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Aus der Welt

Aus der Welt

Titel: Aus der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Kennedy
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Familie Schweigegeld zu zahlen. Dann wirst du in den tiefsten Westen versetzt, und zwei Mädchen werden genau in der Stadt vermisst, in der du amtierst. Aber deine Kirche unternimmt nichts. Vielleicht – wie das Internet mir schnell verriet –, weil deren Familien nichts mit der Pfingstgemeinde zu tun hatten. Und als dann Ivy MacIntyre verschwindet, hängst du das Verbrechen ihrem armen Vater an. Einem Mann, der weder sich noch seinen Alkoholkonsum kontrollieren kann und deshalb ein leichtes Opfer ist. Der perfekte Sündenbock.
    Ich umklammerte den Computertisch und versuchte, meiner Wut und Verzweiflung Herr zu werden. Am liebsten hätte ich Sergeant Clark angerufen, um ihm von meinen neuesten Erkenntnissen zu berichten. Aber dann riskierte ich, wegen eines Verstoßes gegen meine Sondermaßnahme belangt zu werden. Am besten, ich behielt die Sache vorerst für mich. Am besten …
    Ich sah auf die Uhr. Es war erst vier. Ich rief bei der Autovermietung an und fragte, ob ein Fahrzeug zur Verfügung stünde. Man sagte mir, ich könne in einer Viertelstunde einen Corolla bekommen. Ich bezahlte die Stunden im Internet. Ich verabschiedete mich von dem Typen am Tresen, der in irgendeine Gothic-Website vertieft war. Als ich zur Tür ging, meinte er: »Mach’s gut.«
    Doch was das betraf, hatte ich so meine Zweifel.
    Eine halbe Stunde später bahnte ich mir meinen Weg durch die übliche Rushhour. Die Tage wurden jetzt länger, sodass es noch hell war, als ich die Vororte nach einer Stunde endlich hinter mir ließ. Ich stellte den Sender CBC 2 ein und machte das Radio wieder aus, als um fünf und um sechs Nachrichten kamen. Ich wollte nichts mehr über den Fall hören. Ich wollte schleunigst nach Townsend und dann …
    Dann was? Ehrlich gesagt, hatte ich nicht die geringste Ahnung. Zu Coursen fahren, an seine Tür klopfen und sagen, dass ich über seine Sauerei mit Kelly Franklin Bescheid wisse? Daraufhin würde er sofort Sergeant Clark benachrichtigen. Und die Franklins, denen wegen des Schweigegelds die Hände gebunden waren, würden auch nicht mit dem Finger auf Coursen zeigen. Ich dagegen würde mir eine Anzeige wegen wiederholter Ermittlungsbehinderung einhandeln.
    Nein, ich konnte Coursen auf keinen Fall mit meinem Wissen konfrontieren. Doch was, wenn ich ihm nachspionierte, um zu sehen, was er in seiner Freizeit so trieb? Das könnte etwas bringen.
    Aber wie sollte ich ihm folgen, ohne gesehen zu werden? In so einem kleinen Ort fällt ein Fremder sofort auf, erst recht in einem Auto, das mit einem riesigen Avis-Aufkleber verziert ist. Und da ich es im dortigen Restaurant sowie bei Coursen bereits zu einer gewissen Berühmtheit gebracht hatte …
    Insofern hatte ich keinen Plan, keine Ahnung, wonach ich eigentlich suchte. Ich wusste nur, dass ich es irgendwie schaffen musste, Coursen auf Schritt und Tritt zu verfolgen. Aus irgendeinem Grund war ich mir sicher, dass er mich zu ihr führen würde. Und da er Kelly Franklin nach der Entführung am Leben gelassen hatte …
    Sie war allerdings schon nach zehn Tagen wieder frei – vielleicht war sie geflohen. Warum sollte Coursen Ivy drei Wochen am Leben lassen?
    Andererseits hatte er letzte Woche bei dem Interview gesagt:
    »Sie ist nicht tot.«
    Doch vielleicht hatte er nach Georges Selbstmord auch kurzen Prozess mit Ivy gemacht:»So tragisch das auch ist, müssen wir doch annehmen, dass sie tot ist.«
    Weil du sie getötet hast?
    Ich erreichte Townsend gegen sieben und fuhr direkt zu Coursens Kirche. Ich hatte Glück. Der Parkplatz war voll, und in der Kirche brannte Licht. Angesichts des Geschreis und Getöses, das herausdrang, sprachen sie wahrscheinlich gerade in Zungen und lobpreisten den Herrn. Ein Schild neben dem Kirchenportal warb für » Montagswunder: Heute Abend um 19 Uhr! «
    Auch auf mich wartete ein Wunder: Larry Coursens Landrover – den ich dank des Preacher-Man -Aufklebers sofort erkannte – stand an seinem üblichen Platz. Da niemand weit und breit zu sehen war, konnte ich hinfahren und hineinsehen. Nichts Ungewöhnliches, außer dass sich auf dem Beifahrersitz alte Zeitungen und leere Pappbecher von McDonald’s und Burger King häuften. Überall auf dem Rücksitz lagen DVD -Hüllen, auf denen ein großer, grinsender Larry Coursen die Hände zum Himmel streckte. Über ihm prangte die Überschrift: » Täglich ein Wunder mit Larry Coursen! « Ich zog an der Wagentür und stellte fest, dass sie offen war. Ich befand mich hier schließlich in einem

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