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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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aufge-
    füllt hatte. Doch an seinem tiefsten Punkt befand sich etwas, das dort nicht hingehörte. Dreyfus hätte es zunächst beinahe übersehen. Es war eine Rampe, die in die Tiefe führte, Boden und Seitenwände bestanden aus einem schwarzen Material, das geschmolzen war und nun glänzte wie karamellisierter Zucker. Stellenweise zeigten Risse und Verformungen, dass sich der Untergrund gesetzt hatte, aber für ein Bauwerk, das mehr als zweihundert Jahre hier draußen im Freien überdauert hatte, war es bemerkenswert gut erhalten. Die Rampe führte schräg in die Erde hinein und verschwand in einem Tunnel unter einem Flachdach, von dessen Rand das Ammo-niakeis in dolchähnlichen Spitzen und Zapfen herabhing wie ein Fallgatter. Dreyfus deutete auf die Mitte der Öffnung.
    Dort waren einige Zapfen etwa in Kopfhöhe abgebrochen.
    »In letzter Zeit war jemand hier«, sagte er. Aber da er nicht wusste, wie schnell die Stalaktiten wuchsen, konnte er nicht sagen, ob der Besuch vor Tagen, vor Jahren oder gar vor Jahrzehnten stattgefunden hatte.
    »Warum sehen wir uns nicht einmal drinnen um?«, schlug
    Sparver vor. »Ich liebe Gänge, die in unbekannte Tiefen führen.«

    Nichts wies darauf hin, dass ein Überwachungssystem
    ihre Ankunft bemerkt hätte. Sie überquerten mit knirschenden Schritten die letzten Meter des Oberflächeneises bis zur Rampe und stiegen dann vorsichtig zum Fallgatter
    hinab. Der Boden war schlüpfrig. Dreyfus duckte sich, um keine weiteren Stalaktiten abzubrechen. Sparver brauchte nur den Kopf ein wenig zu senken. Hinter der Öffnung
    führte die Rampe weiter in die Tiefe. Über die Akustiksensoren seines Druckanzugs hörte Dreyfus ein ständiges Rie-seln und Tröpfeln. Als es noch dunkler wurde, richtete er seine Helmlampe nach unten, denn in der Fahrbahndecke
    klafften tückische Spalten. Vermutlich war dieser Eingang einst für Fahrzeuge bestimmt gewesen, aber man sah, dass hier schon lange keine größere Maschine mehr herunter-gekommen war.
    Die Rampe endete nach fünfzig oder sechzig Metern vor
    einem breiten Rolltor in einer schwarzen Wand. Das Tor bestand aus mehreren Platten, die untereinander mit Schar-nieren verbunden waren und mit irgendeinem Mechanis-
    mus von der Decke herabgelassen wurden. Es war einen
    halben Meter über einem luftdichten Schlitz hängen geblieben, der wohl die unterste Platte hätte aufnehmen sollen.
    »Da war jemand ziemlich fahrlässig«, sagte Sparver.
    »Oder er hatte es eilig. Ob wir uns wohl darunter durch-zwängen können?«
    Sparver lag bereits auf den Knien. Er nahm einen Teil seiner Ausrüstung und seiner Waffen ab und schob sie vor sich durch den Spalt. Dann rutschte er auf allen vieren hinterher. »Die Luft ist rein«, rief er Dreyfus zu und stand ächzend auf. »Geben Sie mir herüber, so viel Sie können.«
    Dreyfus nahm die sperrigeren Teile seines Marschge-
    päcks ab und reichte sie seinem Unterpräfekten. Dann
    legte er sich auf den rissigen schwarzen Boden und zwängte sich unter dem Tor hindurch. Sein Rucksack schrammte
    gegen den Rand und verhakte sich, er erschrak und fürchtete schon, in eine Falle geraten zu sein und wie mit einem Schraubstock festgehalten zu werden. Doch dann kam er
    frei, rutschte vollends durch den Spalt, stand auf und stellte sich neben Sparver. Sein Anzug meldete keine Schäden,
    aber wäre das Tor nur zwei Zentimeter weiter unten gewesen, er wäre nicht durchgekommen.
    Dreyfus nahm seine Ausrüstung wieder auf und hoffte
    im Stillen, nicht noch öfter durch Spalten robben zu müssen. Sie standen offensichtlich in einer Frachtschleuse, die den Zweck hatte, die Fahrzeuge und schweres Gerät von
    Ops Neun nach draußen und wieder zurück gelangen zu
    lassen. In der gegenüberliegenden Wand befand sich ein
    ganz ähnliches Tor, aber das war fest verschlossen.
    »Wir könnten uns eine Öffnung schneiden«, schlug Spar-
    ver vor und tippte mit dem Handschuh auf den Schweiß-
    brenner an seinem Gürtel. »Oder wir können versuchen, es aufzubekommen. Was wir auch tun, falls sich in dieser Anlage auch nur ein einziges lebendes Wesen aufhält, machen wir uns laut und deutlich bemerkbar. Ihre Entscheidung, Boss.«
    »Versuchen Sie, dieses Tor aufzukriegen. Ich werde ver-
    suchen, das andere zu schließen. Ich möchte nach Möglichkeit vermeiden, die ganze Anlage mit Yellowstone-Luft zu überfluten.«
    »Sie werden doch mit Saavedra und ihren Freunden kein
    Mitleid haben?«, fragte Sparver skeptisch.
    »Sie haben die Gesetze

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