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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
Vom Netzwerk:
vorausgesetzt, die angege-bene Eingangszeit der Nachricht in der Ruskin-Sartorius-Blase war auf zwanzig Minuten genau, sehe ich nur einen einzigen Netzwerk-Router, über den diese Daten gelaufen sein könnten.«
    »Nämlich?«
    »Sie haben wahrscheinlich noch nie davon gehört, Sir. Es ist ein frei schwebender Netzwerk-Router mit dem Namen
    Vorhut Sechs. Im Grunde nur ein Felsblock im Glitzer-
    band, in den eine automatische Signalübermittlung eingebaut wurde.«
    Dreyfus prägte sich den Namen ein. »Und Sie glauben,
    dieser Router hat alle Daten protokolliert, die er weitergeleitet hat?«
    »Jedenfalls so weit, dass er Ihnen sagen kann, woher
    die Nachricht kam, Sir. Selbst wenn der Ausgangspunkt
    ein anderer Router sein sollte, müssten Sie die Nach-
    richt damit bis zum ursprünglichen Sender zurückver-
    folgen können. Es wäre ungewöhnlich, eine Nachricht
    über mehr als zwei oder drei Zwischenstationen zu schi-
    cken.«
    »Die technischen Fragen müsste Sparver erledigen kön-
    nen. Per Fernabfrage ist das wohl nicht zu machen?«

    »Nein, Sir. Jemand muss persönlich anwesend sein.
    Aber Sie haben recht - Sparver wüsste genau, was zu tun ist.«
    »Davon bin ich überzeugt«, sagte Dreyfus.
    Damit unterbrach er ohne ein weiteres Wort die Verbin-
    dung und schickte sich an, seinen zweiten Unterpräfekten zu wecken.

    Sie sahen nicht aus wie intelligente Lebewesen, sondern wie vielfach verästelte neonrosa Korallen, riesige Bäume mit rätselhaften Kammern. Sekundenlang starrte Gaffney
    die dreidimensionalen Gebilde wie gebannt an. Der Anblick machte ihn sprachlos. Gefrorene menschliche Seelen, eingefangen im Licht, müssten etwa so aussehen. Nachdem
    die Originale aus Fleisch und Blut gestorben waren und keiner der drei sich einem Alpha-Scanning unterzogen hatte, stellten diese Beta-Kopien von Vernon Tregent, Anthony
    Theobald und Delphine Ruskin-Sartorius die letzte Verbindung zu den Lebenden dar.
    Panoplia mochte Beta-Kopien lediglich als Beweismittel
    wie Fotografien oder Blutflecken betrachten, aber Gaffney war da aufgeschlossener. Er war kein Anhänger der herr-schenden Meinung, wonach nur für Simulationen der Alpha-Stufe die Menschenrechte in vollem Umfang gelten sollten. Worauf es ankam, war allein die Wirkung nach außen, nicht das, was hinter der Maske vor sich ging. Deshalb störte es ihn auch nicht allzu sehr, dass er nicht genau wusste, was Aurora eigentlich war. Vielleicht war sie eher eine Maschine als eine lebende Person. Und wenn schon? Was zählte, war ihr Mitgefühl, ihre offenkundige Sorge um das Wohlergehen der hundert Millionen Seelen im Orbit um Yellowstone.
    Natürlich hatte er anfangs seine Zweifel gehabt.
    Sie war vor fünf Jahren zu ihm gekommen, vier Jahre
    nach seiner Beförderung zum Leiter von Panoplias Abtei-

    lung für Innere Sicherheit. Oberpräfekt war er schon seit Jahren gewesen, und noch einmal so lange hatte er im Au-
    ßendienst Hervorragendes geleistet. Er hatte Panoplia sein Leben geschenkt und nichts dafür verlangt als die Gewähr, dass seine Kollegen mit gleichem Eifer ihre Pflicht erfüllten wie er selbst. Er hatte sich mit seiner ganzen Identität der Idee des Dienens verschrieben, hatte auf Ehe und gesellschaftliche Verbindungen verzichtet und Disziplin und Selbstbeherrschung über alles gestellt. Panoplias martiali-sche Ideale, das Dasein eines Karrierepräfekten waren für ihn wie die Luft zum Atmen gewesen. Die Opfer, die ihm
    sein Beruf abverlangte, hatte er nicht nur hingenommen, sondern sogar begrüßt.
    Doch dann war etwas geschehen, was Gaffney veranlasst
    hatte, Panoplia und damit auch seinen eigenen Wert als
    menschliches Wesen in Zweifel zu ziehen. Man hatte ihn
    zu Ermittlungen in ein Habitat mit dem Namen Hölle-Fünf geschickt, wo man Unregelmäßigkeiten bei den Abstimmungen vermutete. Es war eine merkwürdige Welt, herum-
    gebaut um einen vollkommen halbkugelförmigen Felsen,
    der aussah wie ein entzweigeschnittener runder Asteroid.
    Auf der flachen Seite wie auch über der Polarregion ragten luftdichte Gebäude auf, eng aneinander gedrängte Wolken-kratzer, eingesponnen in ein Netz von belüfteten Korrido-ren. Früher war Hölle-Fünf ein Spielerparadies gewesen, doch dann war die Leidenschaft für das Glücksspiel aus der Mode gekommen. Danach hatte das Habitat mehrere zunehmend weniger einträgliche Geschäftsideen ausprobiert, bevor es sich für das Modell entschied, das Gaffney bei seinem Besuch hatte beobachten können. Schon wenige

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