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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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abgerissen waren. Die
    letzten Käfer, die kurz vor dem Angriff die Produktionsanlagen verlassen hatten, durchquerten immer noch das All und strebten den prognostizierten Zielen zu, aber dort war die Evakuierung schon in vollem Gange. Aumonier wusste, dass nicht alle Bürger rechtzeitig herauszuholen waren, dass sie froh sein mussten, wenn sie siebzig Prozent auf die Schiffe brächten, bevor die Käferseuche ein weiteres Habitat an-steckte. Man tat, was man konnte, angesichts der Grenzen, die das Fassungsvermögen von Luftschleusen und Schiffen und die Hin- und Rückreisezeiten setzten. Ihre besten Leute hatten rund um die Uhr an dem Problem gearbeitet, und sie zweifelte nicht daran, dass sie noch den letzten Prozent-bruchteil herausgeholt hatten. Inzwischen war man bemüht, genügend Schiffe zu mobilisieren, um die Habitate jenseits von Auroras derzeitiger Expansionsfront auf andere Umlaufbahnen zu bringen, aber die technischen Anforderungen bei der Verlegung eines Stadtstaates mit einer Million Tonnen waren gewaltig, und Aumonier wusste, dass dies auf lange Sicht keine Lösung sein konnte. Die Käfer würden die jeweiligen Ziele allenfalls etwas später erreichen.
    Ihr Armband piepste. Sie blickte hinab und sah, dass es der Anruf war, auf den sie gehofft hatte.

    »Hier spricht Baudry, Generalpräfekt.«
    »Reden Sie, Lillian.«
    »Wir empfangen Berichte von der ZVK.« Aumonier hörte,
    wie Baudrys Stimme schwankte. »Sie ortet massive Schiffsbewegungen aus dem Parkenden Schwarm. Dutzende von
    Ultra-Schiffen, Generalpräfekt. Lichtschiffe, die aus den ihnen zugewiesenen Bahnen ausbrechen.«
    »Verlassen sie das System, Lillian?«
    »Nein.« Baudry wirkte nervös. »Einige von ihnen schon.
    Aber die meisten ... nein. Die meisten scheinen einem Kurs zu folgen, der sie ins Glitzerband bringt.«
    »Wie lange noch bis zu ihrem Eintreffen?«
    »Die ersten Schiffe werden in sechs bis sieben Stunden in den Raum um das Glitzerband eintreten, Generalpräfekt.
    Wenn wir an eine taktische Reaktion denken, müssen wir
    jetzt mit den Vorbereitungen beginnen. Systemschiffe müssen umgeleitet, mit Treibstoff versehen und bewaffnet werden ...«
    »Sie halten das Manöver für eine feindselige Geste?«
    »Was sollte es sonst sein? Seit Jahrzehnten gibt es immer wieder Bestrebungen seitens der Ultras, das Glitzerband unter ihre Kontrolle zu bringen. Jetzt, da wir mitten in dieser Krise stecken, halten sie ihre Zeit für gekommen. Sie wollen die Aurora-Katastrophe für einen eigenen Erobe-rungsfeldzug nutzen.«
    »Das glaube ich nicht, Lillian. Ich habe die Ultras um
    Hilfe gebeten. Ich habe die Bitte an Hafenmeister Seraphim geschickt. Seit Dreyfus' Abflug hatte ich nichts von ihm ge-hört, deshalb ging ich davon aus ... aber das war wohl ein Irrtum.« Aumonier hielt inne. Es war ein Fehler gewesen, die anderen Oberpräfekten nicht über ihre Kontakte zu Seraphim zu informieren. »Hat man Versuche unternommen,
    mit den anfliegenden Schiffen zu sprechen?«
    »Die üblichen Anfragen wurden gesendet, Generalpräfekt.
    Aber es kamen keine zufriedenstellenden Antworten.«

    »Das hat nichts zu sagen. Wir haben es mit Ultras zu tun.
    Die haben ihre eigene Art und Weise, an Dinge heranzugehen.«
    »Aber Generalpräfekt ... wir müssen mit dem Schlimms-
    ten rechnen.«
    »Ich werde mit dem Schlimmsten rechnen, wenn ich einen
    Hinweis auf feindliche Absichten habe. Bis dahin wird niemand auch nur einen Laserstrahl zur Entfernungsmessung
    auf diese Schiffe richten. Ist das klar?«
    »Klar«, schmollte Baudry.
    »Lillian, wir haben nicht einmal mehr vierzig Atom-
    raketen in unserem Arsenal. Meinen Sie wirklich, wir hätten große Chancen, wenn wir einen offenen Krieg mit den Ultras anfingen?«
    »Ich will nur sagen ... wir können ihnen nicht trauen.
    Man kann den Ultras nicht trauen. Das war immer ein Eckpfeiler unserer Politik.«
    »Dann ist es vielleicht Zeit, einen neuen Eckpfeiler aufzu-richten. Die Ultras sind intelligente Lebewesen, Lillian. Mag sein, dass sie uns nicht geheuer sind, mag sein, dass sie ganz andere Werte vertreten als wir, aber wenn man kurz davorsteht, von einer völkermordenden Maschinenintelligenz ausgerottet zu werden, verlieren solche Unterschiede doch sehr an Gewicht, finden Sie nicht auch?«
    »Ich halte Sie auf dem Laufenden«, versprach Baudry.
    »Tun Sie das. Ich habe heute nicht gerade meinen besten Tag, Lillian, und eines steht für mich vollkommen fest: Wir brauchen wirklich und wahrhaftig keine neuen Feinde

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