Aus reiner Notwehr
weigerte sich hartnäckig und wollte draußen zuschauen. “Kommt auf Chief Escavez an, Stephen. Würde ich die Ermittlungen leiten, würde ich Pamelas Beispiel folgen – zuerst Vernehmung der Familienangehörigen, danach des engeren Bekanntenkreises, sowohl geschäftlich als auch privat.”
Stephen zog verächtlich den Mundwinkel nach unten. “Amber hat recht. Ganz gleich, nach was es aussieht – so ‘n egoistischer Großkotz wie er bringt sich nicht um!”
Nick legte die Stirn in Falten, warf einen verstohlenen Blick auf die Polizisten und senkte die Stimme. “Stephen, hatte Deke Feinde? Ich meine jetzt natürlich nicht seine Hörerschaft. Aber wenn man im Licht der Öffentlichkeit steht, zieht man auch Gegner an, Leute mit anderer Auffassung, so anders, dass man Deke deswegen auch umbringen würde.”
“Also jemand wie ich?”, antwortete Stephen bitter. “Das sind so viele, die kann man gar nicht zählen!”
“Vorsicht, mein Junge!” Nick stellte sich zwischen Stephen und Pamela, die ihnen einen misstrauischen Blick zuwarf. “Du bist aufgewühlt und verbittert, das ist verständlich, aber offiziell liegt hier noch kein Selbstmord vor, also pass auf, was du sagst! Unbedachte Äußerungen können unangenehme Folgen haben!” Er sah dem Jungen direkt in die Augen. “Capito?”
Stephen senkte den Blick und trat verlegen hinter einen Kieselstein. “Ja, ja, meinetwegen.”
Ein Lichtblitz ließ sie herumfahren. Pamela war dabei, die Leiche mit einer Polaroid-Kamera zu fotografieren, während Sloan den Kofferraum untersuchte. Zwei Sanitäter standen plaudernd herum, quäkendes Kauderwelsch plärrte aus den Funkgeräten des Rettungswagens und der Polizeiautos. Nick wandte sich wieder dem Jungen zu. “Also, was Feinde angeht, kannst du da Namen nennen?”
Stephen schaute angestrengt auf einen imaginären Fleck auf dem Daumennagel und kratzte daran herum. “Nö, Namen weiß ich nicht. Deke mischte bei allem möglichen Scheiß mit, aber in die Karten ließ er sich nicht gucken. Der hütete seine Geheimnisse!”
Dann nenn doch mal ein paar
, wollte Nick sagen, bemerkte jedoch, dass Pamela ihnen vom Mercedes aus zuhörte, und verschob die Detailfragen auf später. “Geh rein, Stephen, und schau mal nach Amber”, sagte er und drückte ihm leicht die Schulter, wobei er Pamela anschaute. “Wir reden später weiter, okay?”
Als der Junge gegangen war, stellte Pamela die Kamera auf die Motorhaube und kam auf Nick zu. “Ganz schön cool, der Kleine, nicht wahr? Für einen, der gerade seinen Vater verloren hat!”
Nick hatte seine Sonnenbrille in den Ausschnitt seines T-Shirts gehakt und nahm sie heraus. “Immer schwer zu beurteilen, wie Leute reagieren, wie ihre Gemütsverfassung ist, wenn jemand in der Familie stirbt. Müsstest du als Polizistin eigentlich wissen, Pamela.”
“Scheint mir eine Familie mit ziemlich viel Sand im Getriebe gewesen zu sein.”
Nick hob die Schultern. “Auch schwer zu beurteilen, ob wir alles ernst nehmen sollten, was sie unter Schock so daherreden.”
“Na, zumindest die Witwe hat sich ziemlich eindeutig ausgedrückt.” Pamela klopfte auf das Notizbuch in der Hosentasche. Sie wusste zwar, sie preschte jetzt etwas vor, aber mit Sicherheit hatte Nick von dem Jungen einiges erfahren. “War Stephen auch so unverblümt wie seine Stiefmutter?”
“Er wollte nur wissen, wie’s jetzt weitergeht.”
“Im Klartext heißt das also, du willst es mir nicht sagen.” Sie schaute ihn weiter mit festem Blick an. “Wirfst du die Flinte ins Korn, Nick? Als Polizist, meine ich.”
“Du hast doch Escavez gehört. Meine kriminologische Erfahrung ist hier unerwünscht.”
“Und deshalb kramst du jetzt dein Juraexamen hervor und spielst Anwalt?”
Nick reagierte nervös und gereizt. “Pass auf, Pamela, diese Leute kenne ich seit Urzeiten. Nach außen mag Stephen gefühllos erscheinen, aber dennoch hat man seinen Vater gerade tot aufgefunden, und es mag aussehen, wie es will, er ist tief getroffen und aufgewühlt. Ich will ihn lediglich davor bewahren, dummes Zeug zu reden.”
“Was für dummes Zeug könnte er denn deiner Meinung nach von sich geben?”
“Nichts Weltbewegendes, Pam, es schien mir nur geboten, den lieben Kollegen Sloan da drüben nicht auf dumme Gedanken zu bringen, diesen schlappen Aufguss eines Deputy Fife aus der Andy-Griffith-Show! Ist das so schwer zu verstehen?”
“Also, jetzt komm aber, Nick, das sah mir sehr nach Beeinflussung eines Zeugen
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