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Aus der Welt

Aus der Welt

Titel: Aus der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Kennedy
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das.«
    »Und der neue Typ, dieser Spinner – ihn werden Sie also auch verlieren?«
    »Das habe ich nicht vor. Aber man weiß nie …«
    »Das klingt aber nicht so, als ob Sie ihn genauso lieben wie den Professor.«
    »Es ist einfach … anders.«
    »›Anders‹ ist keine Liebe.«
    Meine Mutter sagte etwas ganz Ähnliches, als ich ein paar Wochen später Theo mitbrachte, um ihn ihr vorzustellen. Ich hatte sie darauf vorbereitet – oder hatte es wenigstens versucht –, indem ich zwei Wochen vorher anrief und ihr mitteilte, dass ich schwanger sei. Erwartungsgemäß nahm sie das gar nicht gut auf – nicht nur, weil ich »ein uneheliches Kind« bekam, sondern auch, weil ich es ihr erst drei Monate nachdem ich es selbst erfahren hatte, erzählte.
    »Und du hast bis jetzt gewartet, um mir das zu sagen?«, fragte sie ernsthaft beleidigt.
    »Ich wollte mir erst sicher sein, dass ich das Kind nicht verliere.«
    »Nein – du wolltest die Neuigkeit nur nicht mit mir teilen.«
    Schweigen.
    »Und der Vater …?«, fragte sie schließlich.
    Ich erzählte ihr ein wenig über Theo.
    »Er klingt … anders.«
    Anders. Schon wieder dieses Wort.
    »Er ist ein ganz besonderer Mensch.«
    »Jetzt mache ich mir erst recht Sorgen.«
    »Möchtest du ihn kennenlernen oder nicht?«
    »Natürlich möchte ich Theo kennenlernen.«
    Zwei Wochen später, als Theo und ich in meinen Mazda stiegen (mein dicker werdender Bauch verwies bereits darauf, dass der kleine Sportwagen bald gegen eine Familienkutsche eingetauscht würde), schwor ich mir, alles dafür zu tun, dass dieses Wochenende bei Mom harmonisch verlief. Aber als wir ihr Haus in der Pleasant Street in Old Greenwich erreichten, sah ich, wie Mom sichtlich erschrak, als sie den Vater ihres zukünftigen Enkelkinds zum ersten Mal sah. Und auch, dass Theo die schmucklose Einrichtung, die abblätternde Tapete und die Möbel in sich aufnahm, die schon seit dreißig Jahren nicht mehr erneuert worden waren. Und dann war da noch die Verfassung meiner Mutter, die noch vereinsamter und niedergeschlagener über die Gleichgültigkeit der Welt zu sein schien als je zuvor. Ich bekam Schuldgefühle, als ich sah, wie eingefallen und traurig sie wirkte. Also umarmte ich sie und sagte ihr, wie sehr ich mich freute, sie zu sehen. Aber sie reagierte nur amüsiert distanziert. Ja, sie verkrampfte sich regelrecht, als ich sie umarmte, und stieß mich dann mit einem leichten, aber sichtbaren Schubser von sich, während mir ihr vorwurfsvoller Blick verkündete: »Glaub bloß nicht, dass du vor diesem Typen so tun kannst, als hätten wir ein gutes Verhältnis. « Der tiefe Graben zwischen uns war so fest zementiert, dass unser Verhältnis nur noch aus Abwehr und kaum verhohlenem Schmerz bestand.
    »Sie sind also derjenige, welcher«, sagte meine Mutter und musterte Theo bedächtig.
    »Ja, Ma’am«, erwiderte Theo strahlend. »Genau der bin ich.«
    »Na dann, herzlichen Glückwunsch.«
    Theo erwies sich als äußerst geschickt im Umgang mit solchen Bemerkungen und sorgte für eine heitere, entspannte Atmosphäre.
    »Wissen Sie, Jane hat ihrem Vater und mir mal gesagt, dass sie nie heiraten und Kinder bekommen will«, sagte Mom über dem Hackbraten, den sie für uns gemacht hatte.
    Ich wusste, dass Mom wieder mit dieser verdammten Geschichte ankommen würde, ja dass sie nur auf einen geeigneten Moment gewartet hatte, Salz in die Wunde zu streuen. Aber ich hatte Theo bereits vorbereitet und ihm vor unserer Fahrt davon erzählt. Er reagierte fantastisch.
    Nachdem er ihr zugehört hatte, sagte er: »Das ist aber eine traurige Geschichte, Miss Howard. Doch wissen Sie was? Dasselbe habe ich meinen Eltern auch erzählt – und die haben sich nicht getrennt. So gesehen hängt es wohl in erster Linie davon ab, wie gut oder schlecht eine Ehe ist. Oder davon, wie viel Schuld man anderen aufgrund eigener Probleme in die Schuhe schieben will.«
    Das alles sagte er mit einem freundlichen Lächeln. Ich konnte sehen, dass die deutlichen Worte hinter dem freundlichen Ton Mom sofort entwaffneten. Als er sich entschuldigte, um zur Toilette zu gehen, beugte sie sich vor und flüsterte: »Du hast ihn vorgewarnt, bevor ihr herkamt, stimmt’s?«
    »Ich weiß nicht, wovon du redest, Mom.«
    »Du hast ihm gesagt, dass ich diese Geschichte erzählen würde.«
    »Findest du nicht, dass seine Worte mehr als nur ein Körnchen Wahrheit enthalten?«
    »Er begreift nicht, was das für Folgen hatte.«
    »Etwas, das vor sechzehn Jahren

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