Ausdruckstanz ist keine Lösung: Geschichten
Feuerwehrsirene verstummt. Ich scheine noch mal Schwein gehabt zu haben. Das scheinen auch meine Mitarbeiter zu merken und wuchten eine alte Zimmertür auf die Glut. Es ist nichts mehr sicher. Der Pappschuppen ist inzwischen leer, es werden trockene Zweige von den Obstbäumen gerissen, Sabine kann einen alten, restaurationsbedürftigen Schaukelstuhl nur dadurch retten, dass sie sich reinsetzt. Ich hole ein Tablett mit Schnapsgläsern und kann nur so verhindern, dass ein alter Autoreifen auf das Feuer geworfen wird.
Wir trinken, allen glüht das Gesicht, beim Abendessen wird zugelangt und später sehr tief geschlafen. Am nächsten Tag entschuldige ich mich bei der Nachbarin mit der verrauchten Wäsche. Sie sagt: »Na ja, Jungs machen eben gern Feuer. Egal wie alt sie sind. Aber – machen Sie das nie wieder.«
Wenn man Fernsehn guckt, dann guckt man auch Fernsehn
Ich lege nach dem Frühstück die Zeitung beiseite, hole die TV-Illustrierte vom Fernseher und sage zu meiner Frau. »Da woll’n wir doch mal gucken, was heute Abend in der Kiste kommt.« Das bedeutet: Mal schauen, ob wir uns auf ein gemeinsames Fernsehprogramm einigen können. Wir müssen uns nicht einigen. Wir führen eine moderne Ehe. Wenn ich Fußball gucken will, gehe ich in mein Arbeitszimmer. Wenn Sabine Deutschland sucht den Superstar sehen will, gucke ich bei mir was anderes. Filme über Beziehungsprobleme muss ich mir nicht antun, und Sabine hat keinen Sinn für blutige Action- und Horrorfilme, da kann ich auch noch so sehr versuchen, es ihr schmackhaft zu machen. Die meisten Filme habe ich nämlich schon mal gesehen. Ich sage: »Hier, heute Abend auf Tele 5: Idle Hands von Rodman Flender, übrigens ein Epigone von Roger Corman. Der Anfang: Ein amerikanisches Ehepaar, beide Mitte bis Ende vierzig. Schafanzug, Nachthemd an, alles total amerikanisch. Sie liegen im Bett auf dem Rücken, Mutti will das Licht ausmachen, da fällt ihr Blick auf die Zimmerdecke und da steht in roter Farbe: »I’m under your bed.« Ist doch schon mal ein super Anfang. Und so geht das anderthalb Stunden so weiter.« Den Film habe ich mir dann alleine angesehen, während Sabine einen Schinken mit Romy Schneider und Michel Piccoli geguckt hat.
Aber oft einigen wir uns. Mit Clint Eastwood wird alles geguckt, mit Til Schweiger nichts; von Steven Spielberg alles, von Peter Greenaway nichts. Günther Jauch sowieso, Columbo ab und zu. Manchmal gebe ich bei einer Liebeskomödie mit Hugh Grant nach, manchmal Sabine bei Bruce Willis. Ich bin ein angenehmer Partner beim Fernsehen. Ich verfolge das Geschehen. In der Werbepause gehe ich aufs Klo oder hole mir ein Getränk. Ansonsten gucke ich nur. Ich erweise dem Film meinen Respekt, auch wenn ich eigentlich lieber etwas anderes angeschaltet hätte. Ich stricke nicht nebenbei, ich wasche auch nicht mal zwischendurch eine Schüssel ab oder schäle zehn Birnen. Ich konzentriere mich auf den Film. Würde ich stricken, Knöpfe annähen oder mir die Nägel schneiden, während mein Partner seinen favorisierten Film guckt, würde ich zu verstehen geben, dass mich das Programm nicht die Bohne interessiert und ich mich nur ihr zuliebe hier quäle.
Läuft der Film meiner Wahl, würde ich erst recht nichts nebenbei machen. Eine kaputte Glühbirne auswechseln, die Bücher nach Größe sortieren oder dem Kater beibringen, wie man auf zwei Beinen geht. Ich würde nämlich sonst den Eindruck erwecken, ich hätte mich nur des Durchsetzens wegen durchgesetzt und der Film wäre mir piepegal. Das alles macht keine Laune und läuft einem harmonischen gemeinsamen Fernsehabend entgegen. Da kann man auch gleich ins Bett gehen oder die Kniffelwürfel hervorholen. Ich sage: Wenn man Fernsehn guckt, dann guckt man auch Fernsehn!
Kinder sind auch Menschen
An sich kann ich ja gar nichts dazu sagen, wie man mit Kindern umgeht oder sie womöglich erzieht, weil ich selbst keine habe. Aber ich habe einen Neffen und eine Nichte, und ich kenne viele Kinder von Freundinnen und Freunden. Und ich sag’s mal so: Ich bin ja selbst mal Kind gewesen. Und anschließend Jugendlicher. Da weiß man doch, wie man als Kind und später als Jugendlicher behandelt werden möchte. Jedenfalls möchte man nicht diesen Dududu-Kram und diese angebliche Kindersprache um die Ohren haben. Man möchte auch nicht, dass Erwachsene von sich in der dritten Person sprechen. »Soll Mutti dir noch ein Bütterken schmieren?« – Da spricht ein Mensch mit mir über jemandem anderen und meint
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