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Ausdruckstanz ist keine Lösung: Geschichten

Ausdruckstanz ist keine Lösung: Geschichten

Titel: Ausdruckstanz ist keine Lösung: Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Scheffler
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den Boden und scheinen sich fremdzuschämen. Ich verabschiede den Handwerker und gehe mit den jungen Leuten wieder rein. Als Gastgeber habe ich natürlich die Pflicht, den Gästen etwas zu bieten. Und was ist dagegen einzuwenden, wenn ich als Älterer der jüngeren Generation etwas beizubringen versuche. Etwas, das sie noch nicht kennen. Das macht Spaß. Ich hole die Gläser, die Südfrucht, den Salzstreuer und die Flasche Sierra S i lver herbei und zeige den Kindern, wie man Tequila trinkt. Sie sind begeistert. Und sie wollen alles ausprobieren. Am Anfang gibt es noch eine gehörige Schweinerei, aber die jungen Leute lernen schnell. Als Sabine und Corinne vom Shoppen zurückkommen, trifft sie der Schlag. Ich habe ordentlich einen sitzen, Jason und Klara sind ziemlich aufgedreht.
    »Mama, wir haben Tequila getrunken!«, ruft Jason.
    Klara fällt gespielt aus ihrem Sessel. Corinne und Sabine sind entsetzt.
    Jason, der Halunke, lallt: »Ihr könnt jetzt umsonst kacken, hat der Klempner gesagt«, und imitiert einen Furz.
    Corinne schaut fassungslos und riecht am Atem der beiden Kleinen. Sie guckt mich skeptisch an. Ich zeige auf die Karaffe mit Wasser neben der Tequilaflasche und auf das halbe Dutzend aufgeschnittener Zitronen.
    »Vielleicht haben sie eine Vitamin-C-Vergiftung«, sage ich und kichere ein wenig. Corinne stiefelt mit ihren Kindern, die immer noch die Besoffenen spielen, nach Hause.
    Ich sage zu Sabine: »Die Grundlage der Koexistenz ist der Kompromiss.« – Sie packt vom Shoppen eine große Tüte mit Klamotten aus und überreicht mir nebenbei eine Flasche Glenfiddich. Das ist Harmonie.

Der Gärtner von Klein Zetschin
    Nach dem Besuch mehrerer Baumärkte auf der Suche nach einem preiswerten Gartenzaun, der zwar ansehnlich sein, auf der anderen Seite aber auch nicht zu sehr ins Auge stechen sollte, nach einer erfolglosen Recherche also für eine unauffällige Grundstückseinfriedung hingen wir erschöpft in den Autositzen und hatten Durst.
    »Wollen wir uns nicht, bevor wir nach Hause fahren, noch etwas an den See setzen, ein Bier trinken und in den Sonnenuntergang gucken?«, fragte Sabine, als wir das Ortsschild von Klein Zetschin passierten.
    »Gute Idee«, sagte ich, und wir stellten unser Auto auf dem Parkplatz neben der Grundschule ab. Das letzte Mal waren wir vor gut zwei Jahren am Klein Zetschiner See gewesen. Zwischen Dorfstraße und dem Wasser gab es einen gemeindeeigenen Uferstreifen von etwa zwanzig Metern Länge und fünf Metern Tiefe mit einige Bänken und einem Spazierweg, der an beiden Seiten durch lichten Baumbestand weiter am Ufer entlangführte. Von der Bank sah man über eine schlichte Rasenfläche auf einen kleinen Bootssteg, an dem mehrere Kähne lagen, und über den See auf dichte Baumreihen von Kiefern und Birken am anderen Ufer. Da das Dorf über so gut wie keine Jugendlichen verfügte, war der Platz ausgesprochen aufgeräumt und sauber. Ein schmaler Streifen Gebüsch als Sichtschutz zur Straße sorgte dafür, dass nicht Hinz und Kunz von dieser kleinen dörflichen Oase Kenntnis hatten.
    Vor zwei Jahren hatten wir uns, nachdem wir eine Weile gesessen hatten, jeder ein Bier vom Getränkehandel neben der Schule geholt. In einer kleinen Lagerhalle stand der dicke Besitzer neben seiner Kasse. Zwei Männer in den Fünfzigern saßen zwei Meter weiter auf Bierkisten und tranken. Sie waren offenbar bester Laune. Nachdem wir bezahlt hatten, riefen sie uns zu: »Wenn ihr euch an den See setzen wollt, passt auf, dass ihr nichts dreckig macht. Sonst kriegt ihr es mit Paul zu tun.« Dabei deuteten sie grinsend auf den Getränkehändler.
    »Haltet die Klappe«, sagte Paul, doch die beiden hatten gerade erst angefangen.
    »Das ist nämlich Pauls Garten«, sagten die beiden ernst, stießen mit ihren Bierflaschen an und prusteten los.
    »Hört auf, so einen Scheiß zu erzählen«, tobte Paul los. »Sonst schmeiß ich euch raus. Ich bin schließlich keine Kneipe hier.«
    »Ich dachte, das Stück Ufer gehört der Gemeinde«, sagte ich.
    »So isses auch.« Paul wollte das Thema abschließen.
    »Aber er mäht da immer den Rasen«, sagte einer der Männer halblaut zu Sabine, als verrate er ein Geheimnis.
    »Ist doch nett von ihm«, meinte Sabine.
    »Zwei, drei Mal habe ich da gemäht. Das ist alles.« Paul war das Thema ausgesprochen unangenehm.
    »Ist echt ein schönes Plätzchen da«, sagte ich, »nur ein Mülleimer fehlt. Sonst schmeißen ja alle ihre Zigarettenkippen auf den Weg.«
    »Das bringt der

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