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Aus der Hölle zurück

Aus der Hölle zurück

Titel: Aus der Hölle zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tadeusz Sobolewicz
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retten.
    Schließlich kam der Tag, an dem ich den Krankenbau verlassen mußte. Ich wurde in den Quarantäneblock 23 verlegt, in dem der deutsche Kriminelle Hume Blockältester war. Sein Gehilfe war ein Deutscher mit Vornamen Kurt, ein invalider Rückfälliger, dem das linke Bein fehlte. Ihn, den Deutschen, hatte man nicht in unbekannte Richtung abtransportiert. Er war ein hübscher junger Mann, schön wie ein Filmschauspieler und raffiniert, was seine Methoden anbetraf, andere Menschen umzubringen. Mit seinen Krücken, auf denen er sich fortbewegte, schlug er auf die Häftlinge ein, und manchmal ermordete er sie aus dem geringsten Anlaß heraus, einfach zu seinem Vergnügen.
    Terror und Sadismus gegenüber den Häftlingen, wie sie in diesem Block herrschten, erinnerten an die schlimmsten Zeiten des Jahres 1941 in Auschwitz. Der hölzerne Block war eigentlich eine Pferdestallbaracke, in der man dreistöckige Pritschen für die Häftlinge aufgestellt hatte. Im Block waren etwa 400 Häftlinge verschiedener Nationalität untergebracht. Ein kleiner Teil davon arbeitete in den Steinbrüchen. Eine gewisse Zahl war zum Transport in ein anderes Lager oder in Außenkommandos vorgesehen. Eine gesonderte – aber die zahlreichste – Gruppe bildeten sogenannte Schonungsfälle, aus dem Krankenbau Entlassene, nörglerische Faulenzer und Entkräftete. Der Blockälteste hatte seine Freude daran, im Laufe des Tages Appelle anzusetzen, bei denen er seine Kräfte an den Häftlingen auslassen konnte. Dabei half ihm der einbeinige Kurt.
    In dem Block, in dem viele Schwache untergebracht waren, war es gar nicht so einfach, einen Appell durchzuführen. Die durch Krankheiten, Hunger und schwere körperliche Arbeit entkräfteten Häftlinge konnten sich nur mühsam bewegen. Sie in einer geordneten Kolonne antreten zu lassen, fiel schwer. Daher half der Blockälteste mit einem dicken Knüppel nach, mit dem er blindlings drauflosdrosch. Viele der unglückseligen Opfer spürten die Schläge wahrscheinlich gar nicht mehr, weil sie völlig apathisch geworden, gleichsam abwesend waren. Ihnen war es bereits ganz egal, was mit ihnen geschehen würde. Sie waren verdreckt, stanken und regten sich nur dann, wenn die Kessel mit der Lagerkost gebracht wurden. In Flossenbürg brachte man die Leute nicht in Massen um. Die Häftlinge starben systematisch, Tag für Tag, für sich allein, im Stillen. Die Leichen für das Krematorium wurden nicht nur vom Krankenbau geliefert, sondern auch vom Kommando im Steinbruch. Vervollständigt wurde die Zahl der Todesfälle durch die Quarantäne- und Schonungsblocks. Jeden Morgen trug der Ordnungsdienst des Blocks die Leichen von fünf bis zehn in der Nacht Verstorbenen hinaus.
    Ich hatte noch nicht sonderlich viel Kraft, aber nach einer Woche wurde ich zum Saubermachen und Fegen der Lagerstraßen eingeteilt. Zu Mittag und zum Abendappell kehrte ich in den Block zurück. Der Block 23 gehörte zu den schlimmsten des Lagers, und vom ersten Tag an, da ich dort gelandet war, überlegte ich, wie ich von dort fortkommen könnte. Im Nachbarblock 22 war es auch nicht besser. Ich sah selbst, wie der dortige Blockälteste, ein Österreicher, gemeinsam mit seinen Gehilfen Kranke und Entkräftete mit kaltem Wasser begoß und dabei zynisch brüllte: »Ich werde euch Flegeln Ordnung und Sauberkeit beibringen!« Die Szenen, die sich dort abspielten, waren grauenerregend.
    Gar nicht weit weg, gleich hinter dem Stacheldrahtzaun, lag das Krematorium. Wenn viele Leichen verbrannt wurden, legte sich der Qualm aus dem Schornstein des Krematoriums schwer auf die Quarantänebaracke und drang in alle Ecken. Der süßliche, ekelerregende Gestank bewirkte, daß die Häftlinge vor Übelkeit zu würgen begannen. Hume, dieser hinterhältige Sadist, stets sauber und elegant, immer in frisch geplätteten Hemden und Hosen, stieß auf dem Balken in der Latrine sitzende Schwächlinge mit dem Knüppel so an, daß sie in die Klogrube fielen. Wenn sie dann von dort herauskrochen, prügelte er sie zur Strafe, weil sie dreckig waren und stanken.
    Eines Tages, als der SS -Blockführer den Appell abnahm, machte er den Blockältesten auf den im Block herrschenden Gestank aufmerksam. Am nächsten Tag führte Hume zwei mit Kot beschmierte, schwache Häftlinge (er hatte ihnen selbst befohlen, sich damit einzuschmieren) zu Lagerführer Fritzsch. Er eröffnete ihm, daß sich die beiden gegenseitig des Beschmierens mit Exkrementen beschuldigten. Er aber, der es mit

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