Aus reiner Notwehr
habe wirklich keine Ahnung, wo Diane steckt. Du hast das vorhin falsch interpretiert, als du uns zusammen sahst. Sie stand bei Bekannten, ich kam mit Mallory und Stephen daher, die zwei wollten um keinen Preis mit Eltern gesehen werden, weg waren sie, und ich hatte Diane buchstäblich am Hals.”
“Es geht mich nichts an”, sagte Kate etwas unwirsch.
“Unter Kollegen sollten persönliche Beziehungen nicht zu eng werden. Meist kommt nichts Gutes dabei heraus. Von Ausnahmen einmal abgesehen.”
“Da kann ich nicht widersprechen. Aber wenn du uns mit den Ausnahmen meinen solltest – dabei ist nun wirklich nichts Gutes herausgekommen.”
“Ja – ich war verheiratet. Wäre ich ledig gewesen, wären wir jetzt Mann und Frau.”
Es verschlug ihr glatt die Sprache, und während sie noch an einer passenden Antwort bastelte, fühlte sie, wie er sie schon wieder an sich zog. “Ich hatte noch gar keine Zeit zum Essen. Die Alligator-Schaschliks hier sollen köstlich sein.”
22. KAPITEL
“K ate, nimmst du mich mit? Deke läuft Amok! Er hat mich einfach hier sitzen lassen, und ich kann sehen, wie ich nach Hause komme!” Amber schob sich die Locken aus dem Gesicht, und ihre überdimensionalen Ohrringe gerieten in verrückte Schwingungen. Sie wartete Kates Antwort gar nicht erst ab und schwang sich seufzend auf den Beifahrersitz.
“Was ist passiert?” Kate fädelte in den fließenden Verkehr ein. Vor ihr hatte Sam mit Mallory und Stephen das Fais-Do-Do-Gelände verlassen.
“Er hat sich in seiner Eifersucht wieder volllaufen lassen, und jetzt habe ich endgültig die Nase voll.” Sie kramte in ihrer Handtasche nach einer Schachtel Zigaretten. Kate bemerkte, wie Ambers Hände zitterten, aber in ihrem Auto wurde nicht geraucht, ganz unabhängig vom Grad der Nikotinsucht, und sie machte ihrer Freundin dies auch unmissverständlich deutlich, worauf Amber zwar schmollte, aber dann doch nachgab.
“Und? Hat Deke dich beim Flirten erwischt?”
“Das zwar nicht, aber jede Menge Leute konnten es nicht abwarten, ihn mit den notwendigen Details zu versorgen. Doch der Funke im Pulverfass war nicht Nick, sondern die Show. Er ist grün vor Neid, weil ich heute so eine Granate war!”
“Er trägt doch selbst die Verantwortung für die Dramaturgie, oder? Wenn du gepatzt hättest, wäre es ihm schließlich auch nicht recht gewesen!”
“Tja, du gehst eben davon aus, dass er logisch denkt. Nur, das kannst du getrost vergessen! Ich habe ihn zum Statisten degradiert, und so etwas kann er nicht ertragen!”
“Meinst du, dass er in seiner Wut irgendetwas Unüberlegtes anstellen könnte?” Kate sah Amber besorgt an.
“Was weiß ich!” Amber starrte missmutig durch die Seitenscheibe. “Wenn er überhaupt nach Hause kommt. Ach, mir soll’s egal sein!”
“Er schien mir schon vor der Show ziemlich angetrunken, vielleicht ist das der Grund für seine mäßige Vorstellung. Und jetzt? Was ist, wenn er in eine Polizeikontrolle gerät oder einen Unfall baut?”
“Eine Katastrophe, zumindest in beruflicher Hinsicht, und zwar für uns beide”, antwortete Amber bitter. “Er lässt sich ja nichts sagen, du hast es selbst gesehen.”
“Vielleicht sollte er mal die Anonymen Alkoholiker aufsuchen …” schlug Kate vor.
“… damit die gesamte Öffentlichkeit sein Alkoholproblem mitbekommt?” Amber zog verächtlich die Nase hoch. “Das soll wohl ein Witz sein!” Sie lehnte den Ellbogen gegen die Türverkleidung unter dem Seitenfenster und stützte ihren Kopf auf. “Es war ein kapitaler Fehler, ihn zu heiraten, und nun muss ich sehen, wie ich ihn rückgängig machen kann, ohne dass meine Karriere dabei in Scherben fällt. Mein Ruf beruht auf meiner Fähigkeit, all das unter einen Hut zu bringen, was die moderne Frau ausmacht – Ehe, Familie, Heim und Beruf. Wenn jemand wie ich sich dann scheiden lässt, fliegt der Schwindel auf. Alle Welt erfährt, dass ich’s wieder vermasselt habe.”
Kate betätigte den Blinker und schickte sich an, sie vor Leos Haus abzusetzen, doch Amber zog es vor, bei ihr und Victoria zu übernachten. Von ihrem Mann hatte sie fürs Erste genug.
Victoria war noch wach, als sie das Wohnzimmer betraten, und es überraschte Kate nicht. Ihre Mutter litt häufig unter Schlaflosigkeit und wanderte nachts mit chronischen Schmerzen im Haus herum. Starke Schlafmittel und Sedativa lehnte sie ab, mit der Begründung, dass sie für die kurze Zeit, die ihr noch auf Erden blieb, lieber klar im Kopf sein
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