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Aurum & Argentum (German Edition)

Aurum & Argentum (German Edition)

Titel: Aurum & Argentum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Saskia V. Burmeister
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und hielt sich an dem Griff des Reitsitzes fest, schon konnte es losgehen. Der Besen stieg höher und höher und dann sauste er voran über das Grünland. Leon sah den beiden einen Augenblick lang nach, dann raffte auch er sich auf, trabte vom Hügel hinunter und durch das wogende Meer aus Farnwedeln hindurch.
    „ Hoffentlich warten sie auf mich“, murmelte er und konnte die anderen kaum noch erkennen. Sein einziger Passagier hörte nicht wirklich zu, sondern schnupperte interessiert. Ein ihm wohl bekanntes Aroma wehte ihm um die Nase, er wurde ganz zappelig, fing an zu fiepen und auf Leons Rücken herumzutoben, das konnte nur eines bedeuten: seine Artgenossen waren nicht mehr weit. Leon stoppte im Galopp und hielt sich die Hand über die Augen, damit ihn die Sonne nicht blendete. In weiter Ferne sah er den Besen lustig auf- und abfliegen, wie einen ungebändigten Pegasus, etwas weiter links erblickte er die große Steinansammlung, von dort wehte scheinbar der Wind.
    Flux und Calep flogen in ihrem Übermut eindeutig in die falsche Richtung, Leon versuchte, sie mit Pfeifen zurückzubeordern. Er war so sehr damit beschäftigt, dass er gar nicht merkte, wie Beelzebub plötzlich innehielt und voller Angst die Ohren anlegte. Der Zeiger des Kompasses begann ungesehen wie wild zu rotieren und auch den drohenden Schatten bemerkte der Kentaur erst, als er genau über ihm war. Endlich wurde Leon auf die Gefahr aufmerksam, er riss den Kopf herum und sah ein Tier, das vom Himmel herab mit Adlergeschrei auf ihn niederstieß. Im letzten Augenblick erwachten seine Instinkte und er sprintete los. Haarscharf griffen die großen Klauen des Raubvogels an Leons Flanke vorbei ins Leere, er stieß einen Wutschrei aus, schlug kraftvoll mit den Flügeln, stieg ein Stück hinauf und nahm anschließend wieder die Verfolgung auf. Ein Blick über die Schulter verriet dem Gejagten, dass der Vogel noch nicht aufgab, also legte er lieber noch einen Zahn zu. Abermals erklangen die Adlerrufe, diesmal vermischt mit dem Fauchen eines Löwen. Denn zu Leons großem Pech war sein Verfolger nicht irgendein Geflügel, sondern ein Greif, vorne ein ganzer Adler, der Herr der Lüfte, und hinten ein halber Löwe, der Herrscher des Landes. Zusammen wurde daraus ein tödlich schneller und ungeheuer starker Karnivore, der es vor allem auf Pferdefleisch abgesehen hatte, aber auch Zweibeiner nicht verschmähte. Zudem war die Schläue der Greife sprichwörtlich und dieser hier war ein ganz hartnäckiger. Zwar versuchte es Leon mit allen Tricks, er schlug Haken und lief im Zickzack, dass er fast über seine eigenen Beine stolperte, doch der Greif ließ sich einfach nicht abhängen. Im Gegenteil, er startete einen neuen Versuch, stieß hinab und es war nur eine Sache von wenigen Millimetern, dass er Leon abermals verfehlte. Vor Schreck wurde der junge Mann kreidebleich im Gesicht, dabei hatte er nur ein paar Haare gelassen.
    Diesmal gelang es dem Raubtier jedoch nicht, schnell genug wieder an Höhe zu gewinnen, es war zur Landung gezwungen. Das verschaffte Leon zwar einen kleinen Vorsprung, doch sogleich erfuhr er, dass ein Greif ebenso behände auf der Erde wie in der Luft war. Zu Fuß nahm das Tier nochmals die Hatz auf, mit geöffnetem Schnabel war es ihm dicht auf den Fersen. Beelzebub schrie in Panik und Leon spürte, wie eine der Klauenfänge seine rechte hintere Fessel streifte, es war ein natürlicher Reflex, dass er ausschlug, eine Selbstverteidigungsstrategie seines Pferdeanteils. Doch der Verfolger war mit allen Wassern gewaschen, er kannte auch diesen Trick schon und bäumte sich schnell genug auf, Leon traf ihn nur ganz leicht am Brustbein. Keuchend holte er Luft, sein Herz schlug ihm bis zum Hals, sein Pferdeleib wollte weitersprinten, doch nun hatte sich seine Zweibeinerhälfte eingemischt und zu denken dauerte wesentlich länger, als sich von seinen Instinkten mitreißen zu lassen. Anstatt zu flüchten starrte er den Raubvogel an, dieser erhob sich noch immer auf seinen Hintertatzen und riss nun auch noch seine Vorderbeine in die Höhe, er wollte Leons schwachen Moment gnadenlos ausnutzen. Ein triumphierendes Brüllen und Kreischen kam aus seinem Rachen, Leon schloss zum Zeichen der Widerstandslosigkeit die Augen, seine eine Hälfte hatte sich ergeben und sah keinen Ausweg mehr, die andere, tierische, bäumte sich in einem letzten Akt der Verzweiflung auf, wurde aber sogleich von der Schwerkraft wieder zu Boden gezogen. Der Greif stand noch immer

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