Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aus Nebel geboren

Aus Nebel geboren

Titel: Aus Nebel geboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Bold
Vom Netzwerk:
ironisch.
    „Wenn wir dann gehen könnten …“
    Fay zitterte vor unterdrückter Wut. Ihre Lunge krampfte beinahe, so sehr drängte es sie, ihn für diese Beleidigung anzubrüllen.
    „Anfassen kostet extra“, presste sie hervor und hielt ihm weiterhin fordernd ihre Hand hin.
    Das würde eine sehr unangenehme Rückfahrt in die Stadt werden, soviel stand fest! Julien reichte ihr wortlos einen weiteren Hunderter.
    Sie schluckte ihre schon wieder aufsteigenden Tränen hinunter und steckte das Geld ein. Warum konnte sie nie etwas richtig machen? Hatte sie nicht einmal auch nur einen Tag Glück verdient? Traurig und maßlos gekränkt folgte sie dem Mann, in dessen Armen sie sich früher an diesem Tag so sicher gefühlt hatte. Dem Mann, der Paris – und damit auch sie – schon morgen verlassen würde.
    Es war fast dunkel, als Julien den Wagen in hohem Tempo über die Autobahn steuerte. Anscheinend konnte er es kaum erwarten, den Stein zurückzubekommen und sie loszuwerden.

    Cruz fluchte laut, als genau jetzt, wo er die Straße überqueren wollte, ein Fahrzeug nach dem anderen angebraust kam. Die Scheinwerfer blendeten ihn, als er auf die Fahrbahn trat. Er nutzte eine Lücke im Verkehr und rannte, immer noch um Unauffälligkeit bemüht, in die Richtung, in die der Priester verschwunden war.
    Wieder verfluchte er den Rest der Truppe, denn ihm war bei der ganzen Sache nicht wohl.
    Das bläuliche Abendlicht erreichte den Grund der schmalen Seitenstraße kaum, und das Wasser in den Pfützen schimmerte wie Öl. Ein Hund bellte laut hinter einer geschlossenen Wohnungstür, und Cruz ließ geräuschlos eine seiner Klingen in seine Hand gleiten. Aus einem Dunstabzug über ihm drang der Duft nach süßsaurer Soße und Kohl, der sich mit dem Geruch feuchter Pappe vermischte, der dem dunklen Kartonhaufen neben einer Garage entstieg. Die Gasse war schmal, und an den teilweise putzlosen Häuserwänden konnte man genau sehen, wo die Lastwagen, welche die Geschäfte belieferten, regelmäßig aneckten.
    Cruz‘ durchtrainierter Körper, jeder einzelne Muskel war angespannt. Das Bild von Gabriel, der von zwei tödlichen Rubinpfeilen durchbohrt worden war, stand ihm deutlich vor Augen. Kurz fragte er sich, ob sein toter Bruder das Unheil hatte kommen sehen, ehe die einzige Waffe, die ihnen schaden konnte, sein unendliches Leben beendet hatte. War er sich der Gefahr bewusst gewesen, oder hatte ihn der Angriff überrascht?
    Nun, Cruz war sich durchaus bewusst, dass dies eine Falle sein konnte, und versuchte, mit den Augen die dunklen Schatten und nächtlichen Winkel zu durchdringen, ehe er kampfbereit weiterging.
    Wo zum Teufel war der Priester? Und was wollte der hier?
    Hatte er sich geirrt, als er glaubte, gesehen zu haben, wie der Gottesmann in die Gasse gegangen war? Hatte er ihn im dichten Verkehr schlicht aus den Augen verloren? Cruz fluchte und sah über seine Schulter zurück auf die nun ein ganzes Stück entfernte Hauptstraße und die vorbeiziehenden Scheinwerfer.
    Diese Reise nach Paris stand unter keinem guten Stern, dabei hätte es doch so einfach sein sollen.
    Ein Jahrzehnt waren sie der Spur der Wahrheit gefolgt, ehe sie den dritten Rubin erst vor wenigen Tagen in den Händen eines Mannes gefunden hatten, der seinen wahren Wert nicht einmal ermessen konnte, und nicht einmal ahnte, was er besaß. Er war ein Nachfahre von Konstantin dem Großen, der so viele Generationen nach seinem zu Ruhm und Ehre gekommenen Vorfahren nichts von dem Geheimnis wusste, das der Rubin barg, der sich in der Sammlung seiner Erbstücke befunden hatte.
    Diese weitere Rubinphiole an sich zu bringen, war ihnen wie ein Kinderspiel erschienen. Trotzdem hatten sie sich abgesichert. Waren alle zeitgleich in verschiedene Richtungen aufgebrochen, um etwaige Verfolger zu verwirren. Niemand außer ihnen hatte gewusst, dass es Gabriel war, der den Rubin bei sich trug. Es hatte so einfach ausgesehen. Wie hatte ihre Mission nur so aus dem Ruder laufen können?
    Mit allen Sinnen versuchte er, die lauernde Bedrohung zu erspüren. Cruz fürchtete den Tod nicht, denn er hatte mehr Leben gelebt, als einem Menschen zustanden, hatte mehr Zeit auf dieser Welt verbracht, als er sich je hatte vorstellen können, und Dinge gesehen, die er hoffte, irgendwann in einem gnädigen Tod zu vergessen – trotzdem musste er vorsichtig sein. Es ging hier nicht um so etwas Bedeutungsloses wie sein Leben. Es ging um das Schicksal der Welt.
    Vielleicht, so überlegte er kurz, sähe die

Weitere Kostenlose Bücher