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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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und einen Schneidbrenner zur Verfügung stellte, würden Sie also immer noch künstlerisch tätig sein wollen?«
    »Genau das habe ich doch eben gesagt!«
    »Verzeihen Sie, Delphine. Ich will mich nicht mit Ihnen streiten. Aber Sie sind wirklich die energischste Beta-Kopie, die mir je begegnet ist.«

    »Fast als säße hinter diesen Augen eine Persönlichkeit?«
    »So kommt es mir manchmal vor«, gab Dreyfus zu.
    »Wenn Ihre Frau nicht auf diese Weise gestorben wäre,
    würden Sie wohl anders über mich denken, nicht wahr?
    Dann hätten Sie nämlich keinen Grund mehr, einer Beta-
    Kopie das Recht abzusprechen, sich als lebendig zu be-
    zeichnen.«
    »Durch Valerys Tod hat sich nichts verändert.«
    »Das glauben Sie, aber ich bin da nicht so sicher. Schauen Sie doch irgendwann einmal in einen Spiegel. Sie tragen eine Wunde mit sich herum. Was immer damals geschehen
    ist, es steckte mehr dahinter, als Sie mir erzählt haben.«
    »Warum sollte ich Ihnen etwas verheimlichen?«
    »Vielleicht, weil es etwas gibt, dem Sie sich selbst nicht stellen wollen?«
    »Ich habe mich allem gestellt. Ich habe Valery geliebt, und ich habe sie verloren. Aber das ist elf Jahre her.«
    »Der Mann, der den Befehl gab, diese Menschen zu töten, um den Uhrmacher aufzuhalten ...«, soufflierte Delphine.
    »Generalpräfekt Dusollier.«
    »Was war so entsetzlich an seiner Entscheidung, dass
    er hinterher keinen anderen Ausweg mehr sah, als Selbstmord zu begehen? Hatte er nicht wie ein tapferer Mann
    das Nötige getan? Hatte er diesen Bürgern nicht wenigs-
    tens einen vergleichsweise schnellen und schmerzlosen
    Tod geschenkt, während ihnen viel Schlimmeres gedroht
    hätte, wenn sie dem Uhrmacher in die Hände gefallen
    wären?«
    Dreyfus hatte sie bisher belogen. Doch nun wurde sein
    Wunsch, die Wahrheit zu sagen, so stark, als wäre dies das Einzige, was er anständigerweise tun konnte. Er sprach
    langsam. Seine Kehle war trocken, als wäre er derjenige, der hier vernommen wurde.
    »Dusollier hat einen Abschiedsbrief hinterlassen. Darin stand: >Es war ein Fehler. Wir hätten es nicht tun dürfen. Ich bereue, diesen Menschen so schreckliches Leid zugefügt zu haben. Gott sei ihnen gnädig.<«
    »Ich verstehe trotzdem nicht. Was gab es denn da zu be-
    reuen? Er hatte doch keine andere Wahl.«
    »Das sage ich mir seit elf Jahren.«
    »Sie glauben also, es sei noch etwas geschehen?«
    »Es gibt da eine zeitliche Lücke. Den offiziellen Aufzeichnungen zufolge wurden die Atomraketen sofort abgeschos-
    sen, nachdem man Jane Aumonier herausgeholt hatte. Zu
    diesem Zeitpunkt wussten Dusollier und seine Präfekten, dass es für die eingeschlossenen Bürger keine Rettung gab und dass es nur eine Frage der Zeit wäre, bis der Uhrmacher in ein anderes Habitat entkäme.«
    »Und was ist das nun für eine Lücke?«
    »Es fehlen sechs Stunden«, sagte Dreyfus. »So lange wartete man tatsächlich, bevor man die Atomraketen zündete.
    Man versuchte die Unstimmigkeit zu vertuschen, aber in
    einer Welt, die so bis zu den Zähnen mit Monitoren ver-
    netzt ist wie das Glitzerband, lassen sich solche Dinge nicht verbergen.«
    »Aber müssten nicht gerade Sie als Präfekt herausfinden können, was in diesen fehlenden Stunden passierte?«
    »Auch Pangolin-Privilegien haben ihre Grenzen.«
    »Haben Sie daran gedacht, jemand anderen zu fragen?
    Zum Beispiel Jane Aumonier?«
    Dreyfus schmunzelte über seine eigene Schwäche. »Haben
    Sie jemals Ihre Hand in eine Kiste gesteckt, ohne zu wissen, was darin ist? So etwa ergeht es mir mit dieser Frage.«
    »Sie fürchten die Antwort.«
    »Ja.«
    »Und was fürchten Sie? Dass Valery noch vor der Zer-
    störung des SIKM auf andere Weise getötet worden sein
    könnte?«
    »Zum Teil vermutlich schon. Aber das ist nicht alles. Es gab da ein Schiff mit Namen Atalanta, das eingemottet worden war und jahrzehntelang im Glitzerband geschwebt
    hatte. Und plötzlich wurde es von Panoplia genau zum Zeitpunkt der Krise in eine Warteposition ganz in der Nähe des SIKM beordert.«
    »Warum hatte man das Schiff eingemottet?«
    »Es war ein weißer Elefant, finanziert von einem Konsor-tium demarchistischer Staaten, in der Absicht, sich von den Synthetikern vollkommen unabhängig zu machen. Das Problem war, dass der Antrieb nicht so gut funktionierte, wie er eigentlich sollte. Das Schiff unternahm nur einen einzigen interstellaren Flug, danach verabschiedete man sich vom Bau weiterer Exemplare.«
    »Und Sie glauben, es hätte sich

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