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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Gegenstände und Ge-räte, sogar zwei Notepads. Die Pads funktionierten noch, aber als Dreyfus eins davon aktivierte, konnte er den Text auf dem Schirm trotz seines Manticore-Privilegs nicht entziffern. Die Brandfackel-Einheit hatte wohl ein eigenes Si-cherheitsprotokoll.
    Sparver und Dreyfus stiegen in ihren unförmig gepanzer-
    ten Anzügen langsam über eine Treppe ein Stockwerk tie-
    fer. Die Räume dort waren meist größer und schienen zu
    Verwaltungszwecken und als Labors gedient zu haben. Es
    gab sogar eine Art Krankenstation, mit Glaswänden in mehrere Zellen unterteilt und mit einer eigenen, blassgrünen Beleuchtung. Altmodische Geräte unter Staubschutzfolien wirkten leicht bedrohlich oder wie abstrakte Kunstwerke.
    Die Folien waren morsch und vergilbt, aber den Maschinen darunter hatte das Alter wenig anhaben können.
    »Was ist aus den Leuten geworden, die früher hier wohn-
    ten?« Sparver flüsterte fast.
    »Hat man Ihnen in der Schule denn gar nichts beige-
    bracht?«
    »Nun aber mal halblang. Für ein Schwein sind schon
    fünfzig Jahre alte Geschichte.«
    »Sie verfielen dem Wahnsinn«, sagte Dreyfus. »Sie wur-
    den als befruchtete Eier im Bauch von Robotern hierher
    geflogen. Die Roboter brachten sie zur Welt und wollten sie zu glücklichen, gut angepassten Menschen erziehen.
    Was herauskam, waren glückliche, gut angepasste Psycho-
    pathen.«
    »Tatsächlich?«
    »Das ist eine Vereinfachung. Aber Kinder brauchen für
    eine gesunde Entwicklung normale Menschen um sich,
    von denen sie vernünftiges Sozialverhalten lernen können.
    Als die zweite Generation heranwuchs, kamen schon ei-
    nige sehr unerfreuliche pathologische Symptome zum Vor-
    schein. Zuletzt ging es ziemlich grausig zu.«
    »Auf welche Art grausig?«
    »Wie in diesen Horrorfilmen, wo die Türen mit der Axt
    eingeschlagen werden.«
    »Aber sie können doch nicht alle wahnsinnig gewesen
    sein?«
    »Das waren sie auch nicht. Aber es gab zu wenige stabile Gemüter, um die Gesellschaft zusammenzuhalten.«
    Über eine weitere Treppe gelangten sie auf die unterste Ebene mit den Wegen, den ausgetrockneten Teichen und
    den Aschebeeten. Dreyfus konnte sich vorstellen, dass dies einst ein angenehmer Ort für Mußestunden gewesen war,

    jedenfalls angenehmer als die drangvolle Enge, die überall sonst herrschte. Doch jetzt hatte er das Gefühl, den Frieden einer Krypta zu stören. Obwohl er sich sagte, vor ihm und Sparver hätten bereits die Brandfackel-Agenten den heiligen Ort geschändet, ließ sich der Eindruck, hier nicht willkommen zu sein, nicht vertreiben.
    Der Hof war von Räumen umgeben, die größer waren als
    in den oberen Etagen und viele Meter in den Fels hinein-reichten. Korridore drangen noch weiter in die Tiefen vor und bogen zu anderen Teilen von Ops Neun ab. Ganz am
    Ende eines solchen Gangs sah Dreyfus einen helleren Lichtschein, vermutlich ein weiterer Innenhof, vielleicht mindestens so groß wie der, in dem sie standen. Mehrere Gänge führten schräg in die Tiefe, ein Hinweis darauf, dass sich da unten noch weitere Wohnebenen befanden. Dreyfus blieb
    unschlüssig stehen. Welchen Weg sollte er nehmen? Er
    hatte erwartet, in der Zentrale irgendjemandem zu begegnen oder wenigstens einen Hinweis darauf zu finden, wo
    sich Menschen aufhielten. Doch bis auf die Panoplia-Utensilien, die sie gesehen hatten, zeugte nichts davon, dass sich derzeit überhaupt ein Mensch in diesem Stützpunkt befand.
    Er wollte schon anfangen, das weitere Vorgehen zu er-
    örtern, als Sparver ein ersticktes Schnalzen hören ließ, als sei ihm etwas im Hals stecken geblieben. Dreyfus fuhr zu seinem Untergebenen herum.
    »Sparv?«
    »Sehen Sie sich mal die Statue an, Boss.«
    Dreyfus hatte das Metallobjekt kaum beachtet, seit sie
    unten angekommen waren. Immerhin hatte er festgestellt, dass es tatsächlich das war, was er von oben vermutet
    hatte: ein stachliges schwarzes Ding aus einem Material wie Schmiedeeisen, das an einen Kaktus, eine Anemone oder
    eine ziemlich eckige Palme erinnerte, ebenso gut aber auch rein abstrakt sein konnte. Es ragte drei bis vier Meter hoch vor ihm auf und warf scharfe Schatten auf den Boden. Um einen zentralen Stamm waren strahlenförmig Dutzende von scharfen, klingenförmigen Blättern angeordnet, die meisten zeigten in Richtung Decke. Was Sparver nicht entgangen
    war - während er es übersehen hatte -, war ein menschliches Skelett, das vor der Plastik lag.
    Auch nach all den Jahren als Präfekt zuckte Dreyfus bei dem

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