Aus dem Leben eines plötzlichen Herztoten - Tagebuch eines Tagebuchschreibers
beobachten. Heute habe ich vierzehn Vögel gesehen, einen Buchfink, einen Kleiber und zwölf Kohlmeisen. Das ist etwas kümmerlich, aber dafür weiß ich jederzeit, wo ich einen Waldkauz beobachten kann. Ich wohne nur fünf Gehminuten von einem Waldkauz entfernt, der zuverlässig immer an derselben Stelle sitzt, vielleicht reicht das ja erst mal für einen Roman. Der Roman eines Mannes, der in seiner Aktentasche einen Waldkauz mit sich herumträgt.
Hesseforschung
Im schweizerischen Montagnola befindet sich das Hermann-Hesse-Museum. Von dort aus kann man auf den Spuren des Dichters einen Rundweg ablaufen. Der Text des Audio-Guides wurde so gestaltet, dass praktisch jedes Restaurant des Ortes Erwähnung findet. Man erhält außerdem schon an der zweiten von elf Stationen den Rat, doch ein wenig zu entspannen, und zwar im »San Francisco Bowling«. Hesse war ja, wie viele Schriftsteller, ein Suchender, und wahrscheinlich suchte er die Herausforderung des Bowlings. Auch Hermann Hesse könnte also für einen angehenden Romanautor als Vorbild dienen. Er war schon über vierzig, als es bei ihm schriftstellerisch richtig losging. Da verließ er seine Frau und seine drei Kinder und zog ins Tessin. So etwas würde ich nicht fertigbringen. Ich habe nur zwei Kinder.
2010
November
Begrabt meinen Nerz an der Biegung des Flusses
Der November ist ein grauer, häufig nebliger Monat, in dem man leicht sehr nachdenklich werden kann. Man macht sich dann durchaus mal Gedanken über Vergänglichkeit und Tod, und manch einer fragt sich in einer besonders besinnlichen Stunde vielleicht auch: wie bestatte ich eigentlich mein Haustier – wenn es denn mal soweit sein sollte. Denn natürlich möchte man ein Wesen, das einem möglicherweise mehr Freude bereitet hat als so mancher Ehepartner, angemessen auf die letzte Reise schicken. Es gibt deshalb inzwischen eine ganze Reihe Tierfriedhöfe in Deutschland, die sich des teuren Verblichenen professionell annehmen, man kann aber die ganze Angelegenheit auch selbst organisieren.
Kleinere Tiere dürfen auf dem eigenen Grundstück in mindestens 50 cm Tiefe beerdigt werden, sofern man nicht in einem Wasserschutzgebiet wohnt. Dafür bietet es sich an, unter www.haustiersaerge.de das passende Behältnis für die Beisetzung zu bestellen. Man findet dort Särge in neun verschiedenen Größen, die kleinsten für Hamster und Wellensittich (25 Euro + 8 € Versand), die größten für Bernhardiner und Deutsche Dogge (200 € + 20 € Vers.). Die Särge sind aus Sperrholz gefertigt und mit ökologisch abbaubarem Leim zusammengeklebt. Der Hersteller weist darauf hin, nicht erst bis zum »Tag X« mit der Bestellung zu warten und »rechtzeitig« zu ordern. Wahrscheinlich sollte man schon beim Kauf des Haustieres den dazu passenden Sarg erwerben und im Keller lagern. Benimmt sich der Dackel oder Hamster mal daneben, zeigt man ihm einfach den Sarg und deutet damit an, dass man auch andere Saiten aufziehen könnte. Das wird das Tier schnell zur Vernunft bringen.
An Autobahnen oder Bundesstraßen findet man oft sehr flache, sterbliche Überreste von Tieren, die sich nicht ohne weiteres identifizieren lassen. Da es sich aber um Haustiere handeln könnte, sollte man auch diese Überreste beerdigen. Sie können in handelsüblichen gepolsterten Briefumschlägen problemlos bestattet werden, aber selbstverständlich nicht in einem öffentlichen Briefkasten.
Wenn Sie an Seelenwanderung, also an den ewigen Kreislauf des Werdens und Vergehens glauben, dann können Sie Ihr Haustier auch einfach in die braune Tonne für Bioabfälle werfen. Das Tier wird damit schonend kompostiert und seiner Wiedergeburt als Fleischfachverkäufer, Makler oder FDP-Abgeordneter steht nichts im Wege. Besonders kleinere Tiere wie Meerschweinchen, Hamster, Rennmäuse oder Zwerghasen eigenen sich für diese Vorgehensweise.
Wer eine ganz besondere Form des Abschieds für den verstorbenen Hund, die Katze oder das Kaninchen sucht, dem bieten verschiedene chinesische Unternehmen einen bemerkenswerten Service an. Bringen Sie Ihren Dobermann oder Ihre Ratte sofort nach deren Ableben zum »Goldenen Drachen« oder in den »Grünen Bambus«. Sie können das Tier dann einen Tag später als Nr. 142 mit Glasnudeln und Austernpilzen bestellen und sparen sich damit auch die Kosten der Bestattung.
Diese Form des Totenkultes ist bei bestimmten Tieren an der Tagesordnung. Tausende Hühner sterben oft gleichzeitig und werden dann sofort zerlegt und in der
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