Aus dem Überall
und halfen den Mondhunden nach oben. Das Portal am Ende des Streifens stand offen, und sie betraten einen richtigen Warteraum, der obendrein beleuchtet war.
»Hoffentlich funktioniert der Lift!«
Während sie nach dem Liftschacht suchten, ertönte zu ihrem Entsetzen plötzlich ein lauter Gesang:
»Ho, ho, Roland!«
»Das ist kein Voder!« wisperte Pfirsichdiebin. »Irgendwo in der Nähe muß sich ein Mensch befinden.«
Sie kehrten um und entdeckten einen Mann, der halb auf einer der Ruhebänke lag und halb zu Boden gerutscht war. Als sie näherkamen, rissen sie erschrocken die Augen auf: Der Kerl sah grauenhaft aus. Dünne, verdreckte weiße Haarsträhnen umzottelten ein faltenübersätes, eingefallenes Gesicht; auch der Hals und die Arme waren welk und fleckig. Er trug Hosen und eine Jacke, die ausgefranst und schmutzig wirkten und seinen Körper lose einhüllten. Jakko dachte an die Tuchfetzen neben dem toten Ferrocil und erschauerte.
Der Fremde starrte sie aus tiefliegenden Augen an. Mit schwacher Stimme wisperte er: »Als der edle Ritter Roland starb, prophezeite er, daß man seinen Leichnam einen Speerwurf näher am Feind als alle anderen finden würde … Seid ihr zufällig echte Menschen? Dann wäre ich euch dankbar für einen Schluck Wasser.«
»Natürlich.« Jakko löste die Feldflasche vom Gürtel und wollte sie dem Fremden reichen, aber die Hände des Alten zitterten so stark, daß Jakko ihm die Flasche an die Lippen hielt. Ein fauliger Gestank stieg ihm in die Nase. Der Fremde trank gierig. Ein dünner Wasserstrahl sickerte ihm aus dem Mundwinkel. Die Mondhunde kamen zögernd näher und schnüffelten.
»Was ist mit ihm?« flüsterte Pfirsichdiebin, als Jakko zurücktrat.
Jakko hatte sich inzwischen besser in der Gewalt. »Ich glaube, er ist nur sehr, sehr alt.«
»Stimmt.« Die Stimme des Fremdlings klang jetzt kräftiger. Er starrte sie neugierig an. »Ich habe zu lange gewartet. Muskelerschlaffung.« Er legte eine Hand kraftlos auf die Brust. »Fibrilläres Zittern … – eine schöne Bezeichnung, findet ihr nicht? Meine Medizin ging zu Ende. Vielleicht habe ich sie auch verloren … Da ist ein kleines heißes Tier in meinen Rippen, das meinem Willen nicht mehr gehorcht.«
»Wir nehmen Sie mit zum Fluß!« erklärte Pfirsichdiebin.
»Zu spät, meine Herschaften, zu spät! Ich kann nicht mehr laufen, und ihr seid vermutlich nicht in der Lage, mich zu tragen.«
»Haben Sie noch genug Kraft zum Sitzen?« fragte Jakko. »Irgendwo müssen hier Rollstühle herumstehen – sie hielten immer welche für Verwundete bereit.« Er durchstöberte den Warteraum und hatte rasch gefunden, was er suchte.
Als er mit dem Rollstuhl zurückkam, hatte der Fremde die Blicke fest auf Pfirsichdiebin geheftet und murmelte in einer altertümlichen Sprache Worte vor sich hin, die Jakko nur zum Teil verstand: »… Die Brüste einer toten Maid bilden Hügel vor der Morgensonne.« Der Mann versuchte sich hochzustemmen, fiel aber keuchend zurück. Sie mußten ihn stützen und zu zweit in den Stuhl betten. Pfirsichdiebin rümpfte die Nase.
»Hoffentlich geht der Lift noch!«
Er ging, und sie befanden sich bald auf dem hochgelegenen Abflugdeck. Bereits in der vierten Parkbucht fanden sie ein startbereites Schiff. Es war eine kleine Inland-Fähre. Sie betraten die verglaste Passagierkabine. Der alte Mann saß zusammengesunken im Rollstuhl. Ein ekelerregender Geruch ging von ihm aus. Die Mondhunde liefen von Fenster zu Fenster und starrten in die Tiefe. Jakko nahm vor dem Steuerpult Platz.
»Lies mir die Anweisungen vor!« bat er Pfirsichdiebin.
Sie nickte. »Erstens – Steuerungshebel auf manuell umstellen – was immer das heißen mag! Aber sieh mal – da ist eine Skizze!«
»Gut.«
Das Ganze erwies sich als einfach. Sie gingen gemeinsam die Liste durch, verschlossen die Einstiegsluke, lösten die Halteseile, überprüften die Rotorfunktion und den Druck in den Gasbehältern und schalteten den Reaktor ein, der die Triebwerke aufwärmte und Heißluft für den Aufstieg erzeugte.
Während sie auf das Startsignal warteten, fragte Pfirsichdiebin den Alten, ob sie ihn an einen Fensterplatz schieben solle. Er nickte heftig. Als sie seinem Wunsch nachgekommen war, wisperte er: »Hinausschauen!« Sie stützte ihn mit Kissen, bis er aufrecht dasaß.
Das Startlicht blinkte. Jakko steuerte das Schiff sanft aus seiner Bucht, und es glitt in die Höhe. Der Computer zeigte Windstärke, Höhe und Aufstiegsgeschwindigkeit an,
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