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Aus der Welt

Aus der Welt

Titel: Aus der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Kennedy
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dagegen, oder?«
    Nein, ich hatte nichts dagegen, da er nicht zu jenen Zwangsneurotikern gehörte, die ausflippen, wenn ein Badezimmerhandtuch schief hängt. Und wenn ich zufällig vergaß, die Wäsche zu sortieren, oder Teller in der Spüle stehen ließ, brachte Mr Proper im Nu alles wieder in Ordnung.
    »Sei doch froh, dass du einen Mann hast, der sich um solche Dinge kümmert«, sagte Christy, als ich sie aus meinem Büro anrief. »Das bedeutet auch, dass er dich tatsächlich liebt. Apropos – hängst du immer noch jeden Morgen mit dem Kopf über der Kloschüssel?«
    Doch die chronische Morgenübelkeit war endlich vorbei. Danach stellte sich ein unerträglicher Juckreiz ein. Mein Gynäkologe sagte, das käme bei Schwangeren häufig vor, und gab mir eine Salbe, die mir das Gefühl nehmen sollte, dass Milben unter meiner Haut herumkrabbelten. Theo bestand darauf, mich jeden Abend damit einzureiben. Anschließend setzten wir uns hin und blätterten sämtliche Bücher über Baby- und Kinderpflege durch, die ich hatte auftreiben können. Wenn ich schließlich schlafen ging, blieb er noch bis zum Morgengrauen auf und ließ sich von einem Film nach dem anderen auf unserem großen Fernseher fesseln.
    Der Juckreiz verging nach zwei Wochen. Als ich im dritten Monat war und man meinen Bauch langsam sah, beschloss ich, die beiden Menschen zu informieren, vor denen ich mich am meisten fürchtete: den Vorsitzenden meiner Fakultät und meine Mutter.
    Wie befürchtet, war Professor Sanders alles andere als erfreut zu erfahren, dass ich in fünf Monaten in Mutterschutz gehen würde.
    »Besser konnten Sie das wohl nicht planen, was?«, sagte er. »Zumal Sie ohnehin in letzter Minute einspringen mussten. Jetzt muss ich Ersatz für meinen neuen Ersatz finden.«
    »Bis die fünf Monate um sind, ist es ja durchaus noch eine Weile hin.«
    »Aber in der akademischen Welt ist das gar nichts. Wie dem auch sei, es wird uns wohl nichts anderes übrig bleiben. Ich sollte Sie vermutlich beglückwünschen.«
    Natürlich sprach sich die Sache innerhalb von drei Nanosekunden in der gesamten Fakultät herum. Marty Melcher hielt mich im Flur auf und sagte: »Sie sind also doch keine Heilige.«
    »Wissen Sie, Herr Professor – diese Bemerkung könnte glatt als sexuelle Belästigung durchgehen.«
    »Das ist alles eine Frage der Interpretation, stimmt’s?«
    »Nein, eher eine Frage der Höflichkeit – etwas, das Ihnen gründlich abgeht.«
    »Wenn Sie mich bei der Frauenbeauftragten anzeigen wollen – oder wie die heißt –, bitte sehr! Dann gelten Sie als noch verklemmter als ohnehin schon.«
    »Das werde ich dann wohl.«
    »Es tut mir leid«, sagte er, als ich ging. Ich blieb stehen und drehte mich um.
    »Was haben Sie bloß für ein Problem?«
    Von Marty Melcher kam keine Antwort. Nur der verunsicherte Blick eines Mannes, der weiß, dass man ihn durchschaut hat.
    Stephanie Peltz hatte in der Zwischenzeit Nachforschungen über meinen »Beau« angestellt (sie war zusammen mit Sara auf einer Literaturkonferenz gewesen). Als sie im Uni-Café auf mich zukam, sagte sie: »Was für fantastische Neuigkeiten! Und was für ein interessanter Vater.«
    Ich konnte es kaum erwarten, die New England State zu verlassen. Aber in diesem Frühlingssemester passierte etwas Erstaunliches: Lorrie Quasthoff wurde in Harvard angenommen. Und zwar nachdem ich Lorrie zu Semesterbeginn zum Mittagessen eingeladen und ihr diesen Vorschlag unterbreitet hatte.
    »Harvard kann keinen Wirrkopf wie mich gebrauchen«, sagte sie.
    »Aus meiner Sicht kann Harvard Sie durchaus gebrauchen. Die Frage ist nur: Möchten Sie überhaupt dorthin?«
    »Die sind ziemlich gescheit in Harvard.«
    »Aber das sind Sie auch, Lorrie.«
    »Ich glaube kaum.«
    »Aber ich – und alle anderen an unserer Fakultät. Sie sind unser Star, und Sie brauchen ein intellektuelleres Umfeld, damit …«
    »Harvard wird mein Autismus nicht gefallen.«
    »Man wird Sie mögen, weil Sie superklug sind und die entsprechenden Noten vorweisen können. Man wird Sie mögen, weil ich die notwendigen Telefonate führen und eine Empfehlung schreiben werde, denen sich entnehmen lässt, dass es idiotisch wäre, Sie abzulehnen. Aber man wird Sie vor allem mögen, weil man beim Vorstellungsgespräch merken wird, wie fantastisch Sie sind.«
    »Fantastisch reimt sich auf autistisch«, sagte sie.
    »Und was ist daran schlimm?«
    Ich brauchte zwei weitere Treffen, bevor ich Lorrie überzeugen konnte, ihre Bewerbung wenigstens

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