Aus Notwehr! - Aus Notwehr! - For a House Made of Stone. Gina's Story
Gedanken und Gefühle durcheinander, die sich meiner Kontrolle entzogen. Alles erschien mir schwarz und bedrohlich und hoffnungslos. Ich sah keinen Weg aus dem Abgrund, in den ich da stürzte.
Juns Eltern schlugen vor, wir sollten nicht weit von ihnen ein Haus bauen, wie es für ein junges Paar Brauch ist, aber im Grunde meines Herzens wollte ich näher bei meiner eigenen Familie sein. Es war, als müsste ich all die Jahre meiner Kindheit wettmachen, in denen ich von ihnen getrennt war. Doch ich hatte nicht die Kraft, wirklich hart für meine Wünsche zu kämpfen, und ich glaube, dass ich den Kampf wohl auch nicht gewonnen hätte, denn die Tradition hat bei uns viel Gewicht. Wir bauten also alsbald ein kleines Haus in der Nähe meiner Schwiegereltern, auch wenn ich nicht mit ganzem Herzen dabei war. Ich wollte vor allem Jun eine Freude machen und bei ihm und Dailyn sein. Ich protestierte also nicht, konnte mir aber auch nicht vorstellen, mein Leben lang dort zu wohnen.
Juns Eltern hatten eine Entenfarm auf dem Land, und sie schlugen uns vor, dort zu bauen; auf diese Weise konnten wir uns um den Betrieb kümmern und würden die Hälfte der Einnahmen bekommen. Das Haus war nur aus Holz und schnell fertig. Wir wohnten nah am Fluss, wo auch die Enten lebten, umgeben von Palmen; sie ließen alles düster wirken, selbst wenn die Sonne schien.
Es war aufregend, jeden Morgen am Flussufer oder im Wasser die Eier zu suchen. Wir konnten jeden Tag frisches Rührei essen. Das Leben wäre idyllisch gewesen, wenn ich mich nicht so krank gefühlt und nicht so viel Heimweh gehabt hätte.
Eines Nachts lagen Dailyn und ich allein zu Hause miteinander im Bett; Jun war mit seinen Freunden einen trinken. Vielleicht hatten sie das ja immer so gehalten, und ich hatte bloß nichts davon gewusst. Aber es passte mir nicht, wenn er nachts allein aus war. Ich wollte, dass die Familie zusammen war. Ich wollte spüren, wie er mich umarmte, während ich mit Dailyn schmuste.
Ich versuchte gerade, sie zu überreden, ein bisschen Milch zu trinken, als mir auf einmal sämtliche Haare zu Berge standen. Draußen in der Stille der Nacht brachen die Enten plötzlich in lautes Gequake aus. Ich hörte, wie schwere Schritte ums Haus stapften. Mir schlug das Herz bis zum Hals. Ich hatte schreckliche Angst, Dailyn könnte anfangen zu weinen und auf diese Weise jemanden ins Haus locken. Ich lag reglos im Bett und stillte sie, solange ich nur konnte, damit sie sich ruhig verhielt. Die Sekunden zogen sich wie Stunden dahin, und schließlich war die Spannung, nicht zu wissen, was da draußen vor sich ging, einfach unerträglich. Ich legte also sorgsam mein Baby aufs Bett, stand auf und ging zur Tür.
»Jun?«, rief ich und war überrascht, wie dünn meine Stimme klang. »Bist du das?«
Es kam keine Antwort, und da überwältigten mich meine Ängste. Ich fing an zu schreien in der Hoffnung, dass die Familie oben im Haupthaus mich hören würde.
»Mama! Mama!«, brüllte ich wie ein Kind, das sich verirrt hat und das die Panik packt.
Ich hörte, wie sie zurückriefen: »Gina? Ist alles in Ordnung?«
»Nein«, schrie ich, und da kamen sie mit Laternen heruntergehetzt, um nachzusehen, was los war.
»Ich habe solche Angst«, sagte ich ihnen, war aber schon getröstet, weil sie da waren. »Ich habe Schritte gehört, und die Enten haben plötzlich alle losgequakt.«
Es gelang ihnen, mich zu beruhigen; ich solle auf Jun warten.
Dann gingen sie wieder nach Hause. Ich sperrte aber weiterhin meine Ohren auf und stellte mir vor, dass ich in der Stille der Nacht irgendwelche Viehdiebe hörte. Als Jun dann gegen Mitternacht nach Hause kam, hatte er zu viel Gin getrunken, um zu verstehen, was ich ihm unter unverständlichem Schluchzen zu erzählen versuchte. Von da an hasste ich es, nachts allein im Haus zu sein, und weinte viel, wobei ich mich sehr bemühte, meine Ängste nicht auf mein Töchterchen zu übertragen.
»Warum bringst du Gina nicht nach Hause?«, hörte ich meine Schwiegermutter eines Tages zu Jun sagen. »Ich glaube, ihre Familie fehlt ihr.«
Da Jun sich wegen meines Geisteszustands zunehmend Sorgen machte, nahm er ihren Rat an, und Dailyn und ich blieben eine Weile bei meinen Eltern. Ich fühlte mich zu Hause bei meiner Mutter und meiner Familie ein bisschen entspannter, weil ich dort nicht die ganze Zeit die Rolle der pflichtbewussten Schwiegertochter spielen musste, aber die Bauchschmerzen, die mich während meiner Schwangerschaft permanent
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