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Aus reiner Mordlust: Der Serienmordexperte über Thrill-Killer (German Edition)

Aus reiner Mordlust: Der Serienmordexperte über Thrill-Killer (German Edition)

Titel: Aus reiner Mordlust: Der Serienmordexperte über Thrill-Killer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Harbort
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sich der Mann immer wieder um. Er muss auf alles gefasst sein. Es kann jeden Moment so weit sein. Es geht um alles. Heute ist der Tag der Entscheidung.
Gegenüber auf der anderen Straßenseite ist ein ziemlich dunkler Hinterhof. Fetzen von Zeitungspapier wehen über die Straße. Unheilvolle Stille. Der Mann macht sich klein, überlegt eine Weile. Dann nimmt er all seinen Mut zusammen und spurtet los. Er schafft es tatsächlich bis auf den Hinterhof, ohne dass er eine Patrone abfeuern muss oder dass auf ihn geschossen wird. Ein gutes Zeichen?
Der Mann geht in die Hocke, schaut sich um. Da! Die Haustür, etwa fünf Meter von ihm entfernt – dort muss es sein. Noch ein hastiger Blick zurück und schon ist der Mann an der Tür. Mist! Die Tür ist mit Holzlatten verbarrikadiert. Er steckt die Pistole zurück in das Schulterhalfter und schlägt mit den Fäusten gegen die Holzlatten. Immer wieder. Kräftiger. Schneller. Endlich geben die Holzlatten nach und zersplittern. Jetzt noch die morsche Tür. Zwei Herzschläge später springt die Tür aus der Verankerung. Der Weg ist frei. Aber – was zum Teufel – kommt jetzt?

    Helmut Wagner steht am Tresen und bestellt einen Whisky-Cola, sein Lieblingsgetränk, dazu eine Tasse Kaffee. Der 20-Jährige fällt in der Menschenmenge nicht weiter auf, obwohl er ziemlich markant gekleidet ist: knallrote Hose mit Schlag, blumengemustertes Hemd, schwarzes Jackett. Auf der etwa 40 Quadratmeter großen Tanzfläche vor ihm tummeln sich junge Männer mit noch jüngeren Frauen. Ein auffordernder Blick genügt, ein Wort gibt das andere – Kontakt. Dazwischen sieht man vereinzelt wesentlich ältere Männer, die sich an den jungen Frauen orientieren, aber irgendwie nicht ins Bild passen. Und keine Beachtung finden.
    Das »Nightlife« ist kein moderner Partytempel auf mehreren Ebenen mit spektakulärer Lichtshow und VIP-Lounge, sondern eine typisch schummrige Abschlepper-Diskothek: kein Dresscode, keine oder lasche Alterskontrollen, kein professioneller DJ, keine ansprechende Musik, freier Eintritt bis 23 Uhr, im hinteren Bereich stehen zwei schäbige Billardtische und Spielautomaten. Besucht wird die Disco insbesondere von jungen Leuten, meist unter 20, vielen Touristen, aber auch Prostituierten, die es besonders auf die älteren Männer abgesehen haben, und Kleinkriminellen, die sich feinere Adressen nicht leisten können und dort auch an den rigorosen Türstehern gewöhnlich nicht vorbeikommen. Man kennt sich.
    Helmut Wagner ist so ein ziemlich draufgängerischer Gelegenheitsgauner, der zwar keinen Beruf erlernt hat, dafür aber genau weiß, in welchen Gegenden der Stadt die lohnendsten Einbrüche zu machen sind oder wo momentan günstig Haschisch oder Kokain zu bekommen ist. Sonst ist der junge Mann ein eher schüchterner Mensch, jedenfalls wenn es darum geht, mit Frauen in Kontakt zu kommen. An diesem Abend verhält es sich nicht anders, obwohl er bereits einige Male sein Lieblingsgetränk bestellt hat. Wenn eine junge Frau in sein Blickfeld gerät, die ihm sympathisch erscheint, lächelt er verlegen-freundlich. Mit einer Frau hat er sogar kurz gesprochen, etwas getrunken, ein bisschen geflirtet. Bei ihm geblieben ist sie nicht.

Der Mann betritt den nur schwach beleuchteten Raum. Ringsum stehen Regale aus Metall, vollgestopft mit Lebensmitteln. Auf dem Boden liegen aufgerissene Verpackungen. Plötzlich ein Rascheln! Blitzschnell greift der Mann nach seiner Pistole, bringt sie in den Anschlag, überlegt fieberhaft. Wer ist da? Ist das einer von denen? Kommen die jetzt? Geht es los?
Augenblicke später Entwarnung: Nur eine Ratte, die im Müll nach Nahrung sucht – keine Gefahr. Der Mann behält die Pistole vorsichtshalber in der rechten Hand und geht in den nächsten Raum. Dort ist auf dem Boden eine frische Blutlache zu erkennen. Einer von denen muss verletzt worden sein, schlussfolgert der Mann. Links neben ihm befindet sich wieder so ein Metallregal, in dem vier Plastikflaschen stehen. Benzin? Was haben die bloß vor, überlegt der Mann. Er schaut sich die Plastikbehälter genauer an: Industrieöl. Merkwürdig.
Nächster Raum. Es ist stockdunkel. Der Mann schaltet seine Taschenlampe ein, sieht sich um: wieder Regale an den Wänden, diesmal sämtlich leer. Und zwei Umzugskartons stehen auf dem Boden vor ihm, ebenfalls ohne Inhalt. Der Mann überlegt, ob er nicht vielleicht doch auf der falschen Fährte ist. Sind die schon weg? Nur das Getrappel und Geraschel der Ratten ist zu

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