Aus der Spur
«
» Es war Mord. Das sieht jeder, der Augen im Kopf hat. «
» Clearys Trauer macht ihn aber blind. Und Byrd nutzt das aus. «
» Also gut, was willst du von mir? «
» Bring Cleary auf der Stelle zur Vernunft. Dann kannst du ihm diese Telefonnummer zustecken. «
Chang nahm die Visitenkarte in Empfang. » Für mich hört sich das so an, als würdest du mich aus meinem eigenen Haus werfen. «
» Ich gehe ebenfalls, keine Sorge. Aber wenn wir mehr Zeit haben, komme ich vielleicht noch mal und bring dir deine Anziehsachen zurück. «
***
Chang starrte auf seine Ausgabe der Daily Post, während er darauf wartete, dass Nelson sich meldete. Sein Partner klang verschlafen.
» Wir haben ein Problem. «
» Schon wieder ein Mord? «
» Nein, trotzdem schlechte Nachrichten. Du hast die Zeitung noch nicht gelesen, oder? Und auch nicht Radio gehört? «
» Ich kann nicht gleichzeitig schlafen und lesen. Glaub mir, ich hab’s versucht. «
» Wir müssen heute Morgen Schadensbegrenzung leisten. Die Zeitungen sind voll mit Storys über den Mord an Heather Cleary und unseren Serienkiller. Byrd hat Ben Cleary weisgemacht, dass wir die Sache weitergetratscht hätten, und der hat die Gouverneurin aus dem Bett geklingelt. «
» Hast du mit Byrd geredet? Weiß er schon, dass ich auch dort war? «
» Vielleicht, aber das ist momentan egal. Wenn der nach seinen eigenen Regeln spielt, dann tun wir das auch. «
» Woher weißt du das alles? «
» Von einer heimlichen Verehrerin. Ich hol’ dich ab, und dann fahren wir zu Cleary. Wir müssen ihn davon überzeugen, dass seine Tochter ermordet wurde. «
» Und wer ist denn nun die undichte Stelle? «
» Nicht am Telefon. Hier geht es jetzt um Politik. «
» Ich dachte, das hätten wir alles in New York gelassen. «
» Ein paar Standards gibt’s überall. «
***
Chang erreichte Nelsons Haus in Rekordzeit. Warum konnte bei solchen Fällen nie das eigentliche Verbrechen im Mittelpunkt stehen? Chang hatte geglaubt, in Delaware würden die Dinge anders laufen. Aber die Sache mit dem » Eismann « war sein erster schwieriger Fall, und schon war er wieder der Außenseiter. Dem Schicksal waren Staatsgrenzen offenbar scheißegal…
Daisy bellte, als Chang klopfte, und sein Partner machte ihm auf.
» Hast du alles, was wir gestern Abend zusammengesucht haben? «
» Liegt schön sortiert auf dem Esstisch « , sagte Nelson, während er sein Haar mit einem nassen Kamm nach hinten zog.
Byrd war gestern nicht als Einziger schwer beschäftigt gewesen. Die Angehörigen der Opfer hatten bestätigt, dass die Nguyens ebenso wie Patel kurz vor ihrem Tod ein Auto bei Marlo Honda erworben hatten. Den Akten zufolge hatten auch die Hubberts und Midori dort ihre Wagen gekauft.
Aber was war mit Heather? Neues Auto, aber kein Honda. Wie passte sie in das Muster? Um das herauszufinden, mussten sie unbedingt mit Cleary reden. Zuerst würden sie ihn allerdings dazu bringen müssen, nicht länger lauthals mit einer Anklage zu drohen.
Unterwegs brachte Chang Nelson auf den neuesten Stand der Dinge.
» Irgendwer informiert also die Medien über den Fall. Mr. Cleary schlendert gegen fünf Uhr morgens aus seinem Haus und sieht die Morgenausgabe der Daily Post auf seiner Türschwelle liegen. Auf der Titelseite prangt ein Bild von seinem Haus, und darüber steht die Schlagzeile ›Serienmörder schlägt wieder zu!‹ Er ist sauer, und weil er Anwalt ist, will er Blut sehen. «
» Und dann erzählt ihm Byrd, dass alles deine Schuld ist, und Cleary knöpft sich die Gouverneurin vor? «
» Genau. Byrd nimmt an, dass das reicht, um mir den Fall zu entreißen. Und er glaubt, dass Spiker ihm den Rücken stärken wird. « Chang würde sich um den Colonel später Gedanken machen. Jetzt musste er sich erst einmal auf das Wichtige konzentrieren.
» Wie in alten Zeiten « , sagte Nelson.
Sie erreichten Clearys Haus kurz vor sieben. Aber sie waren nicht die Ersten.
Kapitel 35
Pech gehabt
» Das verstehen Sie also unter ›Unterstützung‹? « , polterte Patrick Flannigan so laut wie er konnte, ohne einen Hustenanfall zu riskieren. Er schlurfte im Bademantel mit der Morgenzeitung auf und ab. Seine Hände zitterten vor Wut.
» Pat, regen Sie sich ab. Das war eine brandeilige Geschichte. Wir haben auch unsere Informanten, wissen Sie. « Juri Krakows Akzent war Flannigan schon immer auf die Nerven gegangen. Bestimmt übertrieb der Kerl den osteuropäischen Einschlag, um » exotisch « zu wirken. Das hatte
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