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Aus reiner Notwehr

Aus reiner Notwehr

Titel: Aus reiner Notwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Young
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alles?”
    “Ich hab’s dir doch gesagt, ich habe Mallory und Cody kennengelernt, war bei Cody im Haus. Nick war auch da, er ist ein prima Bursche, ganz gleich, was Deke von ihm hält. Und was soll der schon machen?”
    “Das weißt du genau, Stephen.”
    “Was denn? Seinen Frust an dir auslassen, er weiß nämlich, anders kann er mich nicht mehr kommandieren.”
    Amber schüttelte den Kopf und machte sich innerlich auf das Schlimmste gefasst. Plötzlich schoss ihr ein Gedanke durch den Kopf. “Wo habt ihr euch denn getroffen? Doch nicht hier in der Nähe?”
    Sie war erschreckt und fassungslos, als Stephen sie aufklärte.
    Er verstand ihre Reaktion nicht. “Was soll’s, Amber? Deke kann doch hier nicht aller Welt seinen Willen aufzwingen! Wenn Opa Leo Nick einlädt, dann ist das seine Sache.” Seine Stimme wurde tief und zornig. “Und meine Freunde kann er auch nicht bestimmen, auch wenn er sich für den Größten hält.”
    “Stephen, das wird eine Katastrophe. Du willst nicht miterleben, wenn Deke wieder ausfällig wird, deshalb verdrückst du dich so früh, nicht wahr?”
    “Kannst du’s mir verübeln? Es ist unausweichlich! Es war so schön ruhig diese drei Tage, seit er weg ist und uns nicht piesacken kann. Muss ja etwas enorm Wichtiges sein, sonst würde er dich doch nicht so lange ohne Aufsicht lassen.”
    Amber legte einen Finger auf die Lippen. “Lass ihn das bloß nicht hören, sonst ist die Party schon ruiniert, bevor sie anfängt.”
    “Es ist doch deine Party! Warum schmeißt du ihn nicht raus? Was er dir alles …”
    Sie unterbrach ihn, lehnte sich flüchtig gegen seine Schulter, und ihr Haar berührte seine Wange. “Wir wollen heute Abend nicht darüber sprechen.”
    Seine Brust hob und senkte sich, so aufgewühlt war er. Amber war so liebenswert, so süß, wieso musste sie Dekes Launen und Jähzorn ertragen? Wie gern hätte er ihr geholfen! Er drehte sich etwas zu ihr und nahm den wunderbaren Duft ihrer Haut und ihres Haars wahr. Wenn er doch älter wäre als fünfzehn! Ihm waren die Hände gebunden, vor seinem achtzehnten Geburtstag nahm ihn ohnehin niemand ernst, und es war noch eine Ewigkeit bis dahin.
    So standen sie in geteiltem Leid, als plötzlich ein lauter Krach und kurz danach Dekes wütende Stimme im hinteren Bereich des Hauses zu hören war. Er fluchte wie ein Bierkutscher. “Amber, verdammt noch mal! Wo zum Teufel ist mein Taschenkalender? Nichts findet man in diesem Saftladen! Jetzt ist mir auch noch diese dämliche Lampe runtergefallen!”
    “Bla, bla, bla”, murmelte Stephen. “Es geht los!”
    “Dein Kalender liegt auf der Frisierkommode!”, rief Amber. “Warte, ich komme!” Sie ließ hastig die Serviette fallen und überflog noch einmal kurz mit den Augen prüfend das Wohnzimmer.
    “Er scheint ja schon prima in Fahrt zu sein”, sagte Stephen und nahm sich eine Handvoll Erdnüsse aus einer Silberschüssel. “Ich werde mich bemühen, höflich zu sein, aber ich sehe nicht zu, wie er sich zum Affen macht! Und uns dazu!”
    Deke tobte weiter. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, die Tür ihres Gästezimmers zu schließen, aber zu ihrer Erleichterung war Leos Tür zu, und mit etwas Glück hatte er Dekes Wutausbruch nicht mitbekommen. Deke war schon auf Hundertachtzig gewesen, als er vor einer Stunde eingetroffen war – natürlich, weil er wieder getrunken hatte. Sie hielt vor der Tür kurz an, holte tief Luft und stählte sich für einen weiteren Wutanfall.
    Er stand breitbeinig über den Scherben einer Nachttischlampe. “Um Gottes willen!”, flüsterte sie. Die wundervolle, kostbare antike französische Leuchte hatte ihrer Mutter gehört. Ein Whiskyglas und Eisstücke lagen daneben auf dem durchtränkten Teppich, und Whiskygeruch durchzog den Raum. Sie musste sich zusammennehmen, als blinde Wut in ihr hochstieg, aber ihre Stimme blieb sachlich. “Was ist denn passiert?”
    “Alles deine Schuld”, herrschte er sie an und riss das Kabel aus der Steckdose. “Ich konnte meinen Kalender nicht finden. Tausend Mal habe ich dir gesagt, lass die Finger von meinen Sachen!”
    Sie ging in die Hocke, um die Scherben aufzusammeln, und sah, dass sie ein Handtuch benötigen würde für den verschütteten Whisky. “Dein Kalender lag auf der Spiegelablage im Bad. Ich habe ihn hier hingelegt, wegen der Feuchtigkeit im Badezimmer.”
    “Warum räumst du mir immer alles nach, Herrgott noch mal?” Er nahm den Kalender mit einer heftigen Handbewegung von der Kommode.

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