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Aus reiner Notwehr

Aus reiner Notwehr

Titel: Aus reiner Notwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Young
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einen Schwips und klammerte sich kichernd an Kates Arm fest. “Huch, hilf mir mal!”
    Nick machte einen Schritt auf sie zu, doch Stephen war schneller. “Ich helfe ihr!”
    “Lasst mal”, wehrte Kate ab, umfasste Amber an der Taille und geleitete sie über die Terrasse. “Bei der Hitze dehydriert man schnell, da genügt schon ein Bier zu viel. So, Amber, wir gehen jetzt ins Haus, und du legst dich etwas hin.”
    “Ausnüchtern, ehe der böse Wolf kommt, was?”
    Kühle Stille umgab sie. Auf unsicheren Beinen suchte Amber zunächst die kleine Gästetoilette gegenüber der Küche auf, und danach ließ sie sich mit einem Seufzer auf ein Sofa plumpsen. “Meine Güte, die Welt dreht sich ja wirklich!” Sie streckte sich aus und schloss die Augen.
    “Kalte Limonade kommt gleich!” Kate goss das eisgekühlte Getränk in einen Plastikbehälter, versah ihn mit Deckel und Trinkhalm und kam damit zum Sofa. “Hier. Bleib liegen, du kannst durch den Halm trinken.” Als Amber den Drink entgegennahm, rutschte der Ärmel ihres Tops nach oben und gab den Blick auf die Blutergüsse auf ihren Armen frei. Kate breitete eine Wolldecke über ihre Freundin, setzte sich auf die Sofakante, hob Ambers Arm und fuhr sanft mit den Fingern über ein hässlich blauviolettes Stück Haut knapp oberhalb des Ellbogens. “Was ist passiert, Amber? Woher hast du dies hier?”
    “Bin in der Dusche gestürzt.”
    “Ein bisschen origineller, wenn ich bitten darf! Diese Stellen sind frisch und tief.”
    “Einige Männer können ihre Kraft nicht einschätzen.” Amber zog den Ärmel ihres Tops bis zum Handgelenk hinunter, und ihre Lippen zitterten. “Manchmal gehen die Pferde mit Deke durch.”
    “Manchmal? Wie oft ist das? Amber, sag mir, was los ist!”
    Ein dumpfes, bitteres Lachen. “Nichts, was du ändern könntest. Deke ist zwar alles andere als der harmlose Kuschelbär, für den seine Fans ihn halten, aber auch kein Neandertaler. Er weiß, wie weit er gehen darf; da verstehen wir uns.”
    “Diese Hämatome hier zeigen deutlich an, dass er sehr wohl weiter geht, als er darf, und ich frage mich, wie oft, Amber. Und im Allgemeinen geht es immer noch weiter und wird immer noch schlimmer.”
    Amber hörte ihr kaum zu. “Kate, lass mich … ich will schlafen, ich muss wieder fit sein, bevor er zurück ist. Wir reden später …”
    Kate schaute regungslos auf ihre eingeschlafene Freundin, und sie wusste nicht, warum ihr Herz plötzlich so schnell schlug. Ambers Situation hatte ihr zwar einen Schock versetzt, aber warum plötzlich dieses unheimliche Gefühl der Bedrohung? Ihre Hände zitterten leicht, als sie die Decke über Amber zurecht zog, und Charlene Miller kam ihr in den Sinn. Aber man konnte doch diese beiden Frauen unmöglich vergleichen!
    Sie erhob sich und ging in die Küche zurück, hörte plötzlich ein Geräusch in der Diele und drehte sich um. Ihre Mutter – sie musste alles mitgehört haben. Für einen Moment trafen sich ihre Blicke; dann wandte sich Victoria ab und ging.

21. KAPITEL
    N ach einer regnerischen Woche kam der Sonnabend des Fais-Do-Do-Festivals heran, und wie es sich für Bayou Blanc gehörte, wurde es ein wunderbar sonniger, warmer Sommertag. Kate gelang es nicht, ihre Mutter zu einem Besuch dieses für Louisiana so typischen Straßenfestes zu überreden, und sie verspürte wenig Lust, allein hinzugehen, jedoch hatte Amber versprochen, ein Stündchen mit ihr zu bummeln, vorausgesetzt, die Proben verliefen zu Dekes Zufriedenheit.
    Sie traf gegen 16 Uhr ein, und sogleich wurde sie von der einem südländischen Karneval ähnlichen Atmosphäre mit ihren verschiedenartigen Klängen und Gerüchen überwältigt und eingehüllt. Dissonanter Synthesizer-Rock in den panflötenähnlichen Farben des Calliope-Sounds dröhnte von Karussells und Fahrgeschäften, wo kreischende, johlende Kids in und auf den verrücktesten, wildesten, atemberaubendsten Attraktionen die Gesetze der Schwerkraft aufzuheben schienen und kopfüber, kopfunter durch die Luft kreiselten, wirbelten, purzelten und taumelten.
    Sie bahnte sich ihren Weg durch die Menge und an den zahlreichen Shows vorbei und musste sich der ambulanten Händler erwehren, die ihr allen möglichen Plunder anzudrehen versuchten. Zu einem wirklich unvergleichlichen Erlebnis wurde dieses Straßenfestival allerdings erst durch seine Delikatessenstände: Bude reihte sich an Bude, massenweise drängten sich die Esser und orderten Meeresfrüchte wie kleine Krebse, geröstete

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