Aus reiner Mordlust: Der Serienmordexperte über Thrill-Killer (German Edition)
langen Schatten, der jetzt auf sein Leben fällt und alles in Frage stellt. Allerdings hat er die ihn bedrängenden Phantasien nicht für sich behalten können, sondern in den letzten Monaten auf ein Diktiergerät gesprochen, das die Kripo in seinem letzten Unterschlupf gefunden hat und nun auswertet. Und so werden pathologische Erlebniswelten ruchbar, die psychisch gesunde Menschen sprachlos machen.
»Mord an einem Schwulen.« So beginnt beispielsweise ein Text, der auch als Blaupause für den Mord an Holger Brandt gedient haben könnte. »Er muss passiv sein und er muss aus der Stadt sein. Und er muss mich besuchen können. Dann werde ich ihn zu mir einladen. Wir werden Sex haben. Dann gehe ich mit ihm ins Bad und werde ihn dort töten. (…) Dann komme ich wieder, zerteile die Leiche und gehe nachts raus, entledige mich ihrer. (…) Ich weiß nicht, was ich mit dem Kopf mache. Ich werde ihn vermutlich zertrümmern und im Wald vergraben müssen.«
Wenn Florian Kranz es mit seinen Tonbandaufzeichnungen ernst gemeint haben sollte, dann ist mit seiner Festnahme sehr wahrscheinlich ein weiterer Mord verhindert worden. Denn um sich dem Zugriff der Polizei zu entziehen, habe er »in die Rolle eines anderen schlüpfen« wollen, »der genauso aussieht oder so ähnlich wie ich«. Allerdings hätten für dieses mörderische Vorhaben nur solche Männer in Betracht kommen sollen, die »ungefähr mein Alter, meine Größe und meine Vorgeschichte haben«.
»Mein Plan für die Zukunft.« Auch wie es nach dem nächsten Mord weitergehen sollte, hat Florian Kranz seinem Diktiergerät anvertraut. »Dann muss ich mir einen Job suchen«, heißt es in seinen Aufzeichnungen, »um eben an Geld zu kommen. Irgendwie einen Auftragsmord, dass ich an sehr viel Geld komme. Eine Million oder so. (…) Und dann werde ich ein Mädchen treffen und mit ihr als Killer-Pärchen durch die Welt ziehen.«
Nach Wochen intensiver Nachforschungen gelingt es den Ermittlern schließlich, die Tat zu rekonstruieren, wenn auch nicht lückenlos: Florian Kranz und Holger Brandt verbindet das Interesse an Computertechnik. In einem Internetforum, wo leidenschaftlich über Mikroprozessoren, Halbleiterspeicher oder Hochleistungssysteme beratschlagt und gefachsimpelt wird, lernen sich die sonst ungleichen Männer kennen. Und entdecken bald darauf, dass sie in derselben Stadt wohnen. Man trifft sich, versteht sich, befreundet sich. Schon zu diesem Zeitpunkt trägt sich Florian Kranz mit dem Gedanken, einen Menschen zu töten.
Ursprünglich, so sein Plan, wollte er einen Homosexuellen vom Bahnhof weglotsen und in seine Wohnung locken, um ihn dort zu töten und zu zerstückeln. Doch der junge Mann weigerte sich, wollte einfach nicht mitkommen. Wahrscheinlich rettete ihm diese Beharrlichkeit das Leben. Weil Florian Kranz keine Alternative sah, seine Mordpläne aber baldmöglichst verwirklichen wollte, kam er auf die Idee, seinen neuen Bekannten umzubringen. Denn der dürfte keinen Verdacht schöpfen, wenn er ihn zu sich nach Hause einladen würde.
Holger Brandt ist arglos, als er von Florian Kranz zum Essen und Computerspielen willkommen geheißen wird. Was er nicht weiß: Folie, Plastiktüten, Müllsäcke, Reinigungsmittel, Messer und andere Gerätschaften, um ihn zu töten und zu zerstückeln, liegen bereit. Was genau in den nächsten Stunden passiert, bleibt ungewiss. Die rechtsmedizinischen Befunde legen aber nahe, dass Holger Brandt irgendwann im Schlafzimmer angegriffen und mit einer Eisenstange mehrfach auf den Kopf geschlagen wird. Kurz darauf werden dem Opfer 22 Stiche in Rücken und Hals zugefügt. Als Holger Brandt sich nicht mehr wehren kann, schneidet ihm Florian Kranz Penis und Hoden ab. Danach wird der Sterbende ins Bad geschleppt und in der Wanne abgelegt. Mindestens 15 Minuten dauert es, bis Holger Brandts Herz aufhört zu schlagen. Der Rest der Geschichte ist bekannt.
Wer ist dieser Mann, der eins der grausamsten Verbrechen der jüngeren Kriminalgeschichte begangen hat? Lassen sich im Lebenslauf Spuren entdecken, die ein Motiv freilegen, ursächliche Zusammenhänge erkennen lassen? Ist es vielleicht wieder einer dieser ärgerlichen Fälle, in denen es gar nicht so weit hätte kommen müssen? Gibt es neben dem Täter Personen bzw. Institutionen, die nicht genau genug hingeschaut haben und untätig geblieben sind, als erkennbar wurde, dass mit dem Jungen etwas nicht stimmt? Hätte dieses ausgesprochen grausige Verbrechen möglicherweise sogar
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