Aus heiterem Himmel: Ein Südstaaten-Krimi von TrueBlood-Autorin Charlaine Harris (Aurora Teagarden) (German Edition)
sich vor Kurzem hatte zulegen müssen, und ging zum Telefon an der Küchenwand.
Nachdem er die Nummer herausgesucht hatte, die er brauchte, tippte er die entsprechenden Zahlen ein. Beim Warten war er ganz der leitende Angestellte, der Wichtiges zu erledigen hat: Sein Mund war eine einzige, gerade Linie, der Blick scharf und konzentriert, die ganze Haltung angespannt und ungeduldig. Ich fand es sexy, ihn so zu beobachten. Vorausgesetzt, er streifte diese Haltung wieder ab, wenn er mit mir sprach.
„Zimmernummer?“, erkundigte er sich brüsk bei mir. Ich nannte sie ihm, stützte das Kinn auf die Hand und sah meinem Mann zu, wie er sich mit Angel unterhielt und danach noch ein paar Worte mit Shelby wechselte.
„Er ist immer noch angeschlagen“, informierte er mich, nachdem er aufgelegt hatte. „Aber es geht ihm besser. Angel sagt, sie wollen ihn noch ein oder zwei Tage zur Beobachtung dabehalten, dann kann er nach Hause. Er muss sich aber noch ein paar Tage schonen und darf noch nicht wieder zur Arbeit.“ Jetzt, wo er etwas getan hatte, fühlte sich Martin deutlich besser. Auch wenn diese Tätigkeit letztendlich nur darin bestanden hatte, ein paar Zahlen einzutippen.
Es war schon beinahe elf Uhr abends. Die vergangene Nacht hatte ich wach gelegen und seitdem einiges an Ärger und Besorgnis durchgemacht. Jetzt, wo die Aufregung über Martins Ankunft langsam abebbte, fühlte ich mich, als wäre ich gegen eine Wand gelaufen.
„Ich muss ins Bett“, verkündete ich, und genau so hörte ich mich auch an.
„Natürlich, Liebling!“ Martin war sofort lieb und verständnisvoll. „Du hast ja gar nicht geschlafen!“ Er legte fürsorglich den Arm um mich und gemeinsam stiegen wir die Treppe hinauf. „Mein Geschenk kriegst du dann morgen früh“, flüsterte er mir ins Ohr.
„Okay.“
„Himmel, du bist aber wirklich müde.“
„Morgen früh nicht mehr“, murmelte ich und hoffte, vielversprechend zu klingen. „Ich bin froh, dass du wieder zu Hause bist.“
Ich zog mir die Sachen aus, die ich mir vor so vielen Stunden so hastig übergeworfen hatte, und schlüpfte dankbar in mein Nachthemd. An die Arbeit in der Bücherei konnte ich mich beim besten Willen nicht mehr erinnern, obwohl ich ja hingegangen war. Meiner Meinung nach hatte ich dort halbwegs normal funktioniert. Ich putzte mir die Zähne und wusch mein Gesicht, weil ich es einfach nicht fertigbrachte, ohne diese Routine zu Bett zu gehen. Während ich einschlief, bekam ich noch am Rande mit, wie Martin seinen Koffer auspackte.
Morgens nach dem Aufwachen denke ich gern erst einmal darüber nach, welchen Wochentag wir haben. Das mache ich unter anderem dieses kleinen Glücksgefühls wegen, das mich überkommt, wenn ich feststellen darf, dass es Samstag ist. Samstags muss ich nirgendwo hin, wohin ich nicht möchte. Vielleicht habe ich auch deswegen so gern wieder angefangen zu arbeiten: Wenn man nicht arbeitet, ist jeden Tag Samstag, und dieser kurze Glücksmoment ist nicht mehr so wichtig.
Ich öffnete ein Auge. Der Wecker auf dem Nachttisch zeigte neun Uhr zwanzig an, aber das war ein Ding der Unmöglichkeit. Von daher schloss ich das Auge wieder und kuschelte mich genussvoll zurück in meine Kissen. Aber im Zimmer schien es schon ziemlich hell zu sein, und niemand lag neben mir im Bett. Widerstrebend öffnete ich diesmal beide Augen und rutschte näher an den Wecker heran. Es war immer noch neun Uhr zwanzig.
Ich hatte schon seit Jahren nicht mehr verschlafen.
Gut zehn Minuten suhlte ich mich in diesem neuen köstlichen Gefühl, so spät noch im Bett zu liegen. Wieder einschlafen ging nicht, dazu war ich jetzt zu wach. Unten rührte sich nichts, also ging ich davon aus, dass Martin schon gegangen war. Er ging oft auch an den Wochenenden noch ein paar Stunden in die Firma, besonders dann, wenn er ein paar Tage fortgewesen war. Vielleicht war er aber auch im Sportclub und spielte Racketball.
Zu so später Stunde mochte ich nicht im Nachthemd nach unten gehen, das erschien mir schäbig. Also duschte ich und zog mir meine Lieblingssamstagsjeans an, dazu ein grünes T-Shirt. Um meine Faulheit wieder gut zu machen, schleppte ich einen Korb Schmutzwäsche nach unten und schaltete die Waschmaschine an, ehe ich mir einen Kaffee einschenkte. Martin hatte eine ganze Kanne aufgebrüht und sie neben einer sauberen Kaffeetasse für mich stehen lassen. Mitten auf dem Tisch beim Fenster prangte sein Geschenk, ein weißes Paket, das mit einer blauen Schleife
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