.
Sauberer, logischer und akribischer Aktenaufbau,
exzellente Faktenverknüpfung, hatte Wolff neben anderen Vermerken auf der
Rückseite von Peters Personalbogen notiert.
Ja, dem Peters würde er die Aktenführung
überdrücken. Eine weniger interessante, aber um so wichtigere Aufgabe, die
Peters zu übernehmen hatte.
Das Schicksal, das Juri Haller durchleben
musste, bestätigte nur seine Vorurteile gegen diesen Rechtsstaat. Seine Ehefrau
und seine 10-jährige Tochter, war zu lesen, wurden in einem Wochenendhaus am
Selenter See von einem Sittenstrolch ermordet. Der Täter hatte auf die nackten
Brüste seiner Frau ejakuliert und ihr dann die Kehle durchtrennt. Mit einem
Gartenpfosten war vorher oder nachher die Tochter erschlagen worden. Nach einem
halben Jahr Untersuchungshaft musste der ermittelte und gefasste Täter wieder auf
freien Fuß gesetzt werden, weil die Justiz es nicht schaffte, innerhalb dieser
Frist ein Gerichtsverfahren anzuberaumen. Seitdem ist der Täter flüchtig.
Traumatisiert, war weiter zu lesen, hatte Haller seine Kariere als
vielversprechender Strafverteidiger aufgegeben und war als Quereinsteiger bei
der Kriminalpolizei in Kiel angefangen. Er schien beseelt, Schwerstverbrecher
hinter Schloss und Riegel bringen zu wollen. Haller würde liebend gerne jeden
überführten Verbrecher persönlich ans Kreuz nageln, war in
Anführungsstrichelchen zu lesen. Vorsicht!! hatte der Präsident weiter
vermerkt. Haller rastet bei Sittensachen völlig aus, ist dann rational nicht
mehr zu steuern.
In Kiel, unmittelbar hinter dem Ortsschild,
waren die Hauptdurchgangsstraßen geräumt. Der Funkstreifenwagen konnte etwas
schneller fahren, hielt aber stur die 50 km/h-Beschränkung in geschlossenen
Ortschaften ein. Zu der um 17.OO Uhr angesetzten Besprechung würde er
rechtzeitig im Präsidium sein. Vielleicht war sogar noch Zeit, etwas zu essen.
Hanson bat die Kollegen von der Schutzpolizei, an der nächsten Pommesbude zu
halten. Eine Tüte Pommes würde reichen, seinen Hunger zu stillen. Haute Cuisine
war eine Tüte Pommes gerade nicht. Seit Hellens Tod hatte er auf solche
exquisiten Genüsse verzichten müssen und beständig zugenommen, weil er sich
immer öfter mit Fast Food versorgte. Ihm war klar, dass er sich kaum noch
ungesünder ernähren konnte. Er musste seine Essgewohnheiten ändern, aber der
Schweinehund in seinem limbischen System ließ ihn viel zu oft zu diesem
fettigen Essen greifen. Es war halt so schön bequem. Hellens Prognose, er würde
langsam vergammeln, bewahrheitete sich von Jahr zu Jahr mehr. Er musste seinem
Leben eine neue Richtung geben, wollte er aus diesem Teufelskreis ausbrechen. Jetzt
aber war die Gier nach einer Tüte Pommes mit Ketchup größer als alle guten
Vorsätze, die immer leichter zu fassen als auszuführen waren. Es gab nichts
Schöneres, als seinen Heißhunger auf die Schnelle mit Pommes zu stillen. Die
Sitze im Fond bekleckerte er beim Einsteigen mit Ketchup und machte sich dann
über die Tüte her. Anschließend ärgerte er sich maßlos, dass er wieder einmal
schwach geworden war. Unbedingt musste er seine Ernährung umstellen.
Kapitel 5
Bonn, Kanzleramt, Montag,
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