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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Ende der Leine geschwebt. »Das hoffe ich.«
    Aumoniers sonst so ausdrucksloses Gesicht wurde streng.
    »Sie haben ihn doch nicht unter Druck gesetzt?«
    »Wir haben keine Zeit, um lange um den heißen Brei he-
    rumzureden. Wenn sich erst herumspricht, dass die Ultras Habitate abfackeln, haben Seraphim und seine Freunde viel mehr um die Ohren als ein paar sanfte Ermahnungen von
    mir.«
    Aumoniers Blick wanderte zu einem ihrer Displays zu-
    rück. Ihre Augen wurden glasig: Sie schien körperlich und in Gedanken Lichtsekunden entfernt zu sein. »Sie haben
    insoweit recht, als wir tatsächlich wenig Zeit haben. Noch gelingt es uns, die Katastrophe geheim zu halten, aber wir müssen von Stunde zu Stunde mehr Anfragen abwehren.
    Schon kursieren in den anderen Habitaten Gerüchte, dass etwas geschehen sein könnte. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis jemand beschließt, selbst nachzusehen, oder eine Anfrage schickt, die wir nicht mehr glaubwürdig beantworten können.«
    »Was dann?«
    »Dann wird es spannend«, verkündete Aumonier düster.
    »In diesem Fall bin ich froh, dass ich energisch aufgetreten bin. Wenn Seraphim wirklich so vernünftig ist, wie Sie sagen, kommen wir auf diese Weise vielleicht weiter.«
    »Wir spielen mit dem Feuer, Tom.«
    »Wir haben uns das Spiel nicht ausgesucht«, erinnerte er sie. »Aber wir werden dafür bezahlt.«
    Aumonier schwieg. Dreyfus dachte schon, er sei entlas-
    sen, sie hätte sich wieder der Wand mit den ständig wechselnden Displays zugewandt und ihn vergessen. Es wäre
    nicht das erste Mal gewesen, und er war nicht gekränkt.

    Doch als sie weitersprach, begriff er, dass sie nur nicht gleich den Mut gefunden hatte, um ein schmerzliches Thema an-zusprechen.
    »Tom, ich muss Ihnen etwas sagen. Über den Skarabäus.«
    »Ist es eine gute Nachricht?«, fragte er, obwohl ihr Ton das Gegenteil verhieß.
    »Nein, es ist keine gute Nachricht. Oder zumindest keine, die wir verstünden. Und damit ist sie für mich von vornherein schlecht.«
    »Erzählen Sie.«
    »Wissen Sie, was mich manchmal am meisten beunru-
    higt? Nicht, dass man mir das Ding nie mehr wird abneh-
    men können. Ich habe großes Vertrauen zu Demikoffs Team und seinen Fähigkeiten, vielleicht größeres Vertrauen als das Team selbst. Es sind die besten Leute, die ich mir wünschen konnte.«
    »Was beunruhigt Sie dann?«, fragte Dreyfus leise.
    »Dass ich vielleicht nie mehr träumen kann. Was ge-
    schieht, wenn man elf Jahre lang nicht geträumt hat, Tom?
    Kann mir das jemand sagen?«
    »Sie werden wieder träumen.«
    »Aber das wissen wir nicht mit Sicherheit. Wenn nun die Teile meines Gehirns, die für die Träume zuständig waren, durch die lange Untätigkeit verkümmert sind? Wenn sie von irgendeiner anderen Funktion mit Beschlag belegt wurden?
    So etwas kommt vor. Das Gehirn verdrahtet sich andauernd neu.«
    »Sie werden wieder träumen«, wiederholte er so bestimmt, als könnte er ihr damit die nötige Sicherheit geben.
    Aumonier schwieg lange, dann sagte sie: »Man hat festgestellt, dass sich im Innern des Objekts etwas verändert hat.
    Einzelne Teile haben sich verschoben. Ich habe es selbst ge-spürt. Man weiß nicht, was man davon zu halten hat.«
    »Hat Demikoff nicht gesagt, sie wüssten jetzt alles da-
    rüber?«

    »Das hat er nie behauptet, er sagte nur, sie wüssten genug, um es mir eines Tages abnehmen zu können.«
    Dreyfus betrachtete das Ding, das Aumonier im Nacken
    saß. Es war faustgroß und sah aus wie ein glänzender roter Käfer, der sich mit den Beinen festhielt und ein Dutzend steriler Krallen in ihre Haut bohrte.
    »Warum gerade jetzt?«, fragte er.
    »Wir standen in den letzten Tagen alle unter großem
    Druck. Demikoff sagt nicht viel, aber ich kann seine Gedanken erraten. Wir wissen bereits, dass der Skarabäus mein Rückenmark anzapfen und die Zusammensetzung meines
    Blutes messen kann. Außerdem vermuten wir, dass er mich trawlt, um festzustellen, ob ich einschlafe. Ich zweifle nicht daran - gelegentlich spüre ich seine Finger in meinem Gehirn. Ich denke, er hat jetzt genügend Material gesammelt, Tom. Er kontrolliert meine Stresswerte. Die haben nun eine bestimmte Grenze überschritten, und der Skarabäus hat
    entsprechend reagiert.«
    »Aber abgesehen von der Veränderung, von der Verschie-
    bung der Teile ist nichts passiert?«
    »Vielleicht lauert er nur darauf, dass meine Stresswerte noch höher steigen. Im Schlaflabor will mir niemand etwas sagen. Sie fürchten wohl, etwas

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