Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
Vom Netzwerk:
vorzüglich als Rettungs-boot geeignet.«
    »Der Gedanke ist mir gekommen.«
    »Sie meinen, Panoplia hätte versucht, in den fehlenden
    sechs Stunden diese Menschen herauszuholen. Man hätte
    das verlassene Schiff herangeholt, am SIKM angedockt und die Eingeschlossenen evakuiert.«
    »Oder zumindest den Versuch unternommen«, verbes-
    serte Dreyfus.
    »Aber dabei muss etwas schiefgelaufen sein. Warum hätte Dusollier sonst so viel Reue gezeigt?«
    »Ich weiß nur, dass die Atalanta ein Teil des Schlüssels ist. Mehr konnte ich bisher nicht herausfinden. Und im
    Grunde will ich auch gar nicht mehr wissen.«
    »Ich kann verstehen, warum Sie daran so schwer zu tra-
    gen haben«, sagte Delphine. »Seine Frau zu verlieren ist eine Sache. Aber wenn ihr Tod noch dazu von einem Geheimnis umgeben ist... Sie tun mir wirklich leid.«
    »Ich habe noch einen Teil des Schlüssels. Ich trage nämlich ein sehr lebhaftes Bild von Valery mit mir herum. Sie kniet auf der Erde, hat Blumen in den Händen und wendet sich mir zu. Sie lächelt mich an. Ich glaube, sie erkennt mich. Aber mit dem Lächeln stimmt etwas nicht. Es ist das geistlose Lächeln eines Säuglings, der in die Sonne schaut.«
    »Woher kommt diese Erinnerung?«
    »Das weiß ich nicht«, gestand Dreyfus. »Valery war noch nicht einmal eine passionierte Gärtnerin.«
    »Manchmal hält uns das Bewusstsein zum Narren. Viel-
    leicht ist es die Erinnerung an eine andere Frau.«
    »Es ist Valery. Ich sehe sie ganz deutlich vor mir.«
    Eine Pause trat ein. Als das Schweigen peinlich wurde,
    sagte Delphine: »Ich glaube Ihnen. Aber ich werde Ihnen wohl nicht helfen können.«
    »Es tut schon gut, darüber zu reden.«
    »Sie haben über diese Dinge noch nie mit Ihren Kollegen gesprochen?«
    »Die glauben, ich wäre schon seit Jahren über ihren Tod hinweg. Wenn sie wüssten, wie ich tatsächlich empfinde, hätten sie kein Vertrauen mehr zu mir. Das könnte ich nicht ertragen.«
    Diesmal dauerte die Pause noch länger. Endlich sagte
    Delphine: »Das glauben Sie nur.«
    Das Bild schien zwei Sekunden weit zurückzufahren,
    dann wiederholte sie die Worte mit genau der gleichen Betonung: »Das glauben Sie nur.«
    »Stimmt etwas nicht?«, fragte Dreyfus.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Delphine. Sehen Sie mich an. Ist alles in Ordnung?«
    Wieder fuhr das Bild zurück. Anstatt die Frage zu beantworten, sah sie Dreyfus nur angstvoll an. »Mir ist so komisch.«
    »Irgendetwas stimmt nicht mit Ihnen.«
    Diesmal kamen die Worte zu schnell, und ihre Stimme
    klang so hoch, als hätte sie Helium geatmet. »Mir ist so komisch. Etwas stimmt nicht mit mir.«
    »Mir scheint, Sie sind beschädigt«, sagte Dreyfus. »Vielleicht hängt es mit den Pannen an den Suchturbinen zu-

    sammen. Ich werde Ihre Realisierung anhalten und eine
    Konsistenzprüfung durchführen.«
    »Mir ist so komisch. Mir ist so komisch.« Sie redete immer schneller, die Worte überschlugen sich. »Mir ist so komisch mir ist so komisch miristsokomischsokomisch ...« Für einen Moment war sie wieder ganz die Alte, sprach mit normaler Stimme und in normaler Geschwindigkeit. »Helfen Sie mir.
    Ich fürchte, ich habe tatsächlich ... Probleme.«
    Dreyfus hob den Arm und zog den Ärmel zurück. Seine
    Lippen wollten schon das Wort >anhalten< formen.
    »Nein«, bat Delphine. »Halten Sie mich nicht an. Ich habe Angst.«
    »Ich werde Sie sofort nach der Konsistenzprüfung reaktivieren.«
    »Ich glaube, ich sterbe. Ich werde zerfressen. Helfen Sie mir, Präfekt!«
    »Delphine, was geht da vor?«
    Ihr Bild wurde flacher und begann zu verschwimmen.
    Ihre Stimme klang träge, geschlechtslos und basslastig. »Die Rückverfolgungsdiagnostik stellt fest, dass die Beta-Kopie im Begriff ist, eine Selbstlöschung durchzuführen. Progressive Blocküberschreibung in Partition Eins bis Fünfzig ist bereits in Gang.«
    »Delphine!«, rief er.
    Ihre Stimme war zäh wie Sirup und so tief, dass er sie
    kaum noch hörte. »Helfen Sie mir, Tom Dreyfus.«
    »Delphine, hören Sie mir zu. Ich kann Ihnen nur helfen, indem ich Ihren Mörder zur Verantwortung ziehe. Aber
    dazu müssen Sie mir eine letzte Frage beantworten.«
    »Helfen Sie mir, Tom.«
    »Sie sprachen davon, dass Anthony Theobald Besucher
    empfing. Was waren das für Leute?«
    »Helfen Sie mir, Tom.«
    »Wer waren diese Leute? Warum kamen sie zu ihm?«
    »Anthony Theobald sagte...«

    Sie verstummte.
    »Sprechen Sie weiter, Delphine.«
    »Anthony Theobald sagte ... wir hätten einen Gast. Einen Gast,

Weitere Kostenlose Bücher