Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aus Nebel geboren

Aus Nebel geboren

Titel: Aus Nebel geboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Bold
Vom Netzwerk:
sind trotz ihrer guten Absichten gescheitert. Claudio allein kann die Aufgabe nicht bewältigen, und es ist, wie Said sagt: Ein Einzelner kann sich selbst nicht das Gewissen sein. Wir jedoch, wir achten uns. Wir vertrauen uns unser Leben an und wissen um die Ehre jedes Mannes in diesem Zelt. Wir wären im Schicksal und in unserer Mission vereint.“
    Nach und nach nickten alle, aber Said warnte: „Ihr werdet Feinde haben. Mächtige Feinde.“
    Julien blickte in das besorgte Gesicht des Heiden, ehe er zustimmend an Gabriels Seite trat und reihum seine Männer ansah.
    „Feinde haben wir auch hier“, sagte er und schlug dem Dunkelhäutigen freundschaftlich auf die Schulter. „Du bist keiner von ihnen.“
    Lamar wollte gerade protestieren, als die Zeltplane beiseitegerissen wurde und bewaffnete Soldaten in den Eingang traten, an ihrer Spitze der belgische Ritter Gisbert von Mons.
    „Julien Colombier? Ihr steht unter Arrest. Raimund von Toulouse wirft Euch Befehlsverweigerung vor. Er enthebt Euch Eurer Befehlsgewalt und unterstellt Eure Männer meinem Kommando.“
    Gisberts polierte Rüstung drückte auf dessen Schultern, sodass er leicht gebeugt stand und ihm vor Anstrengung der Schweiß auf der Stirn perlte. Trotzdem hielt er Schild und Waffe nach vorne gereckt, jederzeit bereit, seinen Befehl mit Gewalt durchzusetzen.
    Julien hob ergeben die Hände und trat einen Schritt zurück. Aus dem Augenwinkel bemerkte er, dass Gabriel behutsam den Lederbeutel an seinem Gürtel schloss und sich die Hände seiner Männer zu ihren Waffen bewegten. Noch ehe Julien darauf etwas antworten konnte, war Lamar nach vorne getreten und verneigte sich ehrerbietig.
    „Ritter Gisbert, Lamar Rigot, zu Euren Diensten. Bitte erlaubt, dass ich Colombiers Männer übernehme, denn keiner von ihnen hat etwas mit seinem frevlerischen Fehlverhalten zu schaffen.“
    Julien zuckte zusammen, und auch seine Waffenbrüder erstarrten in der Bewegung.
    Auf Gisberts vor Anstrengung rotem Gesicht erschien ein zufriedener Ausdruck, und er reichte sein Schild an den Mann neben sich weiter, um sich den Schweiß abzutupfen. Anscheinend hatte er mit mehr Widerstand gerechnet. Er nickte gönnerhaft und wandte sich seinen Rittern zu.
    „Ergreift Colombier.“
    Lamar hob die Hand, als wäre ihm noch etwas eingefallen.
    „Entschuldigt, wenn ich frage, aber …“
    Er wandte sich an Said, und sein eisblauer Blick suchte den des Heiden.
    „Said …“
    Lamar blinzelte langsam und fasste an sein Schwert.
    „Said, kennst du einen Weg hier heraus?“
    „Mit Vergnügen, Christ!“, rief dieser, als Lamar seine Klinge in Gisbert von Mons füllige Leibesmitte stieß.

Besuch in der Dunkelheit

    Paris, heute
    Das Hupen eines Autos riss Cruz aus seinen Gedanken, und er fuhr sich durch sein dunkelblondes Haar. Die Klinge in seiner Hand verlieh ihm Sicherheit, denn – auch wenn so mancher ihre Waffenwahl für altmodisch halten würde – hatten sie sich doch im Lauf der Jahrhunderte so daran gewöhnt, dass sie heute eins mit diesen Klingen waren, die Cecil schon zur Zeit der Kreuzzüge für sie entwickelt hatte.
    Cruz stieg über eine Pfütze hinweg, als er den Priester entdeckte, der sich vor ihm in einen Hauseingang drückte.
    „Hey!“, rief er und rannte auf den Kerl zu, der erschrocken sein Versteck verließ und durch die Gasse floh.
    Ihre Schritte hallten laut von den Wänden wider. Mit jedem Meter holte Cruz auf. Der Priester sah gehetzt über seine Schulter und rannte, als wäre der Teufel hinter ihm her. Aber gegen Cruz, der dank seines täglichen Kampftrainings bestens in Form war, hatte der hagere Gottesmann keine Chance.
    Fast hatte Cruz ihn erreicht, als sich vor ihnen in der Gasse die dunkle Silhouette eines groß gewachsenen Mannes abzeichnete. Die Straßenlaterne in dessen Rücken ließ seinen Schatten zu einem riesigen Dämon wachsen, und der Gottesmann sank heulend zu Boden. Bedächtig trat Cruz näher, während er weder den Ankömmling noch den Geistlichen auch nur einen Moment aus den Augen ließ. Aber der wimmernde Priester stellte nun keine Gefahr mehr dar.
     

    Chloé Ledoux blätterte verschlafen in der Maiausgabe der Cosmopolitan, die sie heute aus einem Straßencafé hatte mitgehen lassen. Doch die trendigen Empfehlungen zu sommerlichen Kurzhaarfrisuren waren für sie und ihren Lockenkopf eher nicht geeignet.
    Seit dem Anruf ihrer Schwester war sie unruhig. Fay hatte sich so merkwürdig angehört. Ob es nur an der Enttäuschung gelegen hatte,

Weitere Kostenlose Bücher