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Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen

Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen

Titel: Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Mark;Benecke Benecke
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von der Tendenz geprägt, Nichtwissen und etwaige Erinnerungslücken mit Schlussfolgerungen und Mutmaßungen ausschließlich zugunsten des Angeklagten zu ergänzen, eigene Wahrnehmungen vermochte die Zeugin nicht zu schildern«, hieß es im Urteil. »Bei weiteren Nachfragen endeten die Angaben der Zeugin zu diesen wie weiteren Beweisfragen damit, dass sie jeweils angab, zum jeweiligen Zeitpunkt krank gewesen zu sein und deshalb nichts zu wissen.«
    Auch, dass die Kabelbinder an der Leiche irgendwann von einem Besucher des nun Toten mitgebracht worden sein sollten, hielt das Gericht für unwahr. »Nur die Kabelbinder, die von BP stammten«, so das Urteil, »hätten das kleine Metallplättchen gehabt, welches der Zeuge bei Inaugenscheinnahme des Vergleichskabelbinders sowie der Tatkabelbinder als markantes Merkmal beschrieb. Von jemand anderem als dem Angeklagten habe er derartige Kabelbinder nicht erhalten. In der Werkhalle, zu der der Angeklagte Zugang hatte und in der sich ehedem sein Büro befand, wurden bei einer Nachsuche in einer Schublade drei solcher Kabelbinder aufgefunden, wie sie zur Fesselung von Herbert Sch. verwandt worden waren.«
    Noch nicht einmal einen Raub lässt das Gericht gelten. Keineswegs sei die Wohnung durchsucht worden, sondern es soll geradezu Ordnung geherrscht haben: »Der Inhalt der Schränke, insbesondere der im Wohnzimmer (wo die Leiche lag), war geordnet.Die Wäschestücke lagen ausgerichtet neben- und auf Kante übereinander, auch andere Schrankinhalte waren geordnet einsortiert. Typische Spuren, die auf ein Durchwühlen oder intensives Suchen nach Geld, Wertgegenständen oder Ähnlichem schließen lassen, waren nicht vorhanden. Die mit der Tatortuntersuchung befassten Zeugen (Polizisten) gaben an, dass sie einen derartig aufgeräumten Tatort einer vermeintlichen Einbruchs-/Raubstraftat in ihrer beruflichen Laufbahn noch nicht vorgefunden hätten. Selbst das geöffnete 2-flüglige Schrankteil sowie die geöffneten Schubladen wiesen keine Spuren einer Suche auf, die darin befindlichen Gegenstände waren geordnet.
    Des Weiteren spricht gegen ein Raubdelikt oder die Handlung eines bei der Tat entdeckten Einbrechers die Massivität der Verletzungshandlungen, die mit unbedingtem Tötungswillen durchgeführt wurden: Gegen den schlafenden Herrn Sch. wurden vier wuchtige Schläge auf den Kopf geführt und zwei gezielte Stiche in die linke Halsseite mit einem etwa einundzwanzig Zentimeter langen Messer gesetzt. Spuren eines Kampfes fanden sich im gesamten Wohngebäude nicht.«
    Das passt nun wirklich nicht mit der Darstellung des Häftlings zusammen. Er hatte gesagt, die Wohnungseinrichtung sei »völlig durcheinander« gewesen. Nun ist das allerdings eine sehr relative Einschätzung. Ein Student in einer WG wird vielleicht eine andere Auffassung von Ordnung haben als ein akribischer Briefmarkenkenner in seinem Sammelschrank. Und könnte es nicht sein, dass der Täter ganz gezielt nach etwas suchte? Niemand hatte ja davon gesprochen, dass es ein zufälliger Einbrecher war. Stattdessen lautet die Version des Verurteilten, dass eine ihm bekannte Person, die er auch am Tatort gesehen haben will, nur einen ganz bestimmten Gegenstand entwenden wollte. Wenn das so ist, ist es überhaupt nicht verwunderlich, dass er nicht weitersuchte: Der Gegenstand befand sich nämlich in genau der Schrankwand, die auch tatsächlich offen stand – und er ist auch tatsächlich verschwunden.
    Zuletzt soll auch nicht stimmen, dass Herr M. und der Tote sich mochten: »In den letzten drei Jahren vor dem Tode von HerbertSch. verschlechterte sich das Verhältnis zwischen dem Angeklagten und Herbert Sch. gravierend«, so das Gericht. »Sie sprachen kaum miteinander und gratulierten sich nicht mehr zum Geburtstag. In der Öffentlichkeit erwähnte Herbert Sch. seinen Schwager so gut wie gar nicht, er behandelte ihn fast wie einen Fremden.«
    Sogar das Fehlen jeden Motivs hebelt das Gericht aus. Der Angeklagte sei »sehr erbost« darüber gewesen, dass sein Schwager das Grundstück nicht ihm, sondern seinem Neffen übertragen hatte, und »verlangte von Herbert Sch. die Rückgängigmachung der Grundstücksübertragung. Bei einem dieser Gespräche äußerte der Angeklagte gegenüber Herbert Sch. auch Drohungen, unter anderem dergestalt, dass er ihm ›die Jacke vollhaue‹. Auch bei anderen Gesprächen kam es zu Drohungen des Angeklagten gegenüber Herbert Sch.; Einzelheiten konnten insoweit nicht mehr festgestellt werden.

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