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Aus der Welt

Aus der Welt

Titel: Aus der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Kennedy
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geschehen ist und das du mir seitdem immer wieder vorwirfst? Und nichts, nichts, was ich für dich getan habe, wird verhindern, dass du immer wieder auf diesen verdammten Abend zurückkommen und mir etwas vorwerfen wirst, was nur dich und Dad etwas angeht.«
    »Alles war bestens, bis du …«
    »O Gott, hört das denn nie auf? Ich habe es dermaßen satt, als größter Fehler deines Lebens betrachtet zu werden.«
    »Du wirfst mir vor, dass ich dich hasse?«
    »Na, eines tust du auf jeden Fall nicht, nämlich …«
    Plötzlich sah ich, dass Theo in der Tür stand.
    »Störe ich?«, fragte er.
    Ein peinliches Schweigen entstand, das von meiner Mutter gebrochen wurde.
    »Ich sagte Jane nur gerade, dass ich morgen so viele dringende Angelegenheiten zu erledigen habe, dass ihr am besten gleich in der Früh fahrt.«
    Ein weiteres peinliches Schweigen folgte.
    »Kein Problem, Ma’am«, sagte Theo betont freundlich.
    »Und ob das ein Problem ist«, sagte ich. »Wir haben extra den weiten Weg hierhergemacht, damit ich dir …«
    »Jane«, sagte Theo ruhig. »Lass es.«
    »Sie sind ein sehr vernünftiger junger Mann«, sagte meine Mutter und stand auf. »Ich wünsche Ihnen alles Gute.« Daraufhin ging sie nach oben.
    Ich saß am Küchentisch und schlug die Hände vors Gesicht.
    Theo kam zu mir, legte den Arm um mich und sagte: »Lass uns sofort verschwinden.«
    Eine halbe Stunde später stiegen wir in einem Hilton-Hotel außerhalb von Stamford ab. Es war modern und steril, aber das Bett war riesig und die Badewanne tief. Ich saß eine halbe Stunde im heißen Wasser und versuchte das Geschehene zu verarbeiten. Irgendwann kam Theo herein und setzte sich auf den Badewannenrand.
    »Sieh es doch mal so: Du brauchst nie mehr ein schlechtes Gewissen zu haben, sie nicht mehr zu sehen. Rausgeworfen zu werden hat auch seine Vorteile.«
    »Sie ist nicht mal runtergekommen und hat sich verabschiedet.«
    »Weil sie wollte, dass du hochkommst, sie um Verzeihung bittest und ihr versprichst, ihr liebes kleines Mädchen zu sein und all den anderen Scheiß, mit dem sie dich seit jenem Jahr volllabert. Aber du hast ihr klargemacht, dass du das nicht länger mitmachst, und dazu gratuliere ich dir. Das war längst überfällig.«
    »Du bist wundervoll«, sagte ich und nahm seine Hand.
    »Ja«, sagte er. »Das bin ich.«
    Als wir am nächsten Tag wieder in Cambridge ankamen, bekam ich eine Riesenangst. Wir alle wollen uns versöhnen, genauso, wie wir glauben möchten, dass sich das meiste im Leben rechtfertigen lässt. Mach’s wieder gut, bau eine Brücke, streck die Hand aus, heilt eure Wunden. Der moderne amerikanische Wortschatz strotzt nur so vor Versöhnungsvokabular – schließlich sind wir nicht umsonst die Yes, we can -Nation. Natürlich können wir Tragödien vermeiden und den unüberbrückbaren Graben zwischen zwei Menschen schließen, ganz einfach weil es eine Lösung für zwischenmenschliche Probleme geben muss . Das Problem ist nur, dass es Dinge gibt, die man nicht lösen kann. Ob es uns gefällt oder nicht – wenn einmal etwas dermaßen schiefgegangen ist, kann man es nicht wiedergutmachen.
    Diese Riesenangst ließ mich tagelang nicht mehr los und verebbte erst, als ich ein Vorabexemplar meines Buches bekam. Ich nahm es in die Hand, schlug es auf und hörte das leise, aber merkliche Knistern frisch gebundenen Papiers, das zum ersten Mal umgeblättert wird. Als ich die 380 Seiten überflog, dachte ich: Das habe ich tatsächlich alles selbst geschrieben, und fragte mich, was das letztendlich zu bedeuteten hatte.
    Theo war noch aufgeregter als ich, als er das gedruckte Buch sah.
    »Du müsstest Freudensprünge machen und Champagner aus der Flasche trinken«, sagte er.
    »Für eine Frau in meinem Zustand ist das nicht gerade angebracht.«
    »Du solltest wenigstens über deinen Erfolg total aus dem Häuschen sein.«
    »Das bin ich auch«, sagte ich.
    »Und deshalb klingst du auch so deprimiert.«
    »Es ist nur …«
    »Jane, es gibt nichts, was du tun kannst, damit diese Frau dich liebt.«
    Theo las das Buch in einem Atemzug durch und sagte mir, es sei brillant.
    »So weit würde ich nicht gehen.«
    »Weil du dir einfach nicht vorstellen kannst, dass etwas von dir gut sein könnte.«
    »So bin ich eben, voller Selbstzweifel.«
    »Dann hör auf damit! Das Buch ist ein fantastischer Beweis für deine Gelehrsamkeit.«
    »Es ist bloß ein Fachbuch.«
    »Wo hast du gelernt, so hart zu dir zu sein?«
    »Und wo hast du gelernt, so nett zu

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