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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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der anderen Sitze links hinter ihm saß Sparver.
    »Hi, Boss.«
    Dreyfus war zu verdutzt, um sich zu ärgern oder gar wü-
    tend zu sein, weil man seine Anweisungen missachtet hatte.
    »Was machen Sie denn hier?«, fragte er.

    Sparver sah Pell an. »Was sagen Sie nun - redet man so
    mit seinem Unterpräfekten?«
    Aumonier schwebte allein im Raum und gab sich alle Mühe, sich auf die anstehenden Aufgaben zu konzentrieren, anstatt an Dreyfus' Flug nach Yellowstone zu denken. Sie
    hatte bis auf vier Displays alle Schirme in ihrer Sphäre abgeschaltet und diese vier so weit vergrößert, dass sie fast die gesamte Wandhälfte vor ihr ausfüllten. Sie zeigten die vier Habitate, in denen Thalia Ng das erste Update der Software für die Votenprozessoren installiert hatte: das Karussell New Seattle-Tacoma, das Stundenglas Chevelure-Sambuke,
    Szlumper Oneill und Haus Aubusson. Seit der Eingabe des Patchs vor mehr als sechsundzwanzig Stunden hatte man
    zu keinem dieser Staaten mehr Verbindung bekommen.
    Bisher war Aumonier davon ausgegangen, dass die Bürger
    am Leben und wohlauf waren, auch wenn sie unter einer
    neuen und möglicherweise repressiven Regierung standen.
    Wenn Aurora diese Menschen töten wollte, würde sie doch sicher den einfachen Weg wählen und die Luft entweichen lassen oder in einer ähnlich radikalen Aktion die Lebenserhaltungssysteme abschalten. Erst jetzt erkannte Jane
    den entscheidenden Fehler in ihren Überlegungen. Aurora wollte diese Menschen tatsächlich tot sehen, aber nicht, weil sie sie hasste, nicht, weil sie ein Hindernis für ihre Pläne darstellten, sondern weil sie keinerlei Verwendung für sie hatte. Und doch hatte sie sich, das ging aus Thalias Aussage klar hervor, große Mühe gegeben, die Ermordung
    der Bürger vor der Außenwelt geheim zu halten. Sie hatte auf der bewährten, althergebrachten Methode bestanden:
    keine einzelne Katastrophe, bei der, von ferne erkennbar, Luft oder Wärme freigesetzt wurden, sondern ein gewaltsamer Eingriff des Staates, ausgeführt von ihrer neuen Servomaten-Armee. Die Bürger waren zusammengetrieben, mit Lügen beschwichtigt und dann von den Maschinen hin-gerichtet worden. Schließlich hatte man ihre Überreste in noch größere Maschinen geschaufelt und in die materiefressenden Hochöfen der Produktionsanlagen befördert, wo sie eingeschmolzen und zu neuen Maschinen verarbeitet
    wurden.
    Aumonier verfluchte sich selbst. Sie hatte Aurora mit
    ihrem Zögern, gegen Habitate vorzugehen, von denen sie
    glaubte, dass sie noch lebende Bürger enthielten, direkt in die Hände gespielt. Wäre Thalia mit ihrem winzigen Trupp nicht entkommen, sie hätte immer noch nichts gewusst.
    Wahrscheinlich war in allen vier Habitaten niemand mehr am Leben. Selbst wenn einige Bürger sich versteckt hatten oder den Maschinen anhaltenden Widerstand leisteten, Panoplia konnte nichts mehr für sie tun.
    Bis auf eines, überlegte Aumonier. Panoplia konnte ihre Qualen jetzt beenden, bevor die Maschinen sie erreichten.
    Es war keine große Gnade, aber es war die einzige, die sie noch gewähren konnte.
    »Captains Sarasota, Yokosuka, Ribeauville und Gilden.
    Hier spricht Jane Aumonier. Ich gebe Ihnen hiermit die Erlaubnis, das Feuer auf die Ihnen bekannten Ziele zu eröffnen.«
    Diesmal wurde ihr Befehl nicht mehr hinterfragt. Nie-
    mand bezweifelte, dass sie es ernst meinte.
    »Atomraketen in Stellung gebracht und abgefeuert«, sagte Gilden.
    »In Stellung gebracht und abgefeuert«, meldete Yoko-
    suka.
    »In Stellung gebracht und abgefeuert«, kam es fast zeit-gleich von Sarasota und Ribeauville.
    Aumonier schloss die Augen, bevor der erste Blitz auf-
    zuckte. Obwohl sie nur die Übertragung auf dem Monitor
    sah, drang das grelle Licht der Atomexplosionen - insgesamt zwölf, drei pro Habitat - durch ihre Lider. Sie zählte zwölf rosarote Blitze.

    Als sie die Augen wieder öffnete, war von den Zielen
    nichts mehr übrig als vier langsam größer werdende Nebel-wolken: die atomisierten, ionisierten Überreste der Heimat von mehr als zwei Millionen Bürgern. In diesen Habitaten hatten Schönheit und Elend gewohnt, Glück und Traurig-keit, alle Facetten menschlichen Erlebens über einen Zeitraum von zweihundert Jahren. Zwischen zwei Atemzügen
    war alles ausgelöscht worden, verflogen wie ein Fieber-
    traum, als wäre es nie da gewesen.
    »Verzeiht uns«, sagte sie zu sich selbst.
    Wenig später erhielt sie die Bestätigung, dass die Käferströme von Aubusson und Szlumper Oneill

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