Aurum und Argentum (2) - Die magischen Avatare (German Edition)
eine tiefe Stimme, „offenbar ist uns der Fang des Tages ins Netz gegangen.“ Der grüne Kobold, der auf dem Maultier thronte, stieg ab und warf einen prüfenden Blick in das Loch. Auch sein Partner trat heran, er sah aus wie ein hellhäutiger Elf, war allerdings kalkweiß im Gesicht, ein wenig gedrungen, hatte einen Überbiss und sehr langes weißblondes Haar. Seine Fingernägel waren ungepflegt und lang, seine Augen glühten, er trug schwere Stiefel und hielt einen langen Holzstab in der Hand, mit dem er nun in der Falle herumstocherte.
„Ein Rotkappen-Elf“, keuchte Flux in seinem Versteck, die Gelehrten stritten sich oft, ob diese Wesen nun wirklich Elfen waren, da sie für ihre Blutrünstigkeit bekannt waren und viele Merkmale von Kobolden aufwiesen. Oft einigte man sich, indem man sie als Bindeglied zwischen Elfen und bösen Kobolden einordnete.
„Was haben wir denn da?“, fragte die ölige Stimme der Rotkappe, die diesen Namen nicht ohne Grund trug, denn auch sie hatte das Markenzeichen auf dem Kopf, die Mütze, die mit Blut eingefärbt war.
„Ein Reiter mit Pferd, wie es scheint“, zischte der grüne Kobold und rieb sich die Hände.
„Dummkopf“, der Rotkappen-Elf gab ihm eine Kopfnuss, „sieh’ doch genauer hin, du weitsichtige Eule! Das ist etwas viel besseres.“ Leon wurde angst und bange, doch er schaffte es nicht, aus dem Loch zu entkommen. Nun rieb sich die Rotkappe die Hände. „Der wird uns eine Menge Geld einbringen. Vielleicht verkaufen wir ihn an einen Zirkus oder einen Bauern als Hilfskraft. Man könnte ihn natürlich auch zum Gladiatoren ausbilden und in der Arena den Löwen zum Fraß vorwerfen. Das Spektakel würde dem zwielichtigen Publikum sicher gefallen.“
„Warum behalten wir ihn nicht?“, kam es zurück und der Kobold kassierte eine erneute Kopfnuss.
„Dummkopf! Willst du den Klepper vielleicht zähmen?“ Der Grüne zog den Kopf ein:
„Vielleicht macht er ja freiwillig mit. Man sagt doch, Kentauren wären stark und wild, er könnte uns bei der Arbeit helfen.“ Angestrengt überlegte der Elf mit der roten Kappe und kam zu dem Schluss, dass sein Mitarbeiter gar nicht so Unrecht hatte.
„Wir holen die Beute erst einmal aus unserer Falle, dann sehen wir weiter“, entschied er schlussendlich und stieß seinen Stab erneut in Leons Rippen, danach sprang der Kobold zu ihm herab, starrte ihn einschüchternd an, band dann ein Seil um seinen Oberkörper und eines um seine Vorderbeine, alsbald kletterte der flinke Wicht an diesen Schnüren hinauf und sein Chef trieb Pferd und Maultier zur Eile an. Sie zogen an den Seilen und Leon mehr schlecht als recht aus der Grubenfalle, wo er schon von dem Rotkappen-Elf erwartet und mit einem Schlag gegen die Stirn begrüßt wurde. Als Flux das sah, reichte es ihm endgültig, da Pfeile und Bogen auf Leons Rücken verschnürt waren, beschloss er, den Fieslingen Feuer unter dem Hintern zu machen.
„Nicht doch!“, quietschte Kleopatra, doch Drac’o eilte bereits los, Hals über Kopf. Er merkte nicht einmal, dass er dem Maultier viel zu nahe kam, erst als es ausscheute und ihn traf, wurde er sich seines voreiligen Handelns bewusst. Der Jungdrache wurde zurückgeschleudert und Kleopatra zerrte ihn wieder hinter das Gebüsch.
„Was war das?“, zischte der Kobold, sah sich um und nahm Witterung auf.
„Bestimmt ist deine Mähre nur von einer Pferdebremse gestochen worden“, vermutete der Boss und starrte auf Leon herab, der am Boden lag und Kopfschmerzen hatte. Kleopatra hielt in ihrem Versteck die Luft an, der Kobold starrte genau in ihre Richtung, schon wollte er losmarschieren, doch der andere hielt ihn zurück. „Darum kümmern wir uns später. Nun ist erst einmal der Fang des Tages an der Reihe!“ Als Leon sich aufrichten wollte, bekam er erneut einen Schlag mit dem Stock gegen die Stirn. „Schön hiergeblieben“, zischte der Elf und starrte zu seinem Untergebenen, „können Kentauren überhaupt sprechen?“ Der Kobold zuckte nur mit den Schultern, er hatte noch nie mit einem gesprochen, war nur von einem verprügelt worden. „Wie auch immer. Verabschiede dich von deinem Leben in Freiheit. Von nun an wirst du ein Sklave sein, ob in einer Mine, dem Zirkus, der Arena oder auf dem Feld. Wir sind Wilderer und machen alles zu Geld.“ Abermals holte er mit dem Stab aus und nun verlor Leon das Bewusstsein.
Kleopatra zuckte zusammen, der Smaragddrache lag stöhnend neben ihr und konnte nichts unternehmen. Sie musste daran
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