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Aus reiner Notwehr

Aus reiner Notwehr

Titel: Aus reiner Notwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Young
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daran zu erinnern, mit allem sorgfältig umzugehen, wenn auch nicht immer mit Erfolg. “Was ist, Deke? Auf der Fahrt hast du schon kein Wort gesagt.”
    “Jeder Tag ist ein mieser Tag in dem ganzen bescheuerten Zirkus.”
    “Der Sender? Davon hast du aber unterwegs überhaupt nicht gesprochen.”
    “Weil ich nicht dran denken wollte.” Er fummelte am Einstellhebel des Sessels herum, und die Fußstütze rummste hoch. “Weißt du, was die gemacht haben? Der Sender hat einen neuen Anruf-Koordinator eingestellt, und der Typ ist nicht ganz dicht. Heute stellt er während des Programms so einen bekloppten Linken durch, und der hat’s mir fürchterlich gegeben wegen eines Spots von voriger Woche. Meinte wohl, ich ginge zu kritisch mit der Polizei von New Orleans um.” Dekes Mund wurde ein dünner Strich. “Ich möchte nur wissen, wie diese barmherzigen Samariter von Liberalen die Straßen sicher machen wollen, wenn sie gleichzeitig dafür sorgen, dass es bei der Polizei zugeht wie in ‘ner Drehtür. Die Bullen schnappen dieses Gesocks, dann kriegt es ‘ne Tasse Kaffee, als wären es richtige Menschen, und dann lassen sie sie laufen!”
    “So ist eben das Gesetz.”
    “Dann ist es ein selten dämliches Gesetz!” Er ließ die Fußstütze herunter und stand auf. “Und übrigens, was weißt du schon vom richtigen Leben? Menschenskinder, dein Alter ist Arzt! Als meiner bei der Polizei war, da wussten sie noch, wie man diesem Abschaum zeigt, wo’s langgeht.”
    “Ach! Jetzt ist er plötzlich wieder dein Vater?”
    “Robbie Russo, der wusste, wo der Hammer hängt!”
    “Gummiknüppel und Schwitzkasten?”
    “Hat aber was gebracht, oder etwa nicht?”
    Sie hätte vor Abscheu ihre Augen verdrehen mögen, beherrschte sich jedoch, weil sie wusste, das würde ihn nur zu stundenlangen Tiraden und haltlosen Vorwürfen an die Adresse der Polizei von New Orleans treiben. Wenn Deke üble Laune hatte, hielt sie lieber ihren Mund. Das hatte sie gelernt. Der geringste Anlass genügte, und die Grenze zu ausgesprochener Niederträchtigkeit war überschritten. So oft sie sich auch sagte, dass Worte sie nicht wirklich verletzen konnten – sie taten es doch.
    “Ich brauche noch einen”, sagte er und trollte sich Richtung Hausbar.
    “Muss das sein? Wir wollen noch nach Hause!”
    “Du kannst ja fahren.” Sie sah zu, wie er Eiswürfel in sein Glas warf, einen Scotch nachfüllte, mit ganz wenig Wasser verdünnte und einen ordentlichen Schluck nahm.
    “Was war denn nun so wichtig an deinem Termin, dass wir heute dorthin fahren mussten?”, fragte sie, um ihn abzulenken.
    “Ich hatte ein Bewerbungsgespräch mit einem Anruf-Koordinator. Den Blödmann, den sie angeheuert haben, behalte ich nicht, verlass dich drauf. Dieser Neue hat seinen Lebenslauf an mich persönlich geschickt. Sonst hätten sie seine Unterlagen womöglich in den Papierkorb geschmissen, mit Gott weiß wie vielen anderen qualifizierten Bewerbern, und irgendeinen Speichellecker genommen, den Dick Rogers höchstpersönlich aussucht.”
    “Dick Rogers?” Hatte sie in seinem Wutausbruch etwas überhört?
    Deke nahm noch einen Schluck und starrte verärgert in sein Glas. “Willst du hören, was dieser Armleuchter Rogers gemacht hat? Fünf Minuten vor Sendebeginn kommt er ins Studio gelatscht und will mir erzählen, die Quote für ‘Jetzt reden wir Klartext’ gehe runter.” Er hielt sein Glas umklammert und richtete seinen Zeigefinger auf sie. “Würde mich mal interessieren, wie sie diese Umfragen machen. Meine Quote ist so heiß wie eh und je. Deke Russo ist
der
Radio-Talkmaster in New Orleans. Niemand, aber auch niemand kennt diese Stadt wie ich. Ich habe meine Verbindungen zum Polizeipräsidium, zum Rathaus, zur Handelskammer, zu was du willst, Schätzchen. Ich kenne die hohen Tiere. Wenn die beim Sender denken, sie könnten irgendeinen Senkrechtstarter von Gott weiß woher nehmen und der brächte dieselben Hörerquoten wie Deke Russo, dann haben sie nicht alle Tassen im Schrank!”
    Er redete und ging wild gestikulierend auf und ab. Amber hatte einmal bei einer Sendung zugesehen und sich darüber amüsiert, wie er hinter dem Mikrofon in der Luft herumfuchtelte, um seinen Thesen Nachdruck zu verleihen. Dieses Gehabe kam ihr nun primitiv vor. Wie hatte sie jemals seinen flegelhaften Charme attraktiv finden können? Wie konnte sie einen so unglaublichen Fehler machen?
    “Dieser Dick Rogers soll bloß aufpassen, wenn er sich mit mir anlegt”, grummelte

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