Aus Freundschaft wurde Liebe (German Edition)
der Kranke unwillig. „Wir hatten doch ausgemacht, dass du erst morgen wiederkommst.“
„ Kannst du dir nicht denken, warum ich hier bin, Markus?“, fragte sie zärtlich. „Ich wollte bei dir sein. Einfach so, ohne besonderen Grund.“
Der Arzt fühlte sich überflüssig. Er wollte sich unauffällig entfernen, als die junge Frau ihn zurückhielt.
„Bitte bleiben Sie noch, Herr Doktor“, bat sie. „Ich möchte Sie bitten, meinem Mann zu erklären, was er tun kann, um fit zu bleiben.“
„ Hör auf, dir etwas vorzumachen, Marlene“, fuhr sie ihr Mann zornig an. „Wie soll sich ein Krüppel wie ich denn fit halten? Etwa mit Gewichte heben?“
„ Warum denn nicht? Genau das würde ich Ihnen empfehlen, Herr Reinhard.“ Der Arzt kam noch einmal zurück. „Ihre Frau hat gar nicht unrecht. Sie müssen regelmäßig ein Muskeltraining machen. Das geht auch im Rollstuhl. Aber das wird Ihnen eine Krankengymnastin noch genauer erklären.“
„ Ich bin so froh, dass Sie ihm das auch noch einmal sagen, Herr Doktor. Mein Mann glaubt mir nichts. Auch zu Doktor Kaiser hat er kein Vertrauen. Er nimmt ihm einfach nicht ab, dass er nicht dazu verdammt sein soll, sein ganzes Leben im Rollstuhl zu verbringen. Können Sie ihm nicht auch noch einmal sagen, dass er eine gute Chance hat, wieder auf die Beine zu kommen.“
„ Doktor Kaiser sagt das nur, damit ich mich nicht durchhängen lasse. In Wirklichkeit sieht es doch ganz anders aus“, sagte der Kranke bitter. „Ich kann nicht leben mit der Hoffnung von einem Tag auf den nächsten.“
„ Was wäre das Leben ohne Hoffnung?“, fragte der Arzt. „Ich war auch anwesend, als in der Röntgenkonferenz über Ihren Fall gesprochen wurde, Herr Reinhard. Selbst auf die Gefahr hin, dass Sie mir auch nicht glauben, möchte ich Ihnen sagen, dass Sie schon in einigen Monaten daran denken können, sich in einer Fachklinik therapieren zu lassen. Die Chancen für eine völlige Wiederherstellung sind wirklich vielversprechend.“
„ Da siehst du es, Markus. Genau dasselbe hat dir auch Doktor Kaiser schon gesagt. Du musst nur ein bisschen Geduld haben“, redete ihm seine Frau zu. „Eine hundertprozentige Garantie gibt es nicht. Ich habe dir schon versprochen, dass ich dich nie im Stich lassen werde. Wir stehen das gemeinsam durch, Markus.“
Der Arzt beobachtete, wie sich das Gesicht des Kranken entspannte. Mit dieser tollen Frau an seiner Seite würde er die kommenden Monate überstehen.
Simon fragte sich auf einmal, ob auch Janina bereit wäre, in dieser Situation zu ihm zu halten. Die Antwort darauf musste er sich schuldig bleiben. Er wusste es nicht. Oder vielleicht doch? Schreckte er etwa vor der Wahrheit zurück? Wer vermag schon in das Herz eines Menschen hineinzusehen? entschied er schließlich. Wer ehrlich liebt, ist auch bereit, mit seinem Partner durch dick und dünn zu gehen.
Das junge Paar nahm keine Notiz mehr von ihm, als er nun aus dem Zimmer ging. Eine Szene wie diese hatte er noch nie erlebt. Das war wohl auch der Grund dafür, dass sie ihm nicht mehr so schnell aus dem Kopf ging.
Er marschierte in die Teeküche, um sich von Schwester Inge eine Tasse Kaffee eingießen zu lassen. Eigentlich war er schon seit einer ganzen Weile dienstfrei, aber er hatte noch keine Lust, in seine leere Wohnung hinaufzugehen. Seine Verlobte war für drei Tage mit ihren Studienkollegen in die Bretagne gefahren, um dort zu malen.
Plötzlich kam ihm die Idee, seine Mutter anzurufen. Sie würde sich zwar darüber wundern, dass ihr Sohn auf einmal so ein großes Interesse zeigte, aber ihm würde schon eine Antwort darauf einfallen, falls sie eine Bemerkung machte. Simon machte erst gar nicht den Versuch, sie daheim anzurufen. Sie würde natürlich wie üblich bei Susanne sein.
Nach dem ersten Klingeln meldete sie sich schon. „Ich dachte, es wäre Doktor Körner“, sagte sie enttäuscht, als sie die Stimme ihres Sohnes erkannte. „Seine Sprechstundenhilfe hat mir nämlich versprochen, dass der Doktor sich sofort bei uns meldet, wenn er zurückkommt.“
„ Was ist los?“, fragte er scharf. „Hat Susannes Vater wieder einen Anfall?“
„ Robert ist in Ordnung. Mit Melanie stimmt irgendetwas nicht. Sie hat seit einigen Tagen einen ziemlich starken Husten. Doktor Körner geht von einer Bronchitis aus. Aber jetzt ist auch noch hohes Fieber dazugekommen. Das Kind kann nichts essen, phantasiert die ganze Zeit. Ich bin zwar
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