Aus der Welt
gemacht hatten, war ich nicht mehr permanent wütend. Vielleicht war meine Wut schon vor der endgültigen Trennung verpufft. Vielleicht war ich so sehr darauf vorbereitet gewesen, dass der Schock ausblieb, als es tatsächlich so weit war. Ich akzeptierte nur resigniert, was ohnehin hatte passieren müssen. Ich konnte mir nicht länger vormachen, dass das nicht von Anfang an ein Riesenfehler gewesen war.
Aber immer, wenn ich meine Tochter ansah, wusste ich gleichzeitig, dass ich diesem »Fehler« das größte Geschenk überhaupt zu verdanken hatte. Vielleicht konnte ich den ganzen Mist nach dem Scheitern unserer Beziehung nur ertragen, weil Emily so wunderbar war.
Es vergingen Wochen, dann Monate. Ich hörte kein Wort von ihm. Einerseits staunte ich über seine Kaltblütigkeit. Wollte er den Kontakt zu seiner Tochter etwa nicht aufrechterhalten? Oder mir wenigstens die eine oder andere E-Mail schicken, um sich zu erkundigen, was in ihrem Leben so passierte? Andererseits war ich froh, dass er jeglichen Kontakt abgebrochen hatte und verschwunden war. Das machte es mir leichter, ihn zu vergessen.
Ich unterrichtete das Sommersemester an der New England State. Emily und ich verbrachten eine Woche in einem gemieteten Cottage am Ufer des Lake Champlain. Obwohl ich sie mühsam dazu überreden musste, schaffte ich es, meine Tochter an einem besonders heißen Tag ins Wasser zu locken, und zeigte ihr das erste Mal, wie man sich auf dem Rücken treiben lässt.
Verständlicherweise war sie anfangs sehr nervös. Aber dann versicherte ich ihr, dass ich sie niemals untergehen lassen würde.
»Du hältst mich über Wasser?«, fragte sie.
»Ich werde dich immer über Wasser halten.«
Wenn ich ehrlich bin, hältst auch du mich immer über Wasser.
Es war eine sehr unaufgeregte, angenehme Woche – aber eben nur eine Woche. Ich nahm mir vor, mir im nächsten Jahr den ganzen Sommer freizunehmen und mit meiner Tochter für ein paar Monate nach Paris zu gehen. Erst recht, wenn das Geld von Fantastic Filmworks käme.
Natürlich blieb Adriennes Versprechen, mir das Geld zurückzugeben, folgenlos. Ich schickte ihr ein paar unfreundliche E-Mails. Keine Antwort. Also stattete ich Mr Alkan in seinem kleinen Büro in Somerville einen Besuch ab. Er hörte sich meine Geschichte an und las sich den Vertrag durch, den ich mit Fantastic Filmworks geschlossen hatte.
»Ich wünschte, Sie wären damit zu mir gekommen, bevor Sie ihn unterschrieben haben«, sagte er.
»Das wünsche ich mir auch. Können Sie irgendetwas unternehmen, damit sie ihr Versprechen einlösen und mir meine Investition zurückzahlen?«
»Ich könnte ihnen einen Brief schicken, in dem steht, dass ihr Erfolg mit dem Verleih des Films durch die Presse ging. Und dass sie Sie deshalb auszahlen sollten. Aber rein vertragsrechtlich haben sie damit noch bis zum ersten Dezember Zeit. Aber wenn Sie ihnen eine Warnung zukommen lassen wollen …«
»Ja, bitte.«
Der Brief, den Alkan schickte, war knapp und sachlich. Er forderte nicht nur die sofortige Zahlung – zumal Miss Clegg meiner Mandantin schon vor drei Monaten mündlich die volls tändige Rückerstattung ihrer Investition zugesichert hat –, sondern auch mein Recht ein, als Firmeninhaberin Einsicht in ihre Bücher zu nehmen und mir die bis heute angefallenen Ausgaben anzuschauen.
Adriennes Antwort war kurz und nicht sehr freundlich.
Sehr geehrter Mr Alkan,
ich kann mich nicht daran erinnern, Ihrer Mandantin eine Rückerstattung ihrer Investition vor dem Fälligkeitsdatum erster Dezember versprochen zu haben. An diesem Tag werde ich ihr auch Einsicht in sämtliche Bücher geben. Weitere Versuche, schon vorher Geld von Fantastic Filmworks zu fordern, werde ich ignorieren, da Ihre Mandantin nicht dazu berechtigt ist, vor dem ersten Dezember irgendwelche Ansprüche anzumelden.
Alkan meinte, er könne versuchen, Druck auszuüben, indem er sie mit einer Flut von Schreiben überzog, gab aber zu bedenken, ob ich wirklich Tausende von Dollar Anwaltskosten anhäufen wollte, wenn die Wahrscheinlichkeit groß war, dass ich vor dem vertraglich zugesicherten Datum ohnehin kein Geld sehen würde.
»Irgendwie wusste ich, dass es so enden wird, als ich das Geld rausgerückt habe«, sagte ich.
»Es ist wahrscheinlich schwierig, nicht in die bessere Hälfte zu investieren.«
»Er war nie meine bessere Hälfte«, sagte ich wütend, was auch Alkan nicht entging.
»Wenn Sie das tröstet«, sagte er, »werde ich für diese Beratung kein
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