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Aus der Hölle zurück

Aus der Hölle zurück

Titel: Aus der Hölle zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tadeusz Sobolewicz
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einiges durchgemacht. Ich hab jemanden in der Schreibstube. Dort muß deine Nummer geändert werden. Wenn das geschehen ist, bekommst du deine zurück. Und der da mit der notierten Nummer«, zwinkerte er mir vielsagend zu, »wird als Toter gemeldet.«
    Ich verstand überhaupt nichts. Ich war vollkommen betäubt. Noch vor einer Viertelstunde hatte ich mich schon im Block 11 , im Bunker, in der Strafkompanie gesehen. Sollte es möglich sein, daß sie mich nicht erledigten? Woher hatte Wieczorkowski solche Beziehungen?
    Meine Gefährten nahmen mich in die Mitte und brachten mich auf die Stube. Wieczorkowski teilte seine Scheibe Brot mit mir. Der Schmerz nach den erlittenen Prügel breitete sich im ganzen Körper aus. Ich konnte es noch immer nicht fassen, daß ich gerettet sein sollte.
    Am nächsten Tag kam der Reichsführer SS , Himmler, persönlich zu einer Inspektion ins Lager. Die Blockältesten spielten verrückt, um ihre Stuben in Ordnung zu bringen. Im Falle einer Inspektion wollten sie so gut wie möglich abschneiden. Nach beendeter Besichtigung des Lagers stellte Kommandant Höß Himmler etwa 20  Häftlinge deutscher Nationalität vor – meist Kriminelle, die wegen guter Führung aus dem Lager entlassen werden sollten. Unter ihnen befand sich auch der Dolmetscher, der während des Appells meine Nummer in sein Notizbuch aufgeschrieben hatte. Als er seine Unterlagen in der Schreibstube ablieferte, war die Änderung der Nummer des Strafkompaniekandidaten kein Problem mehr. Dort arbeiteten mehrere Polen, die es – trotz der wichtigen von ihnen bekleideten Funktionen – so manches Mal verstanden, ihren Mithäftlingen im Lager zu helfen.
    Nach zwei Tagen streifte ich wieder die Kluft mit meiner eigentlichen Nummer über. Ich war wieder ich. Das Umnähen der Nummern war nur noch eine Kleinigkeit. Wieczorkowski hatte sein Wort gehalten und mich vor dem unweigerlichen Tod gerettet. Es lohnte sich, das alles zu ertragen, um am eigenen Leibe zu erfahren, daß es im Lager Leute gab, deren Herzen – trotz aller Gefahren – für andere schlugen. Durch diesen dramatischen Zwischenfall änderte sich meine innere Einstellung. Ich hatte erkannt, daß Menschen, die Gutes taten, es anderen ermöglichten, den Sinn des Lebens wieder zu entdecken.
     
    Es vergingen drei Tage. In meinem Block stellte der Schreiber eine Liste der innerhalb des Lagers eingesetzten Häftlinge auf. Auch ich stand auf der Liste. In den anderen Blocks wurden ähnliche Listen angelegt. Das bedeutete, daß Schreibstube und Arbeitseinsatz auf Anweisung der Lagerleitung einen Transport in ein anderes Lager vorbereiteten. Auschwitz krachte aus allen Nähten. Die Blocks waren überfüllt. Ein Teil der Häftlinge war nicht voll ausgelastet, während im Inneren des Reiches billige, zur Ausbeutung geeignete Arbeitskräfte gebraucht wurden. Es kreisten Gerüchte, daß der Transport nach Mauthausen gehen sollte. Es war mir klar, daß ich von der Verlegung bedroht war. Ich beschloß, am Abend »Teddy« im Block 24 aufzusuchen.
    Er stand gerade im Flur, als ich ihn traf. Er verließ mit mir den Block und sagte sofort: »Gut, daß du da bist. Morgen früh nach dem Antreten der Arbeitskommandos mußt du dich vor der Küche einfinden. Ich komme hin, und zusammen gehen wir zu Leo.« »Danke, das ist gut«, sagte ich. »Ich habe nämlich gerade Schwierigkeiten. In zwei Tagen soll ich mich bei der Schreibergruppe melden. Gleichzeitig wird ein Transport vorbereitet. Ich weiß selbst nicht, was ich davon halten soll.« »Teddy« unterbrach meine Zweifel. »Ja, ich hab was läuten hören. Na, und du, du hast den Appell verschlafen, was? Aber Schwamm drüber. Mach dir keine Sorgen. Es kommt alles in Ordnung. Ich habe dir schließlich mein Wort gegeben. Kopf hoch! Bis morgen«, klopfte er mir auf die Schulter und verschwand. Morgen sollte ich also anfangen, in der Küche zu arbeiten. Mein Lager-Wunschtraum sollte in Erfüllung gehen. Ich war so aufgeregt, daß ich den Lagerältesten Bruno, der gerade vorbeiging, beinahe angerempelt hätte. Im letzten Augenblick nahm ich dienstbeflissen die Mütze ab und ging ihm dann rasch aus den Augen. Ich hatte Angst, er könnte sich von dem unglückseligen Appell her an mich erinnern. Voller Spannung kehrte ich in meinen Block zurück. Die bevorstehende Veränderung rief begründete Unruhe in mir hervor.
    Am nächsten Tag fand ich mich, nach dem Appell, vor der Küche ein. Dort drückten sich mehrere Häftlinge aus dem Krankenbau

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