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Aus Licht gewoben

Aus Licht gewoben

Titel: Aus Licht gewoben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Bracken
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unterdrücken.
    »Miss Mirabil!«, sagte Lady Aphra atemlos. Alle Farbe war aus ihrem sonnengebräunten Gesicht gewichen. »Verstehen Sie nicht, was Gefahr bedeutet? Oder sind Ihre Ohren so voller Staub und Schmutz, dass Sie die Warnungen anderer nicht hören können?«
    »Haben Sie das gesehen?«, keuchte ich. »Was war das?«
    »Ich habe nur ein dummes Mädchen gesehen, das in den Wald gerannt ist und sich in Todesgefahr begeben hat.«
    Wie Krallen gruben sich die Fingernägel der alten Frau in meine Arme und gaben mich erst frei, als wir bei ihrem Haus auf dem Hügel angekommen waren. Als ich zurückblickte, war nichts Schlimmeres zu sehen als die nun wieder völlig ruhige Luft.

    Es wäre so verlockend gewesen, aus dem Cottage zu fliehen, und mein Verlangen danach wuchs mit jeder Stunde, jeder Minute, die North fort war. Ich zwang mich, drinnen zu bleiben, und beschäftigte mich, indem ich abwechselnd an Norths Umhang arbeitete und mit den wenigen mir verbliebenen Zutaten für Tränke spielte. Meine Gedanken wollten sich einfach nicht beruhigen.
    Ein paar Stunden später schloss Lady Aphra leise die Tür hinter sich und stellte einen kleinen Korb neben mich auf den Boden. Überrascht stellte ich fest, dass er bis zum Rand mit den verschiedensten Pflanzen gefüllt war.
    »Im Garten nützen sie niemandem etwas«, sagte sie leise und mit rauer Stimme. »Ich habe für solche Dinge zu wenig Geduld, und Sie können damit wahrscheinlich mehr anfangen als ich.«
    »Vielen Dank«, sagte ich. Sie hatte sich zwar nicht dafür entschuldigt, wie sie mich angefahren hatte, aber etwas Besseres war wohl nicht zu erwarten. Ich goss das gerade fertig gewordene Schmerzelixier in ein leeres Glas.
    Lady Aphra ging zu dem kleinen Fenster hinüber. Ihr Blick war auf das Tal gerichtet, aber ich wusste ganz genau, wonach sie Ausschau hielt.
    »Er wird schon damit fertig«, sagte ich bemüht zuversichtlich.
    »Ganz bestimmt. Trotzdem fange ich langsam an, mir Sorgen zu machen«, sagte sie und wischte sich die Hände an der Schürze ab. »Hoffentlich ist er vor Anbruch der Nacht zurück. «
    »Sind die Kinder immer noch in der Schule?«, fragte ich.
    »Wir haben ihnen den ganzen Tag nicht erlaubt, sie zu verlassen, aber das lassen sie sich sicher nicht mehr lange gefallen«, erwiderte sie.

    »Ganz bestimmt«, sagte ich, doch sie war schon auf dem Weg zur Tür.
    Ich sprang auf und folgte ihr nach draußen. Hoffentlich würde North sich nach getaner Arbeit bereit erklären, noch am selben Abend weiterzureisen.
    Doch als er in Sichtweite kam, war sofort klar, dass er vorläufig nirgendwohin gehen würde.
    »Was ist passiert?«, wollte Lady Aphra wissen.
    North konnte kaum seinen Kopf oben halten, er wurde von zwei Dorf bewohnern gestützt. Mehrere seiner Umhänge hatten schlimme Risse, oder es fehlten ganze Stücke. Seine dunkle Kleidung war voller Schmutz und Blutflecken, und über seine Wange zog sich ein Schnitt. Die Augen hatte er geschlossen.
    »North.« Als ich ihn berührte, schlug er die Augen auf.
    »Hallo, Syd«, murmelte er, während ihn die Männer die Stufen hinauf beförderten und auf sein Lager betteten. Er atmete langsam und flach. Ich konnte nicht verstehen, was er mir sagen wollte.
    Als ich sein schmerzverzerrtes Gesicht sah, hielt ich ihm das Glas mit dem Elixier an die Lippen und half ihm beim Trinken.
    »Wenn Sie einen Schlaftrunk haben, geben Sie ihm davon am besten auch etwas«, sagte Lady Aphra leise. Ich holte ein anderes Glas aus meiner Tasche und North trank auch dessen Inhalt folgsam. Dann legte ich seinen Kopf wieder auf das Kissen.
    Lady Aphra erhob sich und bedeutete den Männern, ihr nach draußen zu folgen.
    »Was ist passiert?«, flüsterte ich. »Bist du schwer verletzt?«
    »Er ist entkommen«, hauchte North. Der Schlaftrunk begann schon zu wirken. »Er …«
    Ich lehnte mich zurück und konnte mich endlich von der
Besorgnis und der Angst befreien, die mich den ganzen Tag über nicht losgelassen hatten.
    »Ist schon gut«, sagte ich, obwohl er mich gar nicht mehr hören konnte.
    Ich schnürte einen seiner Stiefel auf. »Wir kriegen ihn schon noch. Er kann uns nicht aufhalten.«
    Unter dem Leder kamen die Überreste einer Socke zum Vorschein, einer Socke, die möglicherweise irgendwann zu Beginn ihres traurigen Lebens einmal rot gewesen war, jetzt allerdings kaum noch als rosa durchging. Eine Socke, die ein riesiges Loch an der Ferse hatte und völlig ausgeleiert um Norths Knöchel hing.
    »Der Umhang wird

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