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Aus Notwehr! - Aus Notwehr! - For a House Made of Stone. Gina's Story

Titel: Aus Notwehr! - Aus Notwehr! - For a House Made of Stone. Gina's Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina French
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Für gewöhnlich fragte er das nicht, aber vielleicht sagte ihm ja ein sechster Sinn, dass etwas nicht stimmte; es war zu ruhig im Haus, als dass noch ein lebendiger Mensch hätte hier sein können.
    »Er ist in der Arbeit«, log ich.
    Als wir die Treppen herunterkamen, hielt ich ihm meine Hand vors Gesicht, damit er nicht ins Wohnzimmer schauen konnte, aber ich musste unbedingt einen Blick hineinwerfen - halb aus Angst, dass Paul wieder zu sich gekommen sein könnte und nun auf mich wartete, um sich zu rächen. Er hatte sich noch nicht bewegt. Ich griff mir also seinen Aktenkoffer und meine Tasche, denn ich dachte, dass vermutlich alles, was ich brauchte, in einem von beidem aufbewahrt war. Ich rannte auf die Straße
hinaus und war froh zu hören, wie hinter mir die Tür zuknallte.
    Ich hatte keine Ahnung, wohin ich überhaupt wollte. Die einzige mir bekannte Strecke war vom Dorf zum Fox and Hounds . Ich packte Michael ins Auto und setzte mich hinter das Steuer. Er war jetzt wach und sah mich ängstlich an. Ich saß da und versuchte zu überlegen, was ich tun sollte - eine Ewigkeit, wie mir schien. Ich brauchte jemanden, der sich um Michael kümmerte, jemand, der sich seiner annahm wie seines eigenen Kindes.
    Ich war mir nicht sicher, ob Paul noch am Leben oder schon tot war. Ich wollte selbst nicht mehr leben, aber ich konnte Michael nicht allein lassen. Ich wollte sterben - weil ich das verdient hatte, nach dem, was ich getan hatte, aber auch, weil ich dann zu Paul käme - insofern er denn tot war - und dafür sorgen konnte, dass er nie vergaß, was er uns angetan hatte. Ich beschloss, mir auf die Weise das Leben zu nehmen, wie ich ihm wohl das seine genommen hatte, um ihm dann in der Hölle zu begegnen.
    Im Rückspiegel sah ich, wie sich um eines meiner Augen ein frischer Bluterguss bildete. Mein Nacken, meine Schultern und mein Rücken taten mir weh, wo mich vorhin seine Fußtritte getroffen hatten. In der Morgendämmerung konnte ich einen ähnlichen Bluterguss im Gesicht von Michael ausmachen, wo sein Vater ihn am Tag zuvor im Pub gegen den Türrahmen geknallt hatte. Ich hatte Paul immer gehasst, wenn ich die Verletzungen sah, die er Michaels makellos junger Haut zugefügt hatte. Ich machte den Aktenkoffer auf und wühlte darin herum, bis ich unsere Pässe und Rückflugtickets nach Brunei fand, die inzwischen allerdings ungültig waren.
    Ich überlegte mir, wen ich anrufen und um Hilfe bitten
könnte oder wen ich bitten könnte, sich für mich um Michael zu kümmern, falls ich starb oder festgenommen wurde. Der Mensch, der sich immer als am nettesten und verständnisvollsten gezeigt hatte, war Dr. Reynolds in Brunei. Ich hatte seine Nummer in meinem Telefon gespeichert und versuchte, ihn anzurufen. Dort war es jetzt Mittag, Essenszeit also, und ich war mir ziemlich sicher, dass er da sein würde.
    »Hallo?«, sagte eine Stimme, doch dann war die Verbindung unterbrochen. Auf meinem Display konnte ich erkennen, dass meine Telefonkarte leer war.
    Ich erinnerte mich, dass Michael von der Köchin im Fox and Hounds gesprochen hatte - Julie. Sie war damals, als ich kaum vor die Zimmertür ging, sehr nett zu ihm gewesen und hatte ihn mit zu sich nach Hause mitgenommen und mit ihren Kindern spielen lassen. Ich beschloss, hinzufahren und sie zu fragen, ob sie sich jetzt um Michael kümmern könnte. Er hatte immer gern mit ihren Zwillingen gespielt, vielleicht würde er ja ein Bruder für sie werden und mich und Paul einfach vergessen. Ich hatte keine Ahnung, was in England mit Waisen geschah; in meiner Heimat würde man so ein Kind zu einem Verwandten oder Freund bringen. Ich musste den richtigen Freund finden.
    »Mein kleiner Schatz, möchtest du ein bisschen mit Ellie und Anthony spielen?«, fragte ich ihn.
    Er lächelte süß, und ich spürte, wie mich plötzlich eine Welle der Liebe für ihn erfasste.
    Da es langsam frisch im Auto wurde, ließ ich den Motor an und fuhr wie in Trance zum Pub. Es hatte geschlossen, und egal wie laut ich auch klopfte, ich konnte niemanden herauslocken. Ich überlegte mir zu warten, bis Julie zur Arbeit kam, glaubte aber, das nicht riskieren zu können.
Also fuhr ich durch die Gegend, um später irgendwie wieder zurückzukommen, hatte aber keine Ahnung, wo ich überhaupt war und was ich als Nächstes tun sollte.
    Schließlich kam ich in die Innenstadt. Ich brauchte eine Telefonkarte, und ich brauchte ein Taxi mit einem Fahrer, der den Weg wusste. Ich hatte mich verirrt. Ich fand einen

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