Aus reiner Mordlust: Der Serienmordexperte über Thrill-Killer (German Edition)
Stichverletzungen gewesen.
Birgit Lohmann wird anhand ihrer Fingerabdrücke identifiziert, die ihr ein Jahr zuvor abgenommen wurden, nachdem sie in Verdacht geraten war, einem Freier K.-o.-Tropfen gegeben, die EC-Karte gestohlen und vom Konto des Opfers insgesamt 2000 Euro abgehoben zu haben. Das Urteil für die Ersttäterin: 90 Tagessätze zu 50 Euro.
Die Kripo tritt in den ersten Tagen auf der Stelle. Erst als sich der Hausmeister einer Wohnanlage bei der Mordkommission meldet, kommt Bewegung in die Sache. Gerhard Wiesmann, 56 Jahre alt und den Ermittlungsbehörden selbst kein Unbekannter, berichtet den Fahndern, er habe sich nach den Pressemeldungen kürzlich mit zwei jungen Männern über den Mordfall unterhalten. »Ich wollte das erst nicht glauben«, berichtet der Zeuge, »aber die haben tatsächlich behauptet, sie hätten die Frau umgebracht. Wörtlich meinte einer von denen: ›Das war echt saubere Arbeit. Wir haben keine Spuren hinterlassen. Die Bullen kriegen uns nie!‹«
Bei den jungen Männern handelt es sich um Franz Röder und Klaus-Peter Fröhmelt. Die Kripo kennt sie seit Jahren als Einbrecher und Räuber mit häufig wechselnden Anschriften. Derzeit haben sie gemeinsam eine 40 Quadratmeter große Zweiraumwohnung im Zentrum der Stadt gemietet. Die Ermittler nehmen den Hinweis des Zeugen sehr ernst, weil die Verdächtigen bereits wegen Gewaltdelikten bekannt sind, regelmäßig in Geldnöten stecken und in der Nähe der Leiche ein schwarzes Portemonnaie mit sämtlichen Papieren des Opfers gefunden wurde – nur das Geld fehlte. Wurde Birgit Lohmann als lohnendes Opfer von den Männern an den Tatort gelockt, um sie dort zu berauben und anschließend zu töten? Weil sie andernfalls die Täter hätte identifizieren können?
Zwei weitere Feststellungen bestärken die Fahnder in ihrer Annahme: Weder an der Handtasche des Opfers noch am Portemonnaie sind Fingerspuren vorhanden, die Täter haben sie abgewischt. Überdies wurde die Getötete in einen Tümpel gezogen, höchstwahrscheinlich, um DNA-Spuren zu beseitigen. Und diese Erkenntnisse zum Täterverhalten passen zu Gerhard Wiesmanns glaubwürdiger Aussage, Franz Röder und Klaus-Peter Fröhmelt hätten sich ihm gegenüber damit gebrüstet, »saubere Arbeit« geleistet »und keine Spuren« hinterlassen zu haben. Haben die Männer tatsächlich Täterwissen preisgegeben? Unplausibel bleibt allerdings, warum die Verdächtigen einerseits das Opfer zur Spurenbeseitigung ins Wasser geschleift, aber andererseits Birgit Lohmanns Handtasche und Geldbörse in der Nähe des Feldwegs abgelegt haben.
Die Staatsanwaltschaft und ein Ermittlungsrichter sehen Franz Röder und Klaus-Peter Fröhmelt aufgrund der gegen sie sprechenden Indizien als »dringend tatverdächtig« an. Nachdem die Wohnverhältnisse der Beschuldigten ausgekundschaftet wurden, stürmt frühmorgens ein Spezialeinsatzkommando deren Unterschlupf. Die Männer werden schlafend angetroffen und leisten keinen Widerstand. Nachdem ihnen der Grund der Verhaftung mitgeteilt wurde, fährt man die Beschuldigten ins Präsidium, dort sollen die Vernehmungen stattfinden. Unterdessen wird die Wohnung nach Beweismitteln durchsucht. Gefunden wird allerdings nichts, was die Verhafteten mit dem Mord an Birgit Lohmann in Verbindung bringen könnte.
Franz Röder und Klaus-Peter Fröhmelt werden von jeweils zwei Ermittlern in verschiedenen Räumen zeitgleich vernommen. Letzterer ist ein schmächtiger junger Mann mit dunkelbraunen, millimeterkurz geschorenen Haaren, zwei Ohrringen und unzähligen Tätowierungen auf den Unterarmen. Besonders auffällig ist die angeborene Fehlstellung der Augen. Deshalb nennt man Klaus-Peter Fröhmelt im Milieu auch »Clarence«, benannt nach dem schielenden Löwen in der TV-Serie »Daktari«.
Der junge Mann gibt zunächst an, mit Franz Röder an dem besagten Abend »auf Tour« gewesen zu sein, man sei »um die Häuser gezogen« und allein geblieben, wie so häufig. Nichts Besonderes eben. Gegen 1 Uhr habe er mit seinem Kumpan den letzten Bus genommen und sei nach Hause gefahren. Als die Ermittler den Beschuldigten schließlich mit der belastenden Zeugenaussage konfrontieren, wird Klaus-Peter Fröhmelt nachdenklich und sagt erst einmal nichts. Kurz darauf kommt doch noch eine Antwort: »Quatsch, wir haben den nur verarscht!«
Franz Röder ist eine imposante Erscheinung: 120 Kilo schwer, 1,90 Meter groß, breite Schultern, stechender Blick, unvollständiges Gebiss. Und er legt
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