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Aus der Spur

Aus der Spur

Titel: Aus der Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Smith
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erstklassiges Essen für dich raus. Shu ist ein Koch der alten Schule. «
    » Warum denn ausgerechnet ich? «
    » Das will sie mir nicht verraten. Ich hätte ihr wohl nicht erzählen sollen, dass wir wieder zusammenarbeiten. «
    ***
    Chang parkte direkt vor dem Haus. Die Tür schwang auf, noch bevor sie sie erreicht hatten, und Shu empfing sie in einer traditionellen schwarzseidenen Tracht mit Stehkragen und chinesischen Knöpfen.
    » Guten Abend, Master Paul. Willkommen, Master Rogers « , sagte Shu mit einer Verbeugung, die Nelson erwiderte. Shu verbeugte sich erneut, und Nelson machte es ihm nach. Chang schob seinen Partner durch die Tür.
    Sie folgten Shu ins Haus. Sofort hatte Chang das kräftige Sandelholzaroma der Räucherstäbchen in der Nase. Er folgte Nelsons durchdringendem Blick zu den wertvollen Jadefiguren, die in einer Vitrine standen.
    Nelsons Augen weiteten sich. » Sind die etwa… «
    » Han-Dynastie. Wir vermuten, dass sie etwa 100 vor Christus angefertigt wurden « , sagte Chang. Nelsons Aufnahmefähigkeit und sein Gedächtnis erstaunten ihn immer wieder.
    » Dagegen sieht deine Sammlung ja richtig mickrig aus. «
    Nelson hatte recht. Chang liebte seine eigenen Jadefiguren, aber im Vergleich zu diesen Schätzen waren sie nichts als Schnickschnack. » Mein Vater hatte sein Leben lang ein gutes Auge für Qualität. Mir wäre es nur lieber, sie würde das nicht so offen herumliegen lassen. «
    » Kommen Sie, meine Herren « , sagte Shu und wies auf die Doppeltür zum Speisezimmer.
    Chang betrat den Raum und lächelte seiner Mutter zu, die an der Stirnseite eines langen Rosenholztisches saß. Als sie sich erhob, kam ihr langes, wallendes Seidenkleid voll zur Geltung. Es war dunkelblau und mit rosafarbenen Pflaumenblüten verziert. Dazu trug sie eine Kette mit einem Drachenanhänger aus weißem Jade. Wie passend, dachte Chang. Schließlich bedeutete ihr Name, Tai Kai, unter anderem » die Drachenkönigin « . Chang mochte seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten sein, aber charakterlich kam er nach seiner Mutter.
    » Ich danke Ihnen, dass Sie mein Heim mit Ihrem Besuch beehren, Mr. Rogers. Es freut mich, Ihnen endlich von Angesicht zu Angesicht zu begegnen « , sagte Tai Kai. Ihr Englisch war ausgesprochen förmlich, fast altertümlich.
    » Sie dürfen mich gerne Nelson nennen. «
    » Es ist mir ein Vergnügen. Aber da ich älter bin als Sie, müssen Sie mich mit Mrs. Chang ansprechen. «
    Auf einen Wink ihrerseits verschwand Shu und kehrte mit einem Tablett dampfender Suppentassen zurück.
    » Schwalbennestersuppe « , sagte er.
    Nelson verzog das Gesicht.
    » Sie müssen die Suppe kosten. Ich versichere Ihnen, dass es Sie nicht umbringen wird « , sagte Tai Kai.
    Vorsichtig nippte Nelson an einem Löffel Suppe. » Schmeckt gut. «
    » Was habe ich Ihnen gesagt? Shu ist zu fast nichts mehr zu gebrauchen, aber er ist noch immer ein exzellenter Koch « , Sie schlürfte ihre Suppe.
    Chang leerte seine Schüssel bis auf den letzten Tropfen. Die Gewürze waren perfekt aufeinander abgestimmt. Shu stand die ganze Zeit über mit versteinerter Miene neben dem Tisch. Dennoch konnte Chang ihm ansehen, dass er stolz auf seine Kochkünste war. Gegen die Sticheleien seiner Mutter war der alte Mann längst immun.
    Shu räumte den Tisch ab, und Tai Kai verkündete: » Als nächstes Gericht wird Shu uns eine Peking-Ente servieren. Sie wurde selbstredend auf traditionelle Art zubereitet und nicht an den amerikanischen Geschmack angepasst. «
    » Das heißt, Haut und Fett sind noch dran. Das ist das Beste an dem ganzen Vogel « , sagte Chang. Shu war ein Virtuose, und Chang wünschte, er könnte seine Kochkünste öfter genießen.
    » Leisten Sie Ihrer Mutter oft beim Abendessen Gesellschaft, Nelson? « , bohrte Tai Kai. » Oder lassen Sie die Ihre auch einsam und alleine speisen, so wie Paul die seine? «
    Nelson zögerte und begegnete Tai Kais Blick.
    » Ich kenne meine Mutter nicht. Ich bin in einem New Yorker Waisenhaus und bei verschiedenen Pflegefamilien aufgewachsen.
    » Sie haben Familien gepflegt? « , fragte Tai Kai nach. Sie mochte ein hochgestochenes Englisch sprechen, aber sie verstand nicht immer jedes Wort. Chang erklärte ihr den Sachverhalt auf Mandarin, und sie nickte.
    Shu servierte das Hauptgericht, und alle drei aßen schweigend. Chang genoss Shus Küche aus vollen Zügen. Er konnte die Klänge einer von Tai Kais chinesischen Opern ausmachen, die gedämpft aus verborgenen Lautsprechern drangen.

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