Aus dem Feuer geboren (German Edition)
damit ihr das Nylon nicht gegen den Hals rieb. „Dann lass halt einen deiner Gedankenleser einen Blick in den Kopf des zuständigen Beamten werfen, um herauszufinden, was er denkt.“
Dante musste lachen. „Du scheinst zu denken, dass es viele von uns gibt, eine ganze Armee, auf die ich jederzeit zurückgreifen kann.“
„Etwa nicht?“
„Über die ganze Welt verstreut. Hier in Reno gibt es neun, mich eingeschlossen, und keiner von ihnen hat die Gabe der Telepathie.“
„Du meinst, du kannst nicht einfach deinen stärksten Telepathen anrufen und ihm sagen …“
„Ihr.“
„… ihr sagen, wie der Feuerwehrmann heißt, und dann könnte sie es von wo immer sie ist versuchen?“
„Die Telepathin ist meine Schwester Mercy, und sie könnte das nur so machen, wenn sie den Feuerwehrmann bereits kennt. Wenn sie ihn persönlich treffen würde, ginge es. Aber ein kaltes Lesen, aus einer Distanz von etwa zweitausendfünfhundert Meilen, bei einem Fremden? So funktioniert das nicht.“
„Das ist gut so, nehme ich an – ich meine, es sei denn, man will die Gedanken eines Fremden auf mehrere tausend Meilen Entfernung lesen. Und das bedeutet wohl auch, Gedankenlesen gehört nicht zu deinen Gaben?“ Sie hoffte es jedenfalls. Wenn er heute Morgen ihre Gedanken gelesen hätte …
„Wenn wir unsere Schilde füreinander lockern, kann ich telepathisch mit Gideon und Mercy kommunizieren – aber eigentlich fühlen wir uns wohler, wenn sie uns mit voller Kraft schützen. Mercy war zwar ein sehr neugieriges kleines Kind, aber als sie älter wurde, wollte sie selbst nicht mehr, dass wir ohne Warnung in ihrem Kopf herumspazieren.“
„Und was kannst du alles? Außer mit dem Feuer spielen und dieser Bewusstseinsgeschichte.“
„Sprachen. Ich verstehe jede Sprache, ohne sie je erlernt zu haben, Xenoglossie nennt sich das. Ziemlich praktisch auf Reisen … Hm … dass ich empathische Fähigkeiten habe, weißt du. Und ich kann etwas ziemlich Lustiges, nämlich kaltes Licht machen. Hexenlicht.“
„Das ist bestimmt praktisch, wenn der Strom ausfällt.“
„War es schon ein paarmal“, gab er mit einem Lächeln zu. „Es hat besonders Spaß gemacht, als ich noch ein Kind war, wenn meine Mutter mich gezwungen hat, ins Bett zu gehen und das Licht auszumachen.“
Diese Art von häuslichem Leben war ihr genauso fremd, als wäre er auf dem Mars aufgewachsen, und sie fühlte sich bei dem Gedanken leicht unwohl. Um von dem Thema abzulenken, sagte sie: „Noch irgendetwas?“
„Nicht in irgendeinem größeren Ausmaß.“
Sie wurde ruhig, überdachte die neuen Informationen. Es gab so viel, was sie über diese Dinge nicht wusste. So wie Dante über sich und seine Familie sprach, schien es so, als hätten sich die Gaben beim Älterwerden entwickelt und seien wie andere Talente auch durch ständige Anwendung gewachsen. Wenn sie anfing, mehr über ihre Fähigkeiten zu lernen, würde sie dann auch andere Seiten ihrer Gabe entdecken? Sie war sich nicht sicher, ob sie das wollte. Im Grunde war sie sich fast sicher, dass sie es nicht wollte. Genug war genug.
Jetzt, da sie nicht mehr in seinem Haus war, fühlte sie sich ausgeliefert und verwundbar. Auch wenn seine selbstherrliche Art, sie bei sich zu behalten, sie wütend gemacht hatte, war es vielleicht keine so schlechte Idee gewesen. Sie war dort von der Welt abgeschottet gewesen, hatte darüber nachdenken können, was es bedeutete, ein Mensch mit besonderen Gaben zu sein – auch wenn sie nur ein „Streuner“ war statt ein Raintree oder Ansara, was für sie ungefähr bedeutete, ein Volkswagen zu sein, statt vielleicht ein Jaguar. Aber sie hatte sich nicht beschützen müssen. Mit jeder Minute kamen sie Reno näher, und mit jeder Minute wurde sie nervöser. Als er den Jaguar auf den Highway hinaufjagte und sie sich dem dichten Verkehr anschlossen, war sie fast in Panik.
Alte Gewohnheiten und Verhaltensmuster waren schwer zu durchbrechen. Ein ganzes Leben aus Geheimhaltung und Vorsicht ließ sich nicht so einfach auf den Kopf stellen. Was sie sich leicht vorgestellt hatte, als sie allein gewesen war, schien in der wirklichen Welt vollkommen anders. Lornas Mutter war nicht die einzige Person in ihrem Leben gewesen, die so negativ auf ihre Fähigkeiten reagiert hatte. Dante konnte es so lange eine Gabe nennen, wie er wollte, in ihrem Leben war es immer mehr ein Fluch gewesen.
Sie fühlte sich auf einmal schwindelig, und ihr wurde schlecht bei dem Gedanken daran, in diese neue
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