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Aus reiner Notwehr

Aus reiner Notwehr

Titel: Aus reiner Notwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Young
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spitze.”
    “Das habe ich gehört”, sagte Kate. Nicks Augenbrauen hoben sich fragend, aber eine nähere Auskunft wurde ihr erspart, als ihn ein halbwüchsiger Junge von der anderen Straßenseite ans Autotelefon rief. Der Bengel war Nick wie aus dem Gesicht geschnitten. “Dein Sohn?”
    “Ja.” Nick gab dem Jungen ein Zeichen. “Prima, dich wieder in Bayou Blanc zu haben, Kate. Glaub’s mir, es gibt schlimmere Orte auf der Welt.”

11. KAPITEL
    A ls Kate einige Tage später vom Dienst nach Hause kam, fand sie ihre Mutter wieder einmal im Wintergarten vor, wo sie sich in eine Illustrierte vertieft hatte, die sie beim Hereinkommen ihrer Tochter beiseite legte. Während Kate zur Hausbar ging, fiel ihr der Titel auf:
Southern Accents
, ein Einrichtungsjournal, das sich mit schönerem Wohnen in Prestige-Immobilien der oberen Preisklasse befasste. Sie fühlte sich unangenehm an einen Besuch ihrer Mutter in Boston erinnert, kurz vor ihrer Scheidung; Victoria hatte sich mit einem Ausdruck gequälten Interesses Kates Wohnung zeigen lassen und sie zweifellos insgeheim mit Ambers Vorzeigedomizil im Garden District von New Orleans verglichen.
    Sie bot ihrer Mutter ein Glas Wein an, das Victoria dankend ablehnte, genehmigte sich einen Merlot, setzte sich mit einem Seufzer zu ihr auf die Couch und nahm einen kleinen Schluck.
    “Amber hat eben angerufen”, sagte ihre Mutter. “Sie möchte, dass du noch auf einen Sprung zu ihr herüberkommst. Aber Deke ist auch da.”
    Kates Begeisterung hielt sich in Grenzen. “Willst du nicht mitkommen?” Victoria musste unter Menschen; sie saß den ganzen Tag im Haus und hatte eigentlich außer Leo niemanden. Doch ihre Mutter verspürte keine Lust. “Geh nur, es ist zwar schön, wenn du um mich bist, aber Amber möchte sicher auch etwas von dir haben.”
    “Mit Deke wird das kaum möglich sein”, bemerkte Kate und verzog den Mund. “Ich habe fast das Gefühl, er hält mich für schlechten Einfluss, seit die zwei verheiratet sind. So, als könnten wir dauernd in Schwierigkeiten geraten, wenn er nicht aufpasst. Albern.” Sie starrte in ihr Weinglas.
    “Du magst ihn nicht, stimmt’s?” Victoria schaute durch die Terrassentür in den Garten.
    “Das hat mich Nick Santana heute auch schon gefragt. Dabei kenne ich Deke gar nicht richtig.”
    “Ja, diesen Nick, den hätte sie heiraten sollen. Jetzt ist es leider zu spät.”
    Kate staunte. Als die Sache zwischen Nick und Amber damals aus war, hatte ihre Mutter keinen Ton gesagt.
    “Mach dich etwas frisch, Kate, und dann geh rüber. Sie haben dich sicher kommen sehen. Rose kann mit dem Abendessen warten, bis du zurück bist. Wie lief es heute in der Praxis? Hast du dich akklimatisiert?”
    “Es geht.” Sam war außer Haus gewesen, sie hatte konzentriert arbeiten können und schnell die Vorzüge einer Kleinstadtpraxis erkannt: Man hatte Zeit zum Nachdenken – ganz im Gegensatz zu einer großen Unfallklinik, in der man gleichsam im Dunkeln arbeitete, in der Patienten eine Nummer waren, meist ohne persönlichen Hintergrund, es sei denn, man konnte auf einen Verwandten oder engen Bekannten zurückgreifen. Sie sah plötzlich eine Chance, ihre angeknackste Karriere wieder auf Vordermann zu bringen und neues Selbstvertrauen zu tanken. Jetzt nur keine Fehler machen und diese Riesenchance vertun! Eine Rückkehr nach Boston hatte sie ausgeschlossen und alle Brücken hinter sich abgebrochen. Maureen Reynolds war angewiesen, den von Roberts Anwalt angebotenen Vergleich beim Verkauf des Hauses anzunehmen. Es gab kein Zurück, und ob mit oder ohne Sam – Kate Madison hatte sich in Bayou Blanc niedergelassen.
    Aber akklimatisiert? Dazu musste sie erst einige Zeit eng mit Sam zusammengearbeitet haben. Ihr Abwehrsystem schien jedoch zumindest noch intakt, wenn auch etwas schwächlich.
    Etwas später marschierte sie quer über das Gelände zwischen dem Haus ihrer Mutter und Leos Heim im kreolischen Stil, und aus alter Gewohnheit nahm sie den Weg über die Terrasse hinter dem Gebäude. Durch die Fenster des großen Wohnzimmers drang Licht, und laute Rockmusik dröhnte aus der Hi-Fi-Anlage. Auf den Stufen zur Terrasse vernahm sie deutlich Dekes aggressive Stimme, konnte die Worte aber nicht verstehen. Sie wurde wankelmütig und fragte sich, ob sie sich seine unerfreuliche Gegenwart an diesem Abend noch antun sollte.
    Da hatte Amber sie jedoch bereits bemerkt und empfing sie mit ausgestreckten Armen. “Endlich! Wir dachten schon, du findest den

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