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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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einem Hochofen.
    »Wenn jemand einen Handschuh hätte«, sagte sie, »wäre
    ich dankbar.«
    Sparver wusste, dass er von Glück reden konnte, nicht in einer Arrestzelle zu sitzen, aber er dachte nicht daran, jeder Konfrontation mit Gaffney aus dem Weg zu gehen, nur um
    sich nicht in Schwierigkeiten zu bringen. Dreyfus hatte ihm als Letztes den Auftrag gegeben, nach Clepsydra zu suchen, und er glaubte wie sein Vorgesetzter, dass sie sich noch irgendwo innerhalb Panoplias befinden müsse. Am besten
    begann er wohl in der Vernehmungszelle, wo Dreyfus zum
    letzten Mal mit der Synthetikerin gesprochen hatte. Sie mochte sehr gerissen sein und sich ausgezeichnet tarnen können, dennoch hielt er es für unwahrscheinlich, dass sie sich sehr weit von der Zelle entfernt hatte; bis zu einem der Zentrifugenringe war sie bestimmt nicht gekommen. Clepsydra mochte fähig sein, die Überwachungssysteme zu
    blenden oder zu verwirren, aber zurzeit wurde Unterricht abgehalten, und Sparver bezweifelte, dass sie sich so ohne Weiteres durch eine Schar von Präfekten und Kadetten hätte drängen können, die auf den Eintritt in die Standardschwer-kraftzonen warteten. Er hatte mehrere mögliche Verstecke vor Augen; nun ging es darum, sie vor den Agenten der Inneren Sicherheit abzusuchen und Clepsydra zu beruhigen, so gut es eben ging, damit er sie dann vor wild gewordenen Angehörigen der Organisation schützen konnte.
    Doch als er die Zugangswand der inzwischen leeren
    Vernehmungszelle erreichte, versperrten ihm zwei von
    Gaffneys Schlägern den Weg. Sparver versuchte, vernünf-
    tig mit ihnen zu reden, aber vergebens. Natürlich handelten die Agenten der Inneren Sicherheit in der aufrichtigen Überzeugung, Gaffney vertrauen zu können, aber das
    machte sie für seine Überredungskünste nicht zugängli-
    cher. Er hatte noch nicht aufgegeben, als Gaffney selbst erschien.
    »Ich dachte, wir hätten uns geeinigt, Präfekt Bancal. Sie stecken Ihren Rüssel nicht in meine und ich meine Nase
    nicht in Ihre Angelegenheiten, dann kommen wir glänzend miteinander aus.«
    »Wenn Ihre Angelegenheiten zu den meinen werden, ste-
    cke ich meinen Rüssel, wohin ich will. Und es ist doch wirklich ein hübscher Rüssel, finden Sie nicht?«
    Gaffney senkte die Stimme und knurrte drohend: »Trei-
    ben Sie es nicht zu weit, Bancal! Sie sind hier nur geduldet.
    Dreyfus schmückt sich vielleicht gerne mit einem Haus-
    schwein, aber Dreyfus wird dieser Organisation nicht mehr lange angehören, verlassen Sie sich drauf. Wenn Sie Ihr warmes Plätzchen behalten wollen, sollten Sie anfangen, sich neue Freunde zu suchen.«
    »Sie meinen, Freunde wie Sie?«
    »Ich sage nur, die Zeiten ändern sich. Jeder muss sich anpassen. Auch wenn geistige Beweglichkeit nicht gerade
    seine Stärke ist. Wie sind Sie eigentlich mit Ihrem Frontalkor tex zufrieden?«
    »Dreyfus hatte mit Clepsydras Verschwinden nichts zu
    tun«, sagte Sparver ruhig. »Entweder Sie haben sie weggeschafft, oder sie versteckt sich, weil sie weiß, dass Sie sie lieber tot als lebendig sähen.«
    »Sie schlagen ziemlich wild um sich, mein Sohn. Soll ich das nun als Anklage auffassen oder was?«
    »Wenn Sie ihr etwas angetan haben, werden Sie dafür be-
    zahlen.«
    »Ich suche nach ihr: Glauben Sie, ich würde mir die Mühe machen, wenn ich etwas zu verbergen hätte? Kommen Sie.
    Das Rätsel ist doch selbst für Ihresgleichen nicht so schwer zu lösen.«
    »Wir sind noch nicht fertig miteinander, Gaffney. Noch
    lange nicht.«
    »Gehen Sie Ihre Finger zählen«, höhnte Gaffney. »Und
    rufen Sie mich, wenn die Zahl zweistellig wird.«

    Michael Crissel musterte sich in der verspiegelten Oberflä-
    che der Toilettennische. Wenn er hinausging, durfte niemand sehen, wie ihm tatsächlich zumute war. Seine Haut
    war bleich wie ein Schlangenbauch, die blutunterlaufenen Augen erinnerten fast an einen Albino. Die Blässe kam
    wahrscheinlich ebenso von der stark entfeuchteten Atmo-
    sphäre an Bord des Kreuzers wie seine Würgeanfälle, sagte er sich, aber das war nur ein schwacher Trost. Die Übelkeit hatte ihn rasch und heftig überfallen und ihm kaum Zeit gelassen, die Nische zu erreichen.
    »Reiß dich zusammen!«, befahl er sich.
    Kr verließ die Toilettennische und schwebte durch das
    Schiff, vorbei an den Waffenschächten und den Mannschaftsquartieren, in den Versammlungsbereich, wo schon, In Raumanzügen und Panzerung in die Beschleunigungsgurte geschnallt, zusammengedrängt wie glänzend schwarze

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